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Zukunft Buch Bibliothek Bibliothekare



Den von Herrn Hapke am 26.5.97 empfohlenen Artikel von Herrn Odlyzko 
habe ich in der Fassung vom 08.05.97 gelesen.

Vorab: Die von Odlyzko zitierten Orgininalquellen habe ich nicht gelesen. 
Einigen vom Autor geaeusserten Thesen stimme ich ebenfalls zu, insbesondere 
der Schlussfolgerung am Ende des Artikels, dass die von Crawford beschriebenen 
Staerken der heutigen Bibliotheken weiter auszubauen und durch weitere 
Aktionen in Richtung Benutzerfreundlichkeit etc. zu betonen sind.

Fernab liegt mir auch die unkritische Sicht auf das Erscheinungsbild 
der Bibliotheken bzw. die Qualitaet bibliothekarischer Leistungen fuer 
den Benutzer. Das hier viel zu tun ist - und viel getan wird - liegt 
auf der Hand.

Die Quintessenz des Artikels geht jedoch m.E. in eine andere Richtung, 
es wird das Berufsbild der Bibliothekare angegriffen. 

Demgegenueber zeichnet der Autor ein anderes Berufsbild auf Seiten der 
DV-Technik. Die Wichtigkeit der eigenen Arbeit zu electronic publishing 
wird hier in eine Reihe gestellt mit der Bedeutung der Umwaelzungen muendliche 
Information -> Schreiben -> Drucken.

Einige Passagen stellen einen Rueckfall in die Frage des exklusiven ODER dar, 
da der Autor auf lange Sicht nur der elektronischen Form der Information 
Zukunft gibt (lediglich von einem Uebergangszeitraum der parallelen Praesenz 
wird gesprochen - "die eine oder andere Dekade"). Befoerdert wird dies durch den 
Vergleich Vinyl-LP <-> CD. Dieser Vergleich stellt darauf ab, dass beide Medien 
identische Information transportieren. Bei den signifikanten Unterschieden in den 
Gebrauchsweisen (bedingt durch die Gebrauchseigenschaften) wird dann in Kategorien 
von klaren "Gewinnern" und "Verlierern" argumentiert. 
Die Bibliotheken werden hier wohl sorfaeltig anhand der von ihr bedienten Klientel 
entscheiden und ggf. parallele Zugaenge anbieten. Auch in dieser Runde gehoerte 
Stimmen von Mathematikern und Informatikern lassen vermuten, dass gedruckten Formen 
noch auf unabsehbare Zeit ihre Vorzuege ausspielen werden.

   "While librariens do not think of themselves as providers of
    inferior data, to a large extent that is what they have been since
    the beginning"

Neben derartigen Aeusserungen entwickelt Odlyzko ein Modell fuer kleinere, wiss. 
Spezialbibliotheken, in dem ganz auf Bibliothekare verzichtet wird und die Wissenschaftler 
diese in Eigenregie betreiben.

Da diese Mail sich vom Volumen her der Schmerzgrenze naehert, moechte ich dazu nur einen 
Punkt zu bedenken geben:
Der Wissenschaftsrat hat unlaengst positive Stellungnahmen zu Projekten abgegeben, wie sie 
z.B. die Laender Berlin und Brandenburg in Adlershof bzw. Golm planen/durchfuehren.
An den Bezeichnungen dieser Projekte ("Wissenschafts- und Forschungspark") kann man bereits 
erkennen, dass die Integration von universitaerer und industrieller Forschung und Entwicklung 
ein Kerngedanke dabei ist.
Hinzu kommt die Tatsache, dass gerade in Rand- und Ueberlappungsbereichen der Wissenschaften 
die vielversprechendsten Ergebnisse zu erwarten sind. Diesem Sachverhalt  durch eine 
entsprechende Infrastruktur zu begegnen erscheint logisch. Das dazu eine funktionierende 
Campus-Bibliothek gehoert, ebenfalls.

Waehrend meiner Taetigkeit in einem Forschungsinstitut auf dem Adlershofer Gelaende konnte ich 
die Erfahrung machen, dass kleinere Institute sich keinesfalls nach einer eigenen, 
abgeschlossenen, in Eigenregie betriebenen Bibliothek sehnten, sondern vielmehr einer 
leistungsstarken Campusbibliothek entgegenfiebern. (Die vorhandene Campusbibliothek wird bis 
zum definitiven Umzug der naturwissenschaftlichen Fakultaet der Humboldt-Universitaet bei allem 
ehrenwerten Bemuehen diesen Anspruechen nicht genuegen.)
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Ein Wandel wird und muss sich in den Bibliotheken einstellen. Das Berufsbild der Bibliothekare 
ist bereits von ihm erfasst - und wird uns hoffentlich erhalten bleiben.


Martin Baumgaertel
(Dipl.-Math.)

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