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[InetBib] Zeitgemäßer Name für den "Bibliothekar"tag
- Date: Tue, 29 Jun 2021 08:42:37 +0000
- From: "Fischer, Yvonne via InetBib" <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Zeitgemäßer Name für den "Bibliothekar"tag
Guten Morgen zusammen,
dass Sie sich so viele beteiligen zeigt meines Erachtens deutlich, dass
Redebedarf besteht. Daher freut es mich, dass dieser damit angeschnitten wurde.
Ich möchte mich bei allen Kolleg:innen bedanken, die sich bis jetzt und auch
zukünftig zivil und offen an der Diskussion beteiligt haben und werden.
Trotzdem weise ich an dieser Stelle ebenfalls darauf hin, dass am Kern der
Petition vorbei diskutiert wird.
Wenn Sie mit dem Status Quo zufrieden sind, dann prangert das niemand an. Im
Gegenteil, dann können Sie sich einfach zurücklehnen.
Aber über 1000 Menschen haben mit der Unterzeichnung gezeigt, dass sie sich von
der aktuellen Bezeichnung unseres Fachkongresses nicht abgebildet sehen oder
Ihnen der Gedanke einer gemeinschaftlichen Abbildung fehlt.
Eine Entscheidung für den Begriff „Bibliothekartag“ wäre also, zumindest meines
Erachtens, eine Entscheidung, diesen Teil unserer Berufswelt auszugrenzen.
Das ist, wie ich finde, eine Aussage, und in meinem Falle keine, in der ich
mich wiederfinden möchte.
Denn dass wir als uns ständig entwickelnde und zeitgemäße
Informationseinrichtungen nicht fähig sind, einen Kompromiss bezüglich der
Bezeichnung zu finden, der auch das Kompetenzwachstum und Diversitätswachstum
unseres Berufs abdeckt, möchte ich als vom Prinzip Bibliothek überzeugter
Mensch nicht glauben.
Mir tut es nicht weh, unsere Fachwelt inklusiver zu gestalten, und für manche
macht es einen gewaltigen Unterschied, den sich unsereins nicht vorstellen kann.
Solange uns das nicht gelingt, können wir meines Erachtens auch nicht guten
Gewissens auf einer Fachkonferenz über Themen wie Diversität in Bestand &
Personalgewinnung, Relevanz von Quereinstieg, Erweiterung des Berufsfeldes und
Offenheit sprechen.
Lassen Sie uns gern diskutieren – aber dabei möchte ich nachdrücklich alle
Kolleg:innen bitten, das mit dem gebührenden Respekt und Offenheit zu tun.
Freundliche Grüße, bleiben Sie gesund und eine angenehme Woche Ihnen allen,
Yvonne Fischer
PS: Sollten Sie tatsächlich an der Wirkung von Sprache und ihrer Veränderung
interessiert sein empfehle ich Ihnen einen Blick in den
sozialwissenschaftlichen Bestand Ihrer Einrichtung. Viele der Werke greifen Pro
und Contra Argumente auf, wobei ich aus eigener (Lese)Erfahrung zumindest sagen
kann, dass die Pro Argumente deutlich häufiger mit Belegen & Studien
untermauert sind und häufig gegen Contra „Meinungsäußerungen“ stehen.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib <inetbib-bounces@xxxxxxxxxx>
Gesendet: Dienstag, 29. Juni 2021 10:09
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Gendern (War: Re: Antw: Re: Zeitgemäßer Name für den
"Bibliothekar"tag)
Liebe Liste
es sind mir doch zu viele Hüte im Spiel, wobei: eigentlich mag ich ja de Bono
als Methode ganz gerne, um einen Sachverhalt multiperspektivisch zu
betrachten...
Lieber Michael - danke für deine klaren Worte, mir haben bei Herrn Knochs Ton
auch schon die Finger gezuckt. Ich bewerte gerade studentische Arbeiten zu
'Medien an den Rändern' - da sind die wirklichen Aluhüte zu finden (nicht bei
den Studierenden, sondern bei den besprochenen Texten). Zurück zum Thema: Ich
fände es sehr hilfreich, wenn wir alle etwas toleranter miteinander umgehen
könnten, etwas 'würdiger' die jeweils andere Seite (und die vielen Graubereiche
dazwischen) verstehend.
Für mich ist Sprache etwas sehr lebendiges, und als jmd., der sich viele Jahre
in der Lesben- und Schwulenbewegung engagiert hat, weiss ich auch um die
Sensibilität und die Verletztheit, die sie braucht bzw. erzeugen kann. Und ich
weiss auch um die Gradwanderung der CancelCulture und der Sprachpolizei, ihren
(nötigen!) Grenzen aber auch dem ihr innewohnenden positiven, appelativen und
sanktionierenden Charaktar... Dies weiss ich aus eigener Erfahrung als Sender
(ich lege wahrlich nicht immer meine Worte auf Goldwagen) wie auch als
Empfänger (Freunde dürfen mich 'du blöde Tucke' nennen, weil ich es entweder
bin oder weil es liebevoll gemeint ist oder weil ich {als ich jünger war,
damals} das Spielen mit der Männerrolle noch sehr genossen habe, heute gestatte
ich mir das nicht mehr - nennt man wohl erwachsen und verspiesst...)
