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Re: "Kampfplatz Katalog", Anreicherung von Bibliothekskatalogen, Artikel in der SZ vom 02.05.2005



Sehr geehrte Frau Niemann, liebe INETBIBLER,

Zunaechst einmal wundere ich mich, warum Bernhard Tempel bei der Lektuere des
Artikels "einigermassen in Rage" geraten ist und und Klaus Graf von dem
"weitgehend albernen Artikel" schreibt. Beide Bemerkungen sind weit unter
Niveau.

Auch wenn unklar ist, weshalb ist es "weit unter Niveau" ist, in Rage zu geraten, besteht zur Verwunderung kein Anlass. Es kann durchaus ein Grund sein, in Rage zu geraten, wenn Bibliotheksbenutzer - und verdienstvolle, wie man im Fall Markners sagen darf: denn der von ihm seinerzeit mitbegruendeten Benutzerinitiative ist es zu verdanken, dass die Ende der 1990er Jahre unsaeglich verschlechterten Oeffnungszeiten der Staatsbibliothek zu Berlin (Montag erst ab 13 Uhr) nicht lange Bestand hatten -, wenn also verdienstvolle Bibliotheksbenutzer ploetzlich ohne Not Serviceleistungen wie die Verlinkung von Rezensionen attackieren, die zu nutzen niemand sie zwingt und die fuer andere sehr wohl hilfreich sein koennen. Das Argument, dass man die Rezensionen mit Google leicht findet, verfaengt nicht: Mit derselben Begruendung koennte man auch Verbundkataloge abschaffen, weil die dort nachgewiesenen Bestaende auch in den Katalogen der einzelnen Bibliotheken zu finden sind - oder umgekehrt: die lokalen Bibliothekskataloge abschaffen, weil die Bestaende auch im Verbundkatalog nachgewiesen sind - ein absurdes Szenario, versteht sich. In Rage brachte mich auch, dass der SZ-Artikel wahrscheinlich deswegen lanciert wurde, weil der Verfasser offenbar bei seinem Heischen um Zustimmung feststellen musste, dass nicht alle Bibliothekare fast immer seiner Meinung sind, weil sie womoeglich - wie ich selbst - neben ihrer Bibliothekarsidentitaet auch noch eine Bibliotheksbenutzeridentitaet besitzen. Mein Hinweis auf den Artikel verdankt sich, wie auch formal unschwer an meiner privaten E-Mail-Adresse und dem Gebrauch der bewaehrten Rechtschreibung erkennbar, dieser zweiten Identitaet. Uebrigens bin ich gerade in der Fachreferatsausbildung der Staatsbibliothek zu Berlin sehr dazu ermutigt worden, auch als Bibliothekar die Perspektive des Benutzers lebendig zu halten.

Seltsamerweise befassen sich die Kollegen Tempel und Graf nicht mit dem
anderen Teil des Artikels von Reinhard Markner in der Sueddeutschen Zeiung, der
elektronischen Ladentheke von Amazon im Bayerischen Verbundkatalog.


Unterschlagen habe ich den Hinweis auf den zweiten Teil nicht, wenn auch
weder zitiert (wer will schon ganze Zeitungsartikel abtippen) noch
diskutiert. Der Fall interessiert mich als Nutzer von
Bibliothekskatalogen nicht; er koennte in der Tat ernsthafte
wettbewerbsrechtliche Fragen aufwerfen. In der Ausgabe der Sueddeutschen
Zeitung, in der Markners Artikel erschien, wurde uebrigens auf einer
ganzen Seite das Thema Sponsoring in Universitaeten behandelt; waeren
dort mehr konkrete Beispiele von Sponsoring zur Sprache gekommen, haette
das in der Zusammenschau mit den Invektiven gegen die Verlinkung mit
Bookfinder schoen komisch wirken koennen.
Bei Rezensionen hingegen geht es nicht um kommerzielle Interessen,
sondern um den Nachweis von - hier durch die Redaktion von H-Soz-u-Kult
- redaktionell betreuten Rezensionen, die seit 2003 uebrigens in der
Zeitschrift "Historische Literatur" gedruckt werden (Hinweis von Klaus
Graf: http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg22274.html).
Bezogen wird die Zeitschrift laut ZDB u.a. von der BSB Muenchen und von
der SBB-PK, offenbar haelt man die Rezensionen aus H-Soz-u-Kult dort
also fuer qualitaetvoll genug, um sie dauerhaft zu archivieren. An der
Wichtigkeit von wissenschaftlichen Rezensionen insgesamt duerfte kein
Zweifel bestehen, warum dann an der Bedeutung ihres Nachweises, selbst
wenn qua Verlinkung, selbst wenn nicht vollstaendig? Wir befinden uns
doch hoffentlich nur am Anfang (und nicht allen Anfaengen gilt es zu
wehren).
Freundliche Gruessen aus Hannover
Bernhard Tempel


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.