[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]
Re: [InetBib] Altersdiskriminierung
- Date: Thu, 8 Jul 2021 14:02:29 +0000
- From: "Hilbring, Susanne via InetBib" <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Altersdiskriminierung
Liebe Frau Richter,
als Bibliothekswesen Dipl. Bibl. im "vorgerückten Geistesalter" fand ich Herrn
Schmid-Ruhes Mail witzig und erfrischend und hat mich an meine Sozialisierung
in der Bibliothekswelt in den Achtzigern denken lassen. Gehobener Dienst hatte
nichts zu melden, FAMIS, bzw. BibliotheksassistentInnen hatten sich im
Hintergrund zu halten, erst mit ca. 45 Jahren schien man (Frau nicht unbedingt)
die Berechtigung zu haben, sich inhaltlich zu beteiligen. Sofern man mindestens
das kleine Latinum hatte, hüstel. Der Höhere Dienst speiste nicht mit den Dipl.
Bibl. in größeren Bibliotheken uvm.
In den vergangenen Mails dampfte so viel von dem alten Muff, dass es mich
geschüttelt hat, der erwähnte Blogbeitrag war das Tüpfelchen auf dem I.
Dabei hat sich so Vieles zum Positiven entwickelt. Junge BibliothekarInnen
machen tollen Sachen (die ich zum Teil schon nicht mehr verstehe) und melden
sich damit zu Wort. Nicht unbedingt immer hier - aber Twitter ist eine bunte
Wiese interessanter Beitrage aus allen Bibliothekszweigen und
Bibliotheksberufen. Ich folge ein paar klasse FAMIs ;-)
Die Mail war auch ein Anlass, nochmal innezuhalten und über den eigenen
Renteneintritt und die schon schrittweise erfolgte Übertragung von Aufgaben
nachzudenken. Und darüber, dass ich meinen Kolleginnen nicht mit meiner
Weisheit auf den Zeiger gehen will.
Kurzum - ich fühlte mich keineswegs diskriminiert, eher bereichert.
Mit freundlichen Grüßen,
Susanne Hilbring (Fossil)
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib <inetbib-bounces@xxxxxxxxxx> Im Auftrag von Kornelia Richter via
InetBib
Gesendet: Donnerstag, 8. Juli 2021 15:28
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Altersdiskriminierung
Liebe Frau Wiesenmüller,
ich will das wirklich nicht weiter treiben, aber ein paar Sätze müssen doch
noch sein.
Ich habe die Mail von Herrn Schmid-Ruhe durchaus genau gelesen. Die Älteren im
"vorgerückten Geistesalter" (!) wurden darin aufgefordert, mit Rücksicht auf
ihren Blutdruck (!) und angesichts der Tatsache, dass sie bald nichts mehr zu
sagen haben, "zu entspannen" und außerdem die Jüngeren argumentativ nicht
plattzuwalzen - als wäre dies sonst ihr übliches Benehmen. Ich finde schon,
dass diese Aussage diskrimierend und wenig respektvoll ist. Ich erwarte als
ältere Kollegin denselben Respekt, den die Jüngeren mit Recht beanspruchen und
glaube auch nicht, dass das etwas mit "sich wichtig nehmen" zu tun hat. Stellen
Sie sich bitte den umgekehrten Fall vor - ein älterer Kollege oder eine ältere
Kollegin fordert die Jüngeren auf, doch mal zu entspannen, weil sie schließlich
noch keine Erfahrung hätten und vor 10 Jahren vielleicht noch im Sandkasten
gespielt haben. Ich denke, der Aufschrei wäre - mit Recht! - groß.
Um eine diskriminierungsfreie Sprache und einen respektvollen Umgang
miteinander sollte sich JEDER/JEDE bemühen - bei allem Verständnis für Polemik
oder satirische Überspitzung.
