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Re: Barriere freier Zugang zu elektronischen Medien
- Date: Mon, 5 Aug 2002 12:16:42 +0200
- From: Jörg Prante <prante _at__ hbz-nrw.de>
- Subject: Re: Barriere freier Zugang zu elektronischen Medien
Hallo Liste,
Am Sonntag, 4. August 2002 12:56 schrieb Daniel Roedding:
> Das W3C versucht, unter dem Mäntelchen der Barrierefreiheit alle
> auf die neue (X)HTML-Version und verstärkten CSS-Einsatz umzuerziehen.
> Das ist mit Blick auf eine Strukturtrennung Layout/Content vordergründig
> sinnvoll. Übersehen wird aber, daß die Seitendarstellung am Client
> in der Regel um so langsamer wird, je mehr CSS im Spiel ist. Auch für
> die Browserstabilität ist zu viel CSS nicht unbedingt zuträglich.
Im wesentlichen geht es um die Neuerungen von XML, die ich für sehr wichtig
erachte. Dem W3C hier "Umerziehung" zu unterstellen, halte ich für sehr weit
hergeholt. Es mag vielleicht eher an mangelnder Neugier liegen.
Moderne Browser funktionieren mit XML besser und schneller und auch
vielseitiger. Was Ärger macht, sind die schlecht programmierten
HTML/Javascript/CSS Codes auf den meisten Seiten, die sich nicht um die
Vorteile von XML kümmern, sondern browserspezifisch arbeiten. Dies liegt aber
daran, dass die "Experimentierfreude" der ProgrammiererInnen grenzenlos ist.
Das ist ganz normal.
> Einen vergleichbaren Glaubenskrieg gibt es auch bei der Frage, ob man
> nun Frames haben möchte oder nicht. Die W3C-Jünger sagen, daß
> Frames "deprecated" sein. In der Praxis führt aber ein sinnfälliger
> Einsatz von Frames dazu, daß für alle die Ladezeiten geringer werden,
> weil die Navigation nicht jedes Mal neu mitgeliefert werden muß.
Auch das ist verkehrt, Frames verhindern nicht das Neuladen. Dies hängt immer
von der Anwendung ab. Das einzige, was die Netz- und Serverlast gleichermaßen
reduziert, ist serverseitiges Caching und die geschickte Verarbeitung von
wiederholten Anfragen, um nur Teile des gewünschten Inhalts zu liefern. Dies
ist speziell im HTTP 1.1 Protokoll möglich.
> Bei dynamischen Systemen kommt hinzu, daß die Menge an dynamisch zu
> generierenden Daten auch über die Serverlast und damit die Gesamt-
> performance bestimmt: Web-Anwendungen, bei denen jede Seite volldynamisch
> generiert wird, brauchen bei "frame-loser" Realisierung mehr
> Serverpower und mehr Übertragungsbandbreite als ein mit Frames
> realisiertes Pendant.
Hier wird der Mythos verbreitet, daß dynamisch generierte Daten auch mehr
Serverlast bedeuten würden. Das ist allgemein nicht der Fall, sondern das
Verhältnis von Anfragehäufigkeit und Datenmenge pro Anfrage sowie die
Wiederholrate derselben Anfrage ist entscheidend. Ebenso die gewählte
Cachingstrategie, die applikationsabhängig ist.
Die Serverlast hängt nicht von HTML (Frames) ab. Da so gut wie jede Seite
dynamisch generiert wird, ist es wichtig, schnelle Datenbanken zu haben und
auf Bilder und grosse Dateien usw. zu verzichten. Das kommt nicht nur
behinderten Menschen entgegen.
> Wer es nicht glaubt, möge sich mal eine
> Website wie www.spiegel.de oder www.handelsblatt.com anschauen und
> jeweils im Quelltext den Prozentsatz für "Navigation" und "Content"
> ermitteln.
spiegel.de ist ein gutes Beispiel für ein performantes Caching. Was die Seite
langsamer macht, ist der Zugriff auf URLs Dritter, etwa die Werbe-Banner.
> Fazit: Ich halte es für verfehlt, Barrierefreiheit und CSS/XHTML-
> Politik in einen Topf zu werfen. Die Kopplung einer technischen
> Richtlinie an eine Sachrichtlinie, wie es hier gerade versucht wird,
> kann ich nicht unterstützen.
Rhetorische Frage: Warum wurde wohl XML entwickelt? Unter anderem auch genau
für solche Sachen wie Accessibilty, was HTML einfach nicht leisten kann.
Viele Grüße
Jörg Prante
--
Jörg Prante
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