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Re: Lernort Bibliothek
dear Lars,
[Lange Antwort auf ernsthafte Gedanken:]
> > On Fri, 15 Oct 2004, Lars Aronsson wrote:
> Eberhard R. Hilf schrieb:
> > Es handelt sich nicht primaer um die freie
> > Verfuegbarkeit von Wissen sondern um die maximale Verbreitung, das
> > Gelesen werden. Der Staat als Auftraggeber von Forschung und (meist)
> > die Autoren wollen gelesen (und zitiert) werden.
>
> Was hier fehlt ist die Frage: "Für wen?"
Sie haben vollkommen recht, ich hatte es mir zu einfach gemacht.
'Maximale Verbreitung' bezieht sich nur auf die Forschung.
In der Lehre ist OA essentiell, um einfach auch abgelegene Quellen fuer
die Lehre zu finden und bequem nutzen zu koennen.
Studenten wuerden von OA am meisten profitieren, weil sie alle OA Quellen
weltweit durchsuchen koennen, welche ihm/ihr fuer den eigenen Lernzustand
am meisten zusagt. So kam in meine Vorlesung schon mal ein Student und
sagte, 'was Sie hier machen, ist ja ganz nett, aber ich fand eine
Quelle..'. Ohne freien Zugang wuerde also die Lehre behindert fuer
Studenten und Dozenten, die Forschung, weil Quellen nur wenigen
zugaenglich sind.
> Der Erfolg von Open Access beruht darauf solche Akteure, einen nach
> dem anderen, zu konvertieren oder bekehren.
Stimmt. Ideen, wie?
>
> Dass der Staat sich als *einen* Akteur betrachten lässt, bezweifele
> ich stark. Ein Teil vom Staat hat wirtschaftliche Wachstum als
> Interesse, ein andere die Begrenzung von Kosten. Microsoft und
> Springer Verlag bedeutet mehr Umsatz, Arbeitsplätze und Steuergeld;
> Linux und OA weniger. Will die Ruprecht Karls Universität in
> Heidelberg OA Zeitschriften nutzen, wenn dies Arbeitslosigkeit bei
> Springer bedeutet? Was will die lokale Rhein Neckar Zeitung darüber
> schreiben? (Heute schreibt rnz.de von GM und Rüsselsheim. Arbeiter
> bei Saab in Trollhättan freuen sich dass nur 500 Arbeitsplätze dort
> verloren sind.)
> (Linux ist gut für Nürnberg, wo SuSE seinen Sitz hat, und vermutlich
> für ganz Bayern. Aber Microsoft Deutschland sitzt in
> Unterschleißheim bei München...)
Dies besagt also, dass das Handeln in der Universitaet in die Wirtschaft
hineinwirkt.
Eine Linie kann man hier nur reinbringen, wenn man die Ziele der Arbeiten
an den Hochschulen selbst ansieht:
Will man Firmen mit staatlichem Geld fuettern, ist der Umweg ueber
Bibliotheken sicher besonders uneffektiv.
Wird dagegen das Geld so ausgegeben, dass die eigentliche Aufgabe der
Hochschulen effektivst erfuellt werden: bestmoegliche informierte
Forschung und Lehre, dann ergibt sich daraus was zu tun ist.
Die Folgen sind katalytisch: zukuenftige Arbeitsplaetze in einer
wettbewerbsfaehigen Industrie werden moeglich, Studenten werden optimal
auf ihren Beruf vorbereitet.
Die Folgen fuer gegenwaertige Arbeitsplaetze durch die so definierte
Ausrichtung der Ausgaben sind dagegen marginal.
[2% der Universitaetsmittel werden fuer Information ausgegeben, die
Universitaeten sind ein sehr kleiner Teil des Staatshaushaltes (1%?), der
St.haushalt ist ein sehr kleiner Teil der Gesamtwirtschaft (1%?)..]
Zum Rest Ihres Absatzes zur Tagesfrage in der Industrie:
In USA hat sich die Autoindustrie in den 80er Jahren neu strukturiert,
im Moment findet dieser Prozess in Europa statt, um wieder
wettbewerbsfaehig zu werden, wenn auch spaet,
ueberleben tut nur, wer diese Reformprozesse fruehzeitig, weitschauend,
mutig, entschlossen und kompromissbereit angeht,
- und davor haben wir uns in Deutschland in der Industrie lange gedrueckt,
- etwa auch in der Unterhaltungsindustrie, wo ueber Rechtsfragen
Bestehendes festgehalten werden soll, waehrend die neuen Geschaeftsmodelle
von ipod pp satte Gewinne liefern,
- etwa auch in der wiss. Verlagsindustrie, wo in Deutschland versucht
wird, das Urheberrechtsgesetz zu verschaerfen, mit dem Argument der
bestehenden Verlagsarbeitsplaetze, waehrend in USA, England und Kanada
die Regierung in Richtung auf OA bewegt,- mit dem Argument der
zukuenftigen Leistungsfaehigkeit..
Alles Gute Ihr Eberhard Hilf
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.