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Re: AW: [InetBib] Bücherdiebstähle im Lesesaal



Liebe Kolleginnen und Kollegen,

als Leiter der Bibliothek, in der der Dieb ertappt wurde, möchte ich mich noch kurz zu dem Vorfall äußern. Glücklicherweise war es in unserem Fall nicht notwendig, körperlich zuzugreifen. Unsere Leihstellenmitarbeiter hatten bereits seit längerem einen Verdacht, und als der betreffende Herr wieder einmal vollgepackte Taschen in seinem Garderobenfach verschließen wollte, die er seltsamerweise nicht an der Theke vorbeigetragen hatte, holten mich die Kollegen dazu. Auf meine Aufforderung hin zeigte mir der Dieb den Inhalt der Taschen, er war wohl zu peinlich berührt, um Widerstand zu leisten oder zu flüchten. Es handelt sich in diesem Fall allerdings auch nicht um einen Dieb mit wirtschaftlichem Interesse, sondern um einen psychisch kranken "Sammler".

Anschließend habe ich den Herrn in mein Büro gebeten (zusammen mit einem zweiten Kollegen), wo ich dann unsere Verwaltung und den Polizeiabschnitt 45 verständigt habe, der sich sehr engagiert um unseren Fall gekümmert hat. Dennoch vergingen zwischen der Erstattung der Anzeige und der Wohnungsdurchsuchung über zwei Monate, die der Dieb glücklicherweise nicht dazu nutzte, die Bücher beiseite zu schaffen - er konnte sich wohl nicht von ihnen trennen.

Wir haben aus dem Vorfall gelernt, dass wir unser Hausrecht durchaus selbstbewusst wahrnehmen sollten. Durch ein bestimmtes, selbstbewusstes Auftreten kann man schon eine Menge erreichen, vor allem sollte man sich im Klaren darüber sein, dass man das Recht hat, sich den Inhalt von Taschen zeigen zu lassen - hätten wir das schon beim ersten Verdacht getan, hätten wir immerhin einen Teil der Diebstähle verhindern können. Schließlich sollte man natürlich auf jeden Fall die Polizei hinzuziehen, in unserem Fall haben wir dadurch über 500 Bände im Wert von fast 20.000 Euro zurückbekommen, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren entwendet worden waren.

Wenn Sie noch Einzelfragen dazu haben, können Sie sich gerne an mich wenden.

Beste Grüße aus Dahlem,
Benjamin Blinten

--
Freie Universität Berlin
John F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien
Bibliotheksleitung
Lansstr. 7-9
14195 Berlin
Tel.: (030) 838-52858
E-Mail: blinten@xxxxxxxxxxxxxxxxxx



Rohde Bernd schrieb:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Greifen Sie in Ihrer Bibliothek zu? Selbst ist der Mann, selbst die Frau? Keinesfalls!

Aus drei Bibliotheken hörte ich, dass bei ertappten (männlichen) Dieben Leibesvisitationen durch empörte Bibliothekarinnen vorgenommen wurden...

Wußten Sie, dass Sie keine Leibesvisitation durchführen dürfen
(und dass dies auch brandgefährlich sein kann)?

Nachdem ich im Zivildienst lernen musste, einen Menschen zu packen und in die "Gummizelle" zu 
befördern (auf der Station hiess der Raum "Time-Out"), sehe ich keine praktischen 
Probleme darin, zuzugreifen. ;-)
Allerdings ist mir auch bekannt, dass diese Massnahme nur deshalb rechtlich legitim war, weil 
es eine entsprechende richterliche Erlaubnis für die Durchführung im therapeutischen 
Bedarfsfall gab. Obwohl schon alleine der Gruppenbereich nur von den Mitarbeitern mit einem 
Schlüssel zu betreten oder verlassen war, handelte es sich hier, auch wenn therapeutisch 
erforderlich, juristisch um einen drastischen Fall von Freiheitsberaubung, der genehmigt 
werden musste.
Da ich kein Jurist bin, weiss ich nicht, wo die Grenze zwischen erlaubtem Festhalten und 
Freiheitsberaubung liegt. Es dürfte aber u.U. ein recht schmaler Grat sein. Einsperren 
(Kellermagazin? Putzkammer?) würde also auch wohl für ein Nur-Bis-Die-Polizei-Kommt 
nicht drinliegen.
Nur: Welche Lösung ist tatsächlich angebracht, wenn ein Bücherdieb in flagranti ertappt wird? 
Welche Lösung haben die Kollegen/innen in Berlin angewandt und gab es Probleme bei der von ihnen 
angewandten Lösung? Das geht aus der Nachricht nicht hervor und wäre noch interessant zu erfahren.

Gruss aus Bern
Bernd Martin Rohde

--
Bernd Martin Rohde, Dipl.-Bibl. (FH)
Sportweg 15, CH 3097 Liebefeld
Tel.: (+41) (0)31 9719674, mailto:b.m.rohde@xxxxxxx
(dienstl.: Tel.: (+41) (0)31 631 93 13, mailto:bernd.rohde@xxxxxxxxxxx)



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