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Re: [InetBib] Altersdiskriminierung



Liebe Frau Richter, 

als Bibliothekswesen Dipl. Bibl. im "vorgerückten Geistesalter" fand ich  Herrn 
Schmid-Ruhes Mail witzig und erfrischend und hat mich an meine Sozialisierung 
in der Bibliothekswelt in den Achtzigern denken lassen. Gehobener Dienst  hatte 
nichts zu melden, FAMIS, bzw. BibliotheksassistentInnen hatten sich  im 
Hintergrund zu halten, erst mit ca. 45 Jahren schien man (Frau nicht unbedingt) 
die Berechtigung zu haben, sich inhaltlich zu beteiligen. Sofern man mindestens 
das kleine Latinum hatte, hüstel. Der Höhere Dienst speiste nicht mit den Dipl. 
Bibl. in größeren Bibliotheken uvm.  
In den vergangenen Mails dampfte  so viel von dem alten Muff, dass es mich 
geschüttelt hat, der erwähnte Blogbeitrag war das Tüpfelchen auf dem I.

Dabei hat sich so Vieles zum Positiven entwickelt. Junge BibliothekarInnen 
machen tollen Sachen (die ich zum Teil schon nicht mehr verstehe) und melden 
sich damit zu Wort. Nicht unbedingt immer  hier - aber Twitter ist eine bunte 
Wiese interessanter Beitrage aus allen Bibliothekszweigen und 
Bibliotheksberufen. Ich folge ein paar klasse FAMIs ;-)

Die Mail war auch ein Anlass, nochmal innezuhalten und über den eigenen 
Renteneintritt und die schon schrittweise erfolgte Übertragung von Aufgaben 
nachzudenken. Und darüber, dass ich meinen Kolleginnen nicht mit meiner 
Weisheit auf den Zeiger gehen will.

Kurzum - ich fühlte mich keineswegs diskriminiert, eher bereichert.

Mit freundlichen Grüßen,

Susanne Hilbring (Fossil)



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib <inetbib-bounces@xxxxxxxxxx> Im Auftrag von Kornelia Richter via 
InetBib
Gesendet: Donnerstag, 8. Juli 2021 15:28
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Altersdiskriminierung

Liebe Frau Wiesenmüller,

ich will das wirklich nicht weiter treiben, aber ein paar Sätze müssen doch 
noch sein.

Ich habe die Mail von Herrn Schmid-Ruhe durchaus genau gelesen. Die Älteren im 
"vorgerückten Geistesalter" (!) wurden darin aufgefordert, mit Rücksicht auf  
ihren Blutdruck (!) und angesichts der Tatsache, dass sie bald nichts mehr zu 
sagen haben, "zu entspannen" und außerdem die Jüngeren argumentativ nicht 
plattzuwalzen - als wäre dies sonst ihr übliches Benehmen. Ich finde schon, 
dass diese Aussage diskrimierend und wenig respektvoll ist. Ich erwarte als 
ältere Kollegin denselben Respekt, den die Jüngeren mit Recht beanspruchen und  
glaube auch nicht, dass das etwas mit "sich wichtig nehmen" zu tun hat. Stellen 
Sie sich bitte den umgekehrten Fall vor - ein älterer Kollege oder eine ältere 
Kollegin fordert die Jüngeren auf, doch mal zu entspannen, weil sie schließlich 
noch keine Erfahrung hätten und vor 10 Jahren vielleicht noch im Sandkasten 
gespielt haben. Ich denke, der Aufschrei wäre - mit Recht! - groß.
Um eine diskriminierungsfreie Sprache und einen respektvollen Umgang 
miteinander sollte sich JEDER/JEDE bemühen - bei allem Verständnis für Polemik 
oder satirische Überspitzung.

Mit freundlichen Grüßen
Kornelia Richter



Am 08.07.2021 um 09:08 schrieb Heidrun Wiesenmüller via InetBib:
Liebe Frau Richter,

Sie sollten die Mail von Herrn Schmid-Ruhe schon genau lesen. Nirgends 
wird hier irgendjemandem der Mund verboten. Aber es wird dazu 
aufgefordert, das eigene Kommunikationsverhalten selbstkritisch zu 
prüfen und den jüngeren Kolleg:innen unvoreingenommen zuzuhören.

