Die ZEIT hat sich am 8.1., unvermeidlich, in die juengst aufgeflammte
Diskussion um die "Elite-Hochschule" eingemischt. Die Frage wird gestellt,
nachdem eine Reihe von Unterschieden zwischen deutschen Standard-
und US-Edel-Hochschulen herausgestellt wurden, "Was muesste sich an
deutschen Unis aendern?" und das Fazit lautet: "Alles".
Auch die Bibliotheken? Oder allgemeiner, denn es geht ja heute nicht
nur um Buechersammlungen, die Informations-Infrastruktur?
Man liest den Beitrag schon in der Erwartung, mal wieder kein Wort ueber
diese Dinge zu finden. Die Erwartung wird nicht enttaeuscht.
Heisst das, wir koennen uns auf die Schultern klopfen, alles im gruenen
Bereich? Dann wuerde das ZEIT-Fazit nicht stimmen, und das kann nicht sein.
Es kann nur heissen: Bibliotheken sind quantité negligeable, einer
Erwaehnung nicht wert, in Chefsachen wie der Hochschul-Bildungspolitik.
Es *gibt* sie noch, aber Worte muss man da nicht mehr verlieren. Ob man
"drueben" auf dem Gebiet irgendwas anders macht oder nur mehr Geld
ausgibt, ist egal. Schon in den Top-Level-Aeusserungen ueber "Pisa"
waren Bibliotheken und war Informationsversorgung und -kompetenz
nie zu finden.
Auf dem Kongress in Leipzig, im Schwerpunkt "Bildung und Information"
am 25.3., wird Gelegenheit sein, das Thema zu ventilieren. Dort sind
Politiker dabei, die ZEIT auch? In die Diskussion werfen koennte man
die Fragen:
"Brauchen wir Elite-Bibliotheken? Braucht eine Elite Bibliotheken?".
Wird Informationsinfrastruktur noch als tragender Pfeiler wahrgenommen,
Zugang zum Wissen der Welt als Lebensnerv fuer Forschung und Lehre,
Bibliotheken als Basis fuer Bildung - oder ist das alles im
Bewusstsein der Politik, der Wissenschaft, und der Medien, also auch
in der Wirklichkeit, Elite oder nicht Elite, marginal?
Richtig ist aber auch, dass an US-Universitaeten im Schnitt die
Bibliotheken nur noch ca. 3% des Hochschul-Budgets bekommen, vor
25 Jahren waren es noch 6%. Also an der Grenze der Marginalitaet,
da muessen wir uns nicht wundern, dass sie unter der ZEIT-Lupe nicht
mehr erkennbar waren.
Die Aufregung wird sich ansonsten wohl legen. Auch bei diesem Thema war
wieder mal der Schall schneller als das Licht. Selbst Elitephysiker
raetseln, wie die das schaffen, die Politiker.
Bernhard Eversberg
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