Und die Diskussion geht m.E. nicht wirklich um den Genderstern, sondern um die
Haltung dahinter... Als Bibliotheken sind wir öffentliche und offene Räume,
unser Job ist es, in diesen unseren Besucher*innen und Kund*innen gegenüber
einen SafeSpace zu garantieren, der sowohl diskriminierungsfrei zu sein hat, in
dem aber auch kritische und polarisierende Diskussionen geführt werden sollen,
dürfen und müssen.
Auch hier wieder: viel Gradwanderung.
Wenn wir das als Raum BIbliothek nach aussen sein wollen, sollen und
(gefälligst!) müssen - dann sollten wir das auch als Haltung im Miteinander
einüben. Mit all den Fehlern auf dem Weg dahin. Fehler kann man aber in der
Diskussion erkennen, und sollte sie dann beheben: Die Bezeichnung unsereres
Fachkongresses ist sicher (damals) kein Fehler gewesen, aber wird heute als
diskrimierender oder zumindest nicht inkludierender Name verstanden.
'Nur was sich verändert, bleibt' - ist doch ein schönes Motto, sowohl für die
Sprache wie auch für das Miteinander hier in der LIS-Community, und - auch wenn
ich hier eine sehr, sehr starke Beharrungsmentalität in der letzten Dekade
erlebt habe - viellicht auch (irgendwann) beim bib*tag.
Tom (Becker)
Am 29.06.21 um 09:01 schrieb Michael Schaarwächter via InetBib:
Hallo Herr Knoch,
Ihre Formulierungen sind polemisch und entbehren jeglicher Argumente,
die Wortwahl teilweise weit unterhalb einer Schmerzgrenze
("ideologische Vereinahmung", "Volkserziehung", "nach jahrzehntelanger
Abstinenz").
Ich würde mich freuen, wenn wir zur Sachlichkeit zurückfinden würden.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Schaarwächter
Am 29.06.2021 um 08:38 schrieb Stefan Knoch via InetBib:
Liebe Frau Gastinger,
die Stimme der Vernunft, für die Sie dankenswerterweise eine Lanze
brechen, findet leider immer weniger Gehör. Dabei sollte eigentlich
gerade unsere Berufsgruppe allergisch auf jegliche ideologische
Vereinnahmung der Sprache reagieren, doch im Gegenteil: VDB, dbv und
etliche andere bibliothekarische Institutionen und Einzelpersonen
propagieren schon seit längerem Genderstern & Co. mit einem solch
missionarischen Eifer, daß man meinen könnte, sie seien nach
jahrzehntelanger Abstinenz froh, sich endlich wieder einmal der
Volkserziehung widmen zu können. Daß dies ungefähr soviel mit
Gleichberechtigung zu tun hat wie das Tragen von Aluhüten mit dem
gesunden Menschenverstand, macht die Sache dann leider auch nicht
besser.
Viele Grüße
Stefan Knoch
Dr. Stefan Knoch
Stellvertreter der Bibliotheksdirektorin Staatsbibliothek Bamberg
Neue Residenz, Domplatz 8, 96049 Bamberg
Telefon: 0951 / 95503-114
Almuth Gastinger via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx> 28.06.2021 16:06
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Als Deutsche, die seit 24 Jahren im Ausland lebt und deren täglicher
Sprachgebrauch (norwegisch und englisch) keine Unterscheidung
zwischen männlicher und weiblicher Form macht, ist diese Diskussion
nicht einfach so nachzuvollziehen. Ich verstehe natürlich, dass man
in Deutschland eben oft nicht an Frauen UND Männer denkt (und was ist
mit den anderen Geschlechtern?), wenn man die eine Form benutzt,
während für mich immer beide oder alle Geschlechter gemeint sind.
Allerdings ist das, was jetzt passiert, für mich übertrieben. Ich
muss zugeben, dass ich das Gender-Sternchen oder was auch immer
furchtbar finde. Am schlimmsten aber finde ich die mündliche Form mit
der kurzen Pause. Für mich ist das dann verhunzte deutsche Sprache.
Tut mir wirklich leid, wenn ich jetzt einige vor den Kopf stoße, aber
ich wollte diese Perspektive von außen beisteuern. Und ich frage mich
eben immer wieder, ob denn die Benutzung dieser Formen wirklich ein
Umdenken in der Bevölkerung bewirkt?
Aber was ich vor allem sagen wollte: bitte nicht
Bibliothekarinnentag! Warum denn nicht ganz einfach Bibliothekstag?
Es geht doch um Bibliotheken (und Informationseinrichtungen), in
denen sowohl Bibliothekarinnen, Bibliothekare, und viele andere
Berufe arbeiten. Im Englischen sagt man doch auch Library Congress
oder Library Conference.
Viele Grüße aus Trondheim,
Almuth Gastinger
--
Dr. Tom Becker
===
Professor für Medienmanagement und Medienvermittlung in Bibliotheken (FH)
Studiengangsleiter B.A. 'Bibliothek und digitale Kommunikation'
Bundesvorstandsmitglied im Berufsverband Information Bibliothek (BIB e.V. |
bib-info.de)
TH Köln
Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften Raum B5 431.A
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