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[InetBib] Urheberrechtsentwurf §52b und Verlagsbedenken
Im Börsenblatt des deutschen Buchhandels (vom 23.2.) habe ich grade
gelesen, dass die im Arbeitskreis kleiner unabhängiger Verlage
verbundenen Verleger den Entwurf zum zweiten Korb des Urheberrechts
kritisert haben (der Entwurf ist hier
<http://www.urheberrecht.org/topic/Korb-2/bmj/2006-01-03-Gesetzentwurf.pdf>
als pdf (6 MB) lesbar). Sie fordern die Rücknahme zweier Regelungen,
nämlich der Geräteabgabe (kommt zu wenig raus) und des Paragrafen 52b.
Der sehe vor, "dass digitale Kopien an Bildschirmarbeitsplätzen in
Bibliotheken, Archiven und Universitäten künftig kostenfrei und in
unbegrenzter Zahl zugänglich sein sollen. Das komme einer Enteignung von
Autoren und Verlagen gleich."
Im Gesetzentwurf steht, dass in öffentlichen und nichtkommerziellen
Bibliotheken es zulässig sein soll, veröffentlichte Werke "an eigens
dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für
private Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine vertraglichen
Regelungen entgegenstehen." Dafür sei "angemessen" an eine
Verwertungsgesellschaft zu zahlen.
Für das Verständnis dieses Entwurfs: Heißt das wirklich, dass *gedruckte
* Werke in dieser Weise zugänglich gemacht werden dürften? Die Rede von
Veröffentlichung impliziert sicher auch, dass elektronische Werke so
zugänglich gemacht werden dürfen, aber das versteht sich wohl von
selbst, und hier greift außerdem der Hinweis auf die "vertraglichen
Regelungen". Aber Druckwerke kaufen wir, damit gibt's keine weiteren
vertraglichen Regelungen. -- Was ist ein "eigens dafür eingerichteter
Leseplatz"? Mir juristischem Laien klingt das danach,als müssten
Sonderplätze eingerichtet werden, an denen ausschließlich diese
digitalen Kopien eingesehen werden könnten?
Schließlich möchte ich aber auch gern von Herrn Sprang wissen -- lesen
Sie noch mit? --, inwiefern dies als "Enteignung" begriffen wird. Der
Entwurf erlaubt ja nicht, dass dann jeder an dem Leseplatz sich eine
digitale Kopie mit nach Hause nimmt, oder das dann etwas ausgedruckt
werden dürfte. Das reine Zeigen in einer Bibliothek ist doch eher
weniger und unkomfortabler als das Ausleihen eines Buches (aus
Benutzersicht). Außerdem wüsste ich gern, worin der wirtschaftliche
Schaden für die Verlage liegt. Erwarten sie, dass weniger Bücher von
Privatleuten gekauft werden, weil dann Bücher nicht nur ausgeliehen,
sondern auch in der Bibliothek angesehen werden dürften? Oder dass von
Bibliotheken weniger Bücher gekauft werden? (Und denken Sie ernsthaft,
dass Bibliotheken nichts besseres zu tun haben, als die ganzen
Neuerscheinungen zu digitalisieren?) (Viele kleinere
Wissenschaftsverlage kalkulieren ohnehin nicht mit Privatleuten, die das
Buch kaufen, oder lassen sich einen Großteil der Druckkosten von den
Autoren finanzieren.)
Besten Gruß, J. Eberhardt (UB Erlangen)
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.