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Re: [InetBib] Autorenaquise des VDM-Verlags



Hallo Herr Muczak,

solche Argumentwechsel erinnern mich immer an den Unterricht in Bibliotheksgeschichte in der Ausbildung. Da habe ich gelernt, dass die Deutsche Nationalbibliothek damals 1913 auf Drängen der Verlage entstand zu dem Zweck, die Verlagsproduktion zu archivieren. Und nicht etwa, weil der Gesetzgeber darin einen billigen Weg sah, wenigstens einer Bibliothek die Bücher kostenlos zu sichern. Das 'Pflichtexemplar' ist ein Dienst an den Verlagen. Die Rede vom 'Pflichtexemplarrecht' lenkt da ein bisschen ab.

Die regionalen Pflichtbibliotheken erfüllen im Prinzip den gleichen Zweck wie die DNB. Auch für diese Bibliotheken ist ein Pflichtexemplar'recht' etwas Mühsames: häufig muss man da hinterher sein bei vielen kleineren Verlagen, und man nimmt Schriften in den Bestand auf, die man, ließe man nur inhaltliche Gründe gelten, nicht nehmen würde. Die Acquise und die Lagerung, auch die bibliographische Erfassung verursachen Kosten, die häufig nicht dadurch gedeckt werden, dass man den Anschaffungspreis spart. Das spielt für mich eine Rolle, wenn von 'Angemessenheit' der Entschädigung die Rede ist.

Die Überlegungen von Herrn Kees bzw. der SULB kann ich daher gut nachvollziehen: wenn der Verlag meint, er müsse seine Produktion verkaufen statt verschenken, dann wird die Kaufentscheidung eben nur nach dem wissenschaftlichen Auftrag der Bibliothek getroffen.

Ich kenne wissenschaftliche Verlage, die über die nationalen und regionalen Pflichtexemplare hinaus ihre Produktion der wissenschaftlichen Bibliothek am Ort schenken, um an ihrem Stammsitz noch besser sichtbar zu sein. Andere Verlage kalkulieren also anders als VDM.

Schönen Gruß,
J. Eberhardt (UB Erlangen-Nürnberg)





Frank Muczak schrieb, Am 30.01.2008 01:46:
Sehr geehrter Herr Heiligenhaus,

die Anforderung von Pflichtexemplaren im Wissen darum, eine entgeltpflichtige Handlung auszulösen, gleichwohl vermutlich durch Verschweigen dieser Rechtslage darauf zu 
hoffen, einer Zahlung dennoch zu entgehen, kann man mit Fug und Recht als "Täuschungsversuch" bezeichnen. Es hilft hier nicht, darauf hinzuweisen, dass man 
schließlich nicht der Gesetzgeber sei, der diese Regelung erfunden habe, so unüblich (aber durchaus nicht unvernünftig!) sie im bundesweiten Vergleich auch sein mag 
- für mich gibt es hier keine "mildernden Umstände". Doch wenn wir diese Regelung schon hinterfragen, so sei angemerkt: Es ist mir nicht ersichtlich, warum 
ausgerechnet die Verlage die Kosten für die Einsendung von Pflichtexemplaren auf ihre Kappe nehmen sollten - das Interesse, "einmal Veröffentlichtes rechtssicher zu 
bewahren", liegt den Bibliotheken als Wahrnehmer öffentlicher Aufgaben näher als den Verlagen. Warum also ein solch vorhersehbarer Entschädigungsanspruch einen 
Etat "zersauselt"
ha
ben soll, müsste uns Herr Kees einmal erklären.
Mit freundlichen Grüßen,

Frank Muczak



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