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Re: "Kampfplatz Katalog", Anreicherung von Bibliothekskatalogen, Artikel in der SZ vom 02.05.2005
- Date: Sat, 07 May 2005 12:21:38 +0200
- From: "W. Umstaetter" <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: "Kampfplatz Katalog", Anreicherung von Bibliothekskatalogen, Artikel in der SZ vom 02.05.2005
Sehr geehrte Frau Niemann,
ich denke, dass Sie mit dem Hinweis auf SFX von H. Van de Sompel (1999)
mit dem open- und context-sensitive linking framework, neben einer Reihe
anderer Revolutionen
des modernen Katalogwesens, ein wichtiges Elemente angesprochen haben,
auf das wir
(Wagner-Döbler und ich)in unserer neu erscheinenden Einführung in die
Katalogkunde
(begründet von Löffler, Hiersemann Verl. 2005) daher auch kurz eingehen.
Die Entwicklung ist klar, und hat sich vor vielen Jahren bei OCLC schon
angekündigt.
Wenn eine Bibliothek ein Dokument hat (bzw. Nutzungsrechte besitzt),
können Sie
(je nach Nutzererlaubnis) es über SFX direkt abrufen, wenn nicht, werden
Sie durchgeschaltet zu einem kommerziellen Anbieter oder auch zu einem
print-on-demand-service.
Dass dabei TOC (Table of Contents), BEAT (Bibliographic Enrichment
Advisory Team) u.ä.
eine wichtige Rolle spielen, steht schon jetzt außer Zweifel. Im Gegenteil,
Deutschland ist mit seinen bewertenden Referateblättern einmal Vorreiter
einer solchen
Entwicklung gewesen. Dabei sollte man z.B. bei der Bewertung von Quellen
Objektivität
nicht mit Neutralität verwechseln. Z.B., ein schlechtes Buch muss
objektiv auch als
schlechtes Buch bezeichnet werden. Alles andere wäre unredlich. Dass
unterschiedlich
qualifizierte Kräfte dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ist
nicht neu, und selbstverständlich erlaubt.
Mit freundlichen Grüßen
W. Umstätter
Niemann, Borghild wrote:
Zu dem oben genannten Artikel von Reinhard Markner und den
Stellungnahmen von Bernhard Tempel und Klaus Graf in INETBIB vom
02.05.2005 möchte ich folgendes bemerken:
Zunächst einmal wundere ich mich, warum Bernhard Tempel bei der
Lektüre des Artikels „einigermassen in Rage“ geraten ist und und Klaus
Graf von dem „weitgehend albernen Artikel“ schreibt. Beide Bemerkungen
sind weit unter Niveau.
Meines Erachtens gehören in einen durch Steuergelder finanzierten
Bibliothekskatalog als Anreicherung (bibliographic enrichment) nur
neutrale Informationen wie Inhaltsverzeichnisse und neutral gefaßte
Inhaltsangaben. Klaus Graf hat insofern recht, wenn er meint: „Es wird
nicht zuviel, sondern noch viel zu wenig angereichert!“ Aber für
Rezensionen, Bewertungen, die auch Verrisse sein können, ist ein
Bibliothekskatalog das falsche Medium. Aus guten Gründen handelt es
sich bei der Deutschen Nationalbibliographie (pardon:
Nationalbibliografie) um ein Amtsblatt, Die Deutsche Bibliothek ist
also zur absoluten Neutralität der Verzeichnung der Neuerscheinungen
verpflichtet. Es wäre zu prüfen in wieweit es sich bei Katalogen
wissenschaftlicher Bibliotheken um amtsblattähnliche
Veröffentlichungen handelt. Mit Sicherheit sind sie jedoch keine
privaten Veröffentlichungen, in die Verleger oder Gruppierungen ihre
Podukte gratis oder gegen Entgelt hineinplazieren können. Warum muß
der Mausklick für die Rezensionen des Internetforums H-Soz-u-Kult auf
die Katalogoberfläche des GBV plaziert werden, man findet sie in
Nullkommanix auch bei Google. Wir wissen alle, daß unsere Bnutzer sehr
gut googeln können.
Seltsamerweise befassen sich die Kollegen Tempel und Graf nicht mit
dem anderen Teil des Artikels von Reinhard Markner in der Süddeutschen
Zeiung, der elektronischen Ladentheke von Amazon im Bayerischen
Verbundkatalog. Hier das Zitat aus dem Artikel:
<Zitat>
„Klick, klick zu Amazon
Auch der Bibliotheksverbund Bayern hat bevorzugte Kooperationspartner.
Vor gut zwei Jahren hat er sich mit der Firma "Ex Libris Ltd."
verbunden. Für die Benutzer seiner Kataloge zeigt sich das an dem
Kürzel "SFX", welches anzuklicken ist, wenn man Informationen zur
Orts- oder Fernleihe wünscht. Die drei Buchstaben stehen, erläutert
eine Presseerklärung, für einen "kontext-bezogenen Linking Service,
mit dem der Anwender unter Berücksichtigung institutioneller
Gegebenheiten und ausgehend von einer Suchanfrage durchgängig zu
weiterführenden Informationsquellen und Services in heterogenen
Umgebungen navigieren kann". Konkret heißt das: Es öffnet sich auf
Mausklick ein weiteres Fenster mit den Optionen "Bestand im
Bibliotheksverbund Bayern / Fernleihe / Rezension lesen oder Buch
bestellen über BookFinder.com". Letzteres ist eine interessante
Alternative. Wozu überhaupt in die Bibliothek gehen, wenn man das Buch
auch kaufen kann?
Die Firma BookFinder.com wurde vor zehn Jahren von Studenten an der
kalifornischen Universität in Berkeley bei San Francisco gegründet.
Ihr Ziel sei es, liest man in einer Selbstdarstellung, Lesern
unvoreingenommene, stets aktuelle Informationen über online
erhältliche Bücher bereitzustellen. Das hört sich gut an. Tatsächlich
aber präsentieren sich die von BookFinder ausgeworfenen Resultate
ausgesprochen voreingenommen - sie führen schnurstracks zum Angebot
des Internet-Buchhändlers Amazon. Hier dringen in bemerkenswerter
Weise Geschäftsinteressen in die Kataloge öffentlicher Bibliotheken
ein. Vor den Zeiten einer solchen "Anreicherung" hatten Bibliothekare
von Katalogpflege noch andere Begriffe.“ <Zitat Ende>
Was hat die bayerischen Kollegen bewogen, die elektronische Ladentheke
von Amazon in ihren Gesamtkatalog zu stellen?
Können Benutzer nicht freihändig Amazon und andere
Internetbuchhandlungen aufsuchen, wenn sie es denn möchten?
Borghild Niemann
Staatsbibliothek zu Berlin
Haus Potsdamer Straße
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.