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Re: [InetBib] Verleih elektronischer Bücher



Liebe Diskutanten,
ich versuche, es zusammenzufassen:


1.       Die analoge Leihe ist nach deutschem Urheberrecht aufgrund von § 27 
Abs.2 UrhG zulässig

2.       Die (digitale) Nutzungsüberlassung eines E-Books an weitere Personen 
fällt nicht darunter, weil nach dt. Urheberrecht dafür die "Erschöpfung" i.S.d. 
§ 17 Abs.2 Urhg erforderlich wäre. Das ist aber bei einer digitalen 
Zugänglichmachung nicht der Fall. Weil es also die ("automatische") gesetzliche 
Erlaubnis zur digitalen "Leihe" im deutschen Urheberrecht nicht gibt, braucht 
man dafür die Zustimmung ("Lizenz") des Anbieters / Rechteinhabers.

3.       Daher ist ausschlaggebend, was Amazon in seinen Kindle-Bedingungen für 
Erlaubnisse ("Lizenzen") erteilt.

4.       Die Weitergabe einer nach § 60e Abs.1 UrhG angefertigten Archivkopie 
auf einem Kindle fällt übrigens ebenfalls nicht unter den Erschöpfungsgrundsatz 
nach § 17 Abs.2, weil die Kopie nicht "mit Zustimmung des zur Verbreitung 
Berechtigten .... in Verkehr gebracht" wurde. Ein Kindle mit der direkt bei 
Amazon/ beim Rechteinhaber heruntergeladenen Kopie darf aber natürlich 
verliehen oder verschenkt oder wasauchimmer werden

Der dbv fordert die (weitgehende) Gleichstellung des E-Lending mit der analogen 
Leihe (also die "automatische" gesetzliche Erlaubnis) seit 2012. Auch in dieses 
Jahr haben wir uns auch mehrmals mit Bundestagsabgeordneten 
Ministeriums-MitarbeiterInnen, AutorInnenen und Verlegern darüber ausgetauscht.
Die Sache ist nicht ganz einfach, weil die Forderung nach  Gleichstellung 
analog/digital bei Verlagen und AutorInnen Ängste um Einnahmen und 
Lebensunterhalt weckt. Ich bin allerdings der Ansicht, dass den Vorbehalten 
durch einen gute gesetzliche Regelung in Verbindung mit einer vernünftigen 
Vergütungsvereinbarung (mit der VG Wort) Einhalt geboten werden kann und muss.

Dazu aus der Stellungnahme des dbv vom 14.9.2020: 
2020_09_dbv_Stellungnahme_E-Books_Formulierungsvorschlag_im_Rahmen_der_Umsetzung_der_EU-Urheberrechtsrichtlinie_final.pdf
 
(bibliotheksverband.de)<https://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/DBV/positionen/2020_09_dbv_Stellungnahme_E-Books_Formulierungsvorschlag_im_Rahmen_der_Umsetzung_der_EU-Urheberrechtsrichtlinie_final.pdf>

"Aus Sicht des dbv soll für eine gesetzliche Regelung die Bibliothekstantieme
auf e-Medien ausgeweitet werden. Dazu schlägt der dbv vor, in § 27 Abs. 2
UrhG einen neuen Satz 2 einzufügen:
Beim Verleihen von Medienwerken in unkörperlicher Form gelten die
Regelungen über das Verleihen nach § 17 Abs. 2 entsprechend.
Im neuen Satz 3 (bisher Satz 2) ist zu ergänzen: Verleihen im Sinne von Satz 1
und 2 ist...


Begründung
Nach Urteil C-174/15 des Europäischen Gerichtshofs ist die elektronische
"Leihe" bereits nach geltendem EU-Recht zulässig, und EU-Mitgliedstaaten
dürfen gesetzliche Regelungen einführen, die Bibliotheken grundsätzlich das
Recht einräumen, E-Books zu verleihen. Zur Umsetzung dieses Urteils reicht es
nach Auffassung des dbv aus, Art. 1 I, Art. 2 I Buchst. b und Art. 6 I der RL
2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006
zum Vermiet- und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht
verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums in das
deutsche Urheberrechtsgesetz dahingehend zu übertragen, dass der Begriff
"Verleihen" im Sinne dieser Vorschriften das Verleihen einer digitalen Kopie
eines unkörperlichen Werkes erfasst.
Der EuGH hatte allerdings auch geurteilt, dass die E-Ausleihe den
Erschöpfungsgrundsatz, der im deutschen Recht in § 17 Abs. 2 UrhG geregelt
ist, nicht tangieren würde. Da sich der derzeitige § 27 Abs. 2 UrhG aber direkt
auf § 17 Abs. 2 UrhG bezieht, kann die Anwendung bei nicht-körperlichen
Medienwerken nur "entsprechend" erfolgen. Zugleich ist mit der
vorgeschlagenen Ergänzung aber klargestellt, dass die Ausleihe von
unkörperlichen Medienwerken erlaubt und - da auf einer entsprechenden
Anwendung von § 17 Abs. 2 UrhG beruhend - auch nicht vertraglich
disponibel ist.
Die Formulierung "Medienwerke in unkörperlicher Form" ist § 3 Abs. 3 des
Gesetzes über die Deutsche Nationalbibliothek vom 22. Juni 2006
entnommen und ist dort näher bestimmt."

Frohe Weihnachten !

Armin Talke, LL.M.
Fachreferent für Politikwissenschaft / Referent für Rechtsfragen der 
Bibliotheksbenutzung
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