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Re: [InetBib] Wikipedia, Google....



Lieber Herr Hehl,

dass "Bibliotheken bzw. deren Leitungen das zunächst mehr ignorierten als
förderten" konnte 1975 niemand so deutlich erfahren, wie die Ltd. BDir.
Frau Dr. Rehm, die damals die erste Online Dokumentation in einer deutschen
UB in Ulm eröffnete, und mir so die Chance gab sie voranzutreiben.
Dass aber die Entscheidungen im Weinberg Report 1963 zu den ersten
Digitalisierungen in den Bibliotheken führten, darf nicht in Vergessenheit
geraten, wenn man kein verzerrtes Bild dieser Entwicklung zeichnen will.
Das revolutionierte damals das Bibliothekswesen schrittweise weltweit.
Wenn einige Nachzügler dies bis heute noch nicht begriffen haben,
und andere glauben hier noch immer Neuland zu betreten, so liegt das
in der Natur der Sache. Dabei machte das Internet diese Entwicklung
nur allgemein, über die Bibliotheken hinaus, sichtbar.
Das widerspricht also keinesfalls Ihren eigenen Erfahrungen. Im Gegenteil,
ich kann mich noch gut an ein Gespräch erinnern, bei dem ich mit Herrn
Landwehrmeier in Tübingen über den Einsatz eines Terminals diskutierte.
Man sollte dabei nicht unterschätzen, was das damals kostete.

Zu der Bemerkung von Herrn Dudeck:
Gut, versuchen wir es mit "was ist Bewusstsein?"
ist zu sagen: Stimmt. Bewusstsein ist noch interessanter ;-)

Bewusstsein ist die Fähigkeit des Menschen unterbewusstes
bzw. unbewusstes Wissen zu reflektieren, also vorhandenes
Wissen zu analysieren und daraus neues Wissen zu generieren.

So haben wir auf der Basis der Informationstheorie vier Ebenen
4. Bewusstseinsebene
3. Wissensebene
2. semiotische Ebene bzw. Bedeutungsebene
1. Informationsebene

Phylogenetisch betrachtet trat das Bewusstsein daher auch erst sehr spät zur
Menschwerdung hinzu, woraus sich auch ein Teil der Problematik in der
Diskussion zwischen Wilberforce und Huxley, in der Auseinandersetzung
um den Darwinismus, ergab.
Wilberforce fragte damals (30.6.1860) Huxley etwas unhöflich:
'Is it on your grandfather's or your grandmother's side
that you claim descent from a monkey'.

Bei der Unterscheidung des Menschen gegenüber dem Affen, dem ein so
ausgeprägtes Organ wie das Brokasche Zentrum zur Begriffsbenennung
noch fehlt (trotz der "peinlichen Verwandtschaft" die Goethe nachwies),
scheint, neben dem Bewusstsein, die Sprachfähigkeit von entscheidender
Bedeutung zu sein. Bei ihr spielen die sog. Spiegelneuronen eine kürzlich
entdeckte Rolle, die für unsere Lernfähigkeit essentiell wichtig sind,
weil diese Neuronen ähnlich reagieren ("feuern"), gleichgültig ob wir etwas
selbst tun oder nur sehen, dass es andere Menschen tun. Diese Entdeckung
wirft auch ein neues Licht auf die genannte Erkenntnis von Konfuzius.

Ich befürchte, dass das für Bibliothekare mehr Praxisbezug hat, als viele
im Moment noch ahnen. Das gilt zumindest für die, die sich über eine
FaMI-Ausbildung oder einen Bachelor hinaus, als informationskompetent
und als Organisatoren menschlichen Wissens qualifizieren wollen.

Nach der Revolution die die Informationstheorie im letzen Jahrhundert auslöste, ist es nicht schwer zu erkennen, dass uns nun die Revolution einer Wissenstheorie
bevorsteht.

MfG

W. Umstätter



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