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Re: [InetBib] Wissenschaftler*innen in Deutschland publizieren Open Access in Nature – ein weiterer Meilenstein in der Transformation wissenschaftlicher Zeitschriften wird 2021 erreicht
- Date: Sat, 24 Oct 2020 14:16:07 +0000
- From: "Mittermaier, Bernhard via InetBib" <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Wissenschaftler*innen in Deutschland publizieren Open Access in Nature – ein weiterer Meilenstein in der Transformation wissenschaftlicher Zeitschriften wird 2021 erreicht
Lieber Herr Siems,
vielen Dank für diese wenig erfreuliche Mitteilung.
Ich war nicht an den Verhandlungen dieses Vertrags beteiligt und kann erst
recht nicht für die MPDL sprechen. Aus den Erfahrungen der DEAL-Verhandlungen
(und sonstigen Verhandlungen) kann ich aber ausschließen, dass diese Aspekte
Gegenstand der Verhandlungen und Verträge sind. Zweifellos ein Desiderat, aber
ein ganz dickes Brett
Auf den Aberwitz, dass die Nutzung einer Piratenseite aus Sicht des
Datenschutzes besser als die Nutzung einer Verlagsseite ist, haben Sie ja schon
hingewiesen. Ein weiterer Aberwitz ist der Umstand, dass sich Springer Nature
einerseits mit Verweis auf die DSGVO weigert, Opt-Out-Artikel unmittelbar nach
Einreichung zwecks Autorenverifikation an die Einrichtungen zu melden (wie es
bei OA-Artikeln anstandslos geschieht), andererseits aber bedenkenlos etwas
einsetzt, das, wie Sie schreiben, die britischen Datenschutzbehörde als
unvereinbar mit der DSGVO erachtet.
Herzlichen Gruß
Bernhard Mittermaier
###########################################
Dr. Bernhard Mittermaier
Forschungszentrum Jülich GmbH
Leiter der Zentralbibliothek / Head of the Central Library
52425 Jülich
Tel ++49-2461-613013
Fax ++49-2461-616103
Sitz der Gesellschaft: Juelich
Eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Dueren Nr. HR B 3498
Vorsitzender des Aufsichtsrats: MinDir Volker Rieke
Geschaeftsfuehrung: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Marquardt (Vorsitzender),
Karsten Beneke (stellv. Vorsitzender), Prof. Dr.-Ing. Harald Bolt
Message: 2
Date: Thu, 22 Oct 2020 07:55:09 +0000
From: "Siems, Renke" <renke.siems@xxxxxxxxxxxxxxxx>
To: "'inetbib@xxxxxxxxxx'" <inetbib@xxxxxxxxxx>
Subject: Re: [InetBib] Wissenschaftler*innen in Deutschland
publizieren Open Access in Nature – ein weiterer Meilenstein in der
Transformation wissenschaftlicher Zeitschriften wird 2021 erreicht
Message-ID: <d6df36a079f14cd599596de8b8a5e762@xxxxxxxxxxxxxxxx>
Content-Type: text/plain; charset="Windows-1252"
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
seitens der MPDL wird aktuell der Abschluss der Rahmenvereinbarung für einen
Open Access-Transformationsvertrag mit Nature verkündet, was auf Twitter dann
viele Anmerkungen vor allem zum Thema Kosten nach sich zog. Ich möchte gerne
auf einen anderen Aspekt hinweisen, nämlich, welchen Dingen man schon jetzt
begegnet, wenn man sich auf der Nature-Webseite bewegt. Als ich mir Ende
August, also einige Zeit nach dem Schrems II-Urteil des EuGH, das letzte Mal
die Seite näher ansah, waren dort folgende Tracker und verwandte
Webtechnologien verankert:
Celtra
Usabilla
Google Tag Manager
Zemanta
Facebook Connect
ScoreCard Research Beacon
Google Analytics
AppNexus
Twitter Advertising
Permutive
Twitter Conversion Tracking
Facebook Custom Audience
Google Publisher Tags
Google Safeframe
Moat
Google Adsense
Google Ads Measurement
Amazon Associates
Rubikon
Amazon Mobile Ads
Rhythmone Beacon
Tradedesk
Adobe Audience Manager
Mediamath
Liveramp
Unruly Media
Yahoo Ad Manager Plus
DataXu
SiteScout
Simpli.fi
Turn Inc.
