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Re: Aus der 10. Sitzung des Standardisierungsausschusses (Teil 2)
- Date: Wed, 01 Jun 2005 12:29:53 +0200
- From: Heidrun Wiesenmueller <wiesenmueller@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: Aus der 10. Sitzung des Standardisierungsausschusses (Teil 2)
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
im Folgenden nun noch einige grundsaetzliche Anmerkungen zu AACR3 (soweit
man dazu auf der Basis allgemeiner Verlautbarungen wie z.B.
<http://www.collectionscanada.ca/jsc/docs/aacr3pptjan2005.pdf>http://www.collectionscanada.ca/jsc/docs/aacr3pptjan2005.pdf
ueberhaupt schon etwas sagen kann).
1. Zweifelsohne werden die AACR3 moderner sein als die AACR2 - alles andere
waere ja auch erschreckend. Wie gross die Fortschritte am Ende tatsaechlich
sein werden, bleibt freilich abzuwarten. Im Detail kommt einem uebrigens
manches sehr bekannt vor: Zu den explizit formulierten Zielen gehoert (wie
in RAK2) eine Vereinfachung der Regeln sowie eine Anpassung an die
Online-Welt. Das am Zettelkatalog orientierte Prinzip von Haupt- und
Nebeneintragungen wird aufgegeben zugunsten von Sucheinstiegen (access
points) - auch das konnte man schon vor Jahren in den RAK2-Entwuerfen
(Stand April 2000) lesen.
2. Bei der Weiterentwicklung sollen die FRBR (Functional requirements for
bibliographic records) beruecksichtigt werden. Ein wichtiger Aspekt dabei
ist das Erstellen einer Hierarchie vom (abstrakt gedachten) Werk bis hin
zum Exemplar einer bestimmten Ausgabe (mit den Abstufungen: work /
expression / manifestation / item). Ich finde das bemerkenswert: Seit
Jahren erzaehlt man uns, dass unsere hierarchischen Verknuepfungen
Teufelszeug sind und die Datensaetze unbedingt 'flachgeklopft' werden
muessen. In der AACR-Welt hingegen scheint das Pendel gerade umzuschwingen...!
Die Vorstellung, dass beispielsweise ein Benutzer im Katalog zunaechst
einen einzigen Eintrag "Hamlet" vorfaende, ueber den er zu allen Ausgaben,
Verfilmungen etc. gefuehrt wuerde, ist natuerlich durchaus attraktiv.
Allerdings gilt: Von nichts kommt nichts, d.h. entsprechende komplexe
Verknuepfungen muessen erst einmal in den Katalogisaten angelegt werden.
Fuer die Katalogisierung bedeutet die Integration der FRBR also sicher
nicht weniger, sondern eher mehr Arbeit.
3. Auch das Konzept der Virtuellen Internationalen Normdatei, bei der
unterschiedliche nationale Ansetzungsformen fuer die Recherche
zusammengefuehrt werden, spielt eine wichtige Rolle in den
AACR3-Ueberlegungen. Umso mehr fragt man sich, warum nun mit riesigem
Aufwand unsere GKD-Ansetzungen an AACR angeglichen werden sollen. Eine
Uebereinstimmung bei den Entitaeten (die freilich auch schon eine knifflige
Sache ist) wuerde - wie schon haeufig ausgefuehrt wurde - vollauf genuegen.
4. Die AACR-Anwender tun genau das, was uns versagt bleiben soll: Sie
entwickeln ihr bestehendes Regelwerk weiter, um dieses den modernen
Anforderungen anzupassen und zugleich die Konsistenz ihrer Kataloge zu
erhalten. Es wird also trotz aller Neuerungen eine betraechtliche
Kontinuitaet zu AACR2 geben; die neuen Datensaetze sollen
"abwaertskompatibel" ein.
Fuer das Szenario eines Umstiegs auf AACR3-Deutsch bedeutet das nach meiner
Einschaetzung, dass der Umstellungsaufwand kein Deut geringer waere als bei
dem frueher favorisierten Umstieg auf AACR2-Deutsch. Auch das Problem des
Katalogbruchs stellt sich unveraendert. Die Projektstudie hat die
praktischen Fragen eines Umstiegs nicht befriedigend erhellen koennen (vgl.
dazu meinen Beitrag in BuB 3/2005:
<http://www2.bibliothek.uni-augsburg.de/kfe/mat/Wiesenmueller_BuB_57_3.pdf>http://www2.bibliothek.uni-augsburg.de/kfe/mat/Wiesenmueller_BuB_57_3.pdf).
Es waere deshalb gut, wenn der Standardisierungsausschuss nun bald konkrete
Planungen fuer die Umsetzung seiner juengsten Beschluesse vorlegen wuerde -
inkl. einer Aufwandsabschaetzung, welche auf realistischen Voraussetzungen,
belastbaren Zahlen und einer soliden Methodik basiert.
Mit freundlichen Gruessen
Heidrun Wiesenmueller
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Heidrun Wiesenmueller M.A.
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