In dem Satz "5 Jahre danach..." wird - gewiss ein wenig satirisch, 
aber von der Sache her völlig korrekt - auf einen ganz normalen 
Vorgang hingewiesen. Selbstverständlich sind viele Kolleg:innen im 
Ruhestand  z.B. wissenschaftlich tätig und bringen sich teilweise 
sogar noch aktiv in die Community ein (was ich sehr schätze und 
begrüße!). Aber man hat in dieser Situation in der Regel nichts mehr 
zu entscheiden oder zu bestimmen. Es sind dann eben andere am Ruder - 
und das ist auch gut so.

Ich habe noch einige Jahre bis zu meiner Pensionierung, denke aber, 
dass es mir (wie allen anderen) gut tut, sich dies frühzeitig vor 
Augen zu führen. Üben wir uns deshalb alle ein bisschen in 
Bescheidenheit und sonnen wir uns nicht in unserer (tatsächlichen oder
angenommenen) Wichtigkeit!

Möglicherweise fehlte Ihnen zur Interpretation der Mail von Herrn 
Schmid-Ruhe ein wichtiger Baustein: Der Kollege, der sich von diesem 
Passus eigentlich am meisten angesprochen gefühlt haben sollte, hat es 
wohl für unter seiner Würde befunden, hier auf der Liste zu schreiben.
Stattdessen hat er sein "Elaborat" (mir würden dafür auch andere 
Wörter einfallen) in seinem eigenen Blog veröffentlicht, der nicht 
einmal eine Kommentarfunktion besitzt. Bei Interesse lasse ich Ihnen 
den Link gerne zukommen; hier möchte ich ihn nicht verbreiten, weil 
man für so etwas wirklich keine "Werbung" machen möchte.

Viele Grüße
Heidrun Wiesenmüller





Am 07.07.2021 um 23:56 schrieb Kornelia Richter via InetBib:
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte die Genderdebatte nicht weiter befeuern, aber der Beitrag 
von Prof. Schmidt-Ruhe an die Liste veranlasst mich doch zu einem 
Kommentar. Ich finde es erschreckend, in welcher Weise er darin von 
älteren Kollegen spricht.

Die meisten Diskutanten (mask.!) scheinen mir doch ein recht 
vorgerücktes Geistes- und Arbeitsalter erreicht zu haben. Tun Sie 
doch mal sich und Ihrem Blutdruck einen Gefallen: Viele von Ihnen 
gehen in 5 bis 10 Jahren in den Ruhestand. 5 Jahre danach spricht 
das Bibliothekswesen von Ihnen nur mehr in der Vergangenheit, 10 
Jahre danach gibt es kaum mehr eine/n, der/die sich an Sie erinnert.
15 Jahre danach fragt man entweder, wer Sie denn gewesen seien oder 
verwundert, ob Sie noch lebten. Entspannen Sie sich! Und fragen Sie 
vielleicht mal die jüngeren Kolleg*innen - ohne diese gleich 
argumentativ platt zu walzen, verächtlich über ihre Sexualität zu 
sprechen oder sie lächerlich machen zu wollen, indem Sie sich über 
persönliche Preisgaben oder Lapsus lustig machen.

Denjenigen, die sich im "vorgerückten Geistes- und Arbeitsalter" 
befinden, sagt Herr Schmidt-Ruhe damit unverblümt, sie sollten 
gefälligst den Mund halten, da sie in 5 oder 10 Jahren ohnehin 
Geschichte seien. Gleichzeitig unterstellt er ihnen pauschal 
intolerantes und respektloses Verhalten gegenüber Jüngeren.
Ich finde diese Aussagen diskriminierend und inakzeptabel.

Mit freundlichen Grüßen
Kornelia Richter



--
Prof. Dr. Kornelia Richter
Leipzig


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.