Rocket Fuel
Index Exchange
Yahoo Ad Exchange
Quantcast
Adition
MBR Targeting
Adform
Impresssion Desk
BidTheatre
Dotomi
Delta Projects
BlueKai
Beeswax
BidSwitch
OpenX
Teads
Bidtellect
Videology
MySpace
gumgum
AdGear
ScaleOut
Doubleverify
SpotXChange
PulsePoint
Tribal Fusion
Flashtalking
DoubleClick Spotlight
Advertising.com
Crimtan
Acuity Ads
Smart AdServer
The Reach Group
DoubleClick Floodlight
Affiliate Window
Atlas
Sie haben hier folglich das gleiche Potpourri an Third Parties wie bei
Webseiten im frei zugänglichen Internet, die ihre Angebote über Werbetracking
monetarisieren: einzelne Tracker, Audience Tools, die Informationen aus
unterschiedlichsten Quellen gebündelt auswerten (und dafür mit vielen Partnern
Daten austauschen), Real Time Bidding Data (also die Echtzeitversteigerung von
Nutzerdaten) und Browser Fingerprinting, um Seitenbesucher zu identifizieren,
die das durch ihre Browser-Einstellungen eigentlich unterbinden wollen.
Die eingesetzten Technologien sind in der Lage, jeden Seitenbesucher zu
identifizieren und sein Informationsverhalten auszuwerten. Manche dieser
Anbieter gehen dabei so weit, dass sie sich wie BlueKai (gehört zu Oracle)
gegenwärtig Sammelklagen in den Niederlanden und Großbritannien gegenübersehen.
Die Praxis personalisierter Werbung, die auf Echtzeitauktionen basiert, wird
von der britischen Datenschutzbehörde mittlerweile als unvereinbar mit der
DSGVO betrachtet. Anbieter wie Acxiom/liveramp sind wiederum seit Jahrzehnten
im Geschäft und können daher für personalisierte Profilbildung auf Daten bis in
analoge Zeiten zurückgreifen.
Für die Transformation des wissenschaftlichen Publikationswesens hin zu Open
Access ist es wichtig, diese Entwicklung im Blick zu behalten. Der Einsatz
dieser Technologien und deren Ergebnis wird durch eine Richtungsänderung der
Zahlungsströme an sich erstmal nicht tangiert. Wir sehen seit Jahren eine
Mutation der großen Verlage weg von einem Inhaltsanbieter zu einem data
analytics business (das lässt sich in der „landscape analysis“ von SPARC
komprimiert nachlesen) und manche werden sicher auch noch die Aussage des
Marktführers im Ohr haben, zum „Betriebssystem der Wissenschaft“ werden zu
wollen. Je nach eigener Meinung kann man das unterschiedlich wahrnehmen, auf
den Einsatz von ThreatMetrix auf der Plattform ScienceDirect wurde hier auf der
Liste ja auch gerade hingewiesen. Die Verlage bringen in diesem Kontext
momentan gerne das Argument von der IT-Sicherheit und dem Schutz der
Bibliotheksnutzer vor, gerade mit Verweis auf die böse Plattform aus dem Osten.
Wenn man sich aber das Spiel erlaubt, den gleichen Artikel auf der
Nature-Webseite und auf der Webseite der
Frau-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf aufzurufen, so findet man bei Nature
eben die Liste oben und auf der anderen Plattform Yandex Metrics, einem Pendant
zu Google Analytics. Das Spiel geht also mit dem Endergebnis 73:1 aus, und da
kann sich jede*r selbst seinen Reim auf das Thema Nutzerdatenschutz machen.
Es wäre daher gut, wenn die Kolleg*innen der MPDL bei den in Aussicht
gestellten Detailinformationen auch genau darüber unterrichten, was die
getroffenen Vereinbarungen im Bereich User Tracking und Datenschutz generell
sind. Schließlich sind das ja alles keine neuen Erkenntnisse, sondern war auch
schon zur Zeit der Verhandlungen des Springer-DEAL-Vertrags bekannt. Es wird
gerade die Wissenschaftler*innen, die in patent-relevanten Forschungsbereichen
aktiv sind oder generell in Bereichen, wo es eine starke Konkurrenz zwischen
öffentlicher und kommerzieller Forschung gibt wie KI, personalisierte Medizin
oder Materialwissenschaften, sicher interessieren, wer in welcher Form ihr
Informationsverhalten beobachtet und wo die Daten dann überall hingehen. Ebenso
möchten die Einrichtungen, die dem Nature-Vertrag beitreten wollen, vielleicht
sicher sein, dass sie damit nicht einem neuen double dipping Vorschub leisten,
worin Autoren mit APCs bezahlen und Leser mit der Preisgabe ihrer persönlichen
Daten. Wir wollen alle Open Access unterstützen, aber vielleicht nicht gerade
solche Dinge.
Wer sich mit der Thematik etwas mehr auseinandersetzen möchte, hier ein paar
Links:
https://www.codyh.com/writing/tracking.html
https://www.youtube.com/watch?v=uAzt-iJEkvU&feature=youtu.be
http://www.inthelibrarywiththeleadpipe.org/2019/ice-surveillance/
https://twitter.com/WolfieChristl/status/1286341387718397952
Viele Grüsse von R. Siems
Dr. Renke Siems
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