Mit freundlichen Grüßen
Kornelia Richter
Am 08.07.2021 um 09:08 schrieb Heidrun Wiesenmüller via InetBib:
Liebe Frau Richter,
Sie sollten die Mail von Herrn Schmid-Ruhe schon genau lesen. Nirgends
wird hier irgendjemandem der Mund verboten. Aber es wird dazu
aufgefordert, das eigene Kommunikationsverhalten selbstkritisch zu
prüfen und den jüngeren Kolleg:innen unvoreingenommen zuzuhören.
In dem Satz "5 Jahre danach..." wird - gewiss ein wenig satirisch,
aber von der Sache her völlig korrekt - auf einen ganz normalen
Vorgang hingewiesen. Selbstverständlich sind viele Kolleg:innen im
Ruhestand z.B. wissenschaftlich tätig und bringen sich teilweise
sogar noch aktiv in die Community ein (was ich sehr schätze und
begrüße!). Aber man hat in dieser Situation in der Regel nichts mehr
zu entscheiden oder zu bestimmen. Es sind dann eben andere am Ruder -
und das ist auch gut so.
Ich habe noch einige Jahre bis zu meiner Pensionierung, denke aber,
dass es mir (wie allen anderen) gut tut, sich dies frühzeitig vor
Augen zu führen. Üben wir uns deshalb alle ein bisschen in
Bescheidenheit und sonnen wir uns nicht in unserer (tatsächlichen oder
angenommenen) Wichtigkeit!
Möglicherweise fehlte Ihnen zur Interpretation der Mail von Herrn
Schmid-Ruhe ein wichtiger Baustein: Der Kollege, der sich von diesem
Passus eigentlich am meisten angesprochen gefühlt haben sollte, hat es
wohl für unter seiner Würde befunden, hier auf der Liste zu schreiben.
Stattdessen hat er sein "Elaborat" (mir würden dafür auch andere
Wörter einfallen) in seinem eigenen Blog veröffentlicht, der nicht
einmal eine Kommentarfunktion besitzt. Bei Interesse lasse ich Ihnen
den Link gerne zukommen; hier möchte ich ihn nicht verbreiten, weil
man für so etwas wirklich keine "Werbung" machen möchte.
Viele Grüße
Heidrun Wiesenmüller
Am 07.07.2021 um 23:56 schrieb Kornelia Richter via InetBib:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte die Genderdebatte nicht weiter befeuern, aber der Beitrag
von Prof. Schmidt-Ruhe an die Liste veranlasst mich doch zu einem
Kommentar. Ich finde es erschreckend, in welcher Weise er darin von
älteren Kollegen spricht.
Die meisten Diskutanten (mask.!) scheinen mir doch ein recht
vorgerücktes Geistes- und Arbeitsalter erreicht zu haben. Tun Sie
doch mal sich und Ihrem Blutdruck einen Gefallen: Viele von Ihnen
gehen in 5 bis 10 Jahren in den Ruhestand. 5 Jahre danach spricht
das Bibliothekswesen von Ihnen nur mehr in der Vergangenheit, 10
Jahre danach gibt es kaum mehr eine/n, der/die sich an Sie erinnert.
15 Jahre danach fragt man entweder, wer Sie denn gewesen seien oder
verwundert, ob Sie noch lebten. Entspannen Sie sich! Und fragen Sie
vielleicht mal die jüngeren Kolleg*innen - ohne diese gleich
argumentativ platt zu walzen, verächtlich über ihre Sexualität zu
sprechen oder sie lächerlich machen zu wollen, indem Sie sich über
persönliche Preisgaben oder Lapsus lustig machen.
Denjenigen, die sich im "vorgerückten Geistes- und Arbeitsalter"
befinden, sagt Herr Schmidt-Ruhe damit unverblümt, sie sollten
gefälligst den Mund halten, da sie in 5 oder 10 Jahren ohnehin
Geschichte seien. Gleichzeitig unterstellt er ihnen pauschal
intolerantes und respektloses Verhalten gegenüber Jüngeren.
Ich finde diese Aussagen diskriminierend und inakzeptabel.
Mit freundlichen Grüßen
Kornelia Richter
--
Prof. Dr. Kornelia Richter
Leipzig
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.