Hallo Markus Ich kann deiner Analyse nur zustimmen. Das Problem ist, dass Wissenschaft wenn man genau hinschaut fast immer durch Wissenschaft kontrolliert wird. Leitungsgremien von Universitäten und von Förderorganisationen bzw. deren Beiräten bestehen zu einem grossen Teil aus aktiven Wissenschaftlern. D.h. wenn es beispielsweise um die Durchsetzung von Green OA geht, besteht ein nahezu unlösbarer Interessenkonflikt, da diejenigen die über die Policy und der Durchsetzung bestimmen, ja selber davon betroffen sind. Hier müsste die Politik genau die harten Fragen stellen und Verantwortung und Transparenz einfordern. In der Schweiz gab es zum Beispiel im Parlament zu Open Access folgende Fragen: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20103240 <https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20103240> https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20163930 <https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20163930> Leider muss man schon sehr interessierte Politikerinnen haben, welche das Thema verstehen wollen, die richtigen Fragen stellen, sich von den schönfärberischen Antworten der Regierung bzw. Verwaltung nicht abschrecken lassen, dran bleiben und letztlich Mehrheiten organisieren. Kleine Anekdote: Letzte Woche wurde im Schweizer Parlament durch den zweit-beratenden Ständerat ein gesetzliches Zweitveröffentlichungsrecht definitiv abgelehnt. Dies, weil man in der Verwaltung und im Wissenschaftsbetrieb die Probleme (und das eigene Versagen) nicht sauber deklariert hat. Stellvertretend das Votum der Bundesrätin Karin Keller-Sutter: "Der Bundesrat ist hier der Auffassung, dass ein gesetzgeberischer Eingriff nicht notwendig ist. Die Universitäten stehen bereits heute in Verhandlung mit den Verlegern. Zudem hat Swissuniversities auch in den Hearings darauf hingewiesen, dass die Schweiz im Bereich Open Access im internationalen Vergleich eine führende Rolle einnimmt. Das zeigt schon, dass die Selbstregulierung hier funktioniert, ohne dass es eine zusätzliche Regulierung durch den Gesetzgeber braucht. https://www.parlament.ch/fr/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=46139 <https://www.parlament.ch/fr/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=46139> Und nein: Die Schweiz mag zwar im Vergleich zu anderen weit vorne sein (auch dank rekordverdächtigen Ausgaben), allerdings ist die Situation alles andere als befriedigend: http://www.snf.ch/de/fokusForschung/newsroom/Seiten/news-190613-steigerung-bei-open-access-notwendig.aspx <http://www.snf.ch/de/fokusForschung/newsroom/Seiten/news-190613-steigerung-bei-open-access-notwendig.aspx> Gruss Christian
Am 13.06.2019 um 21:13 schrieb markus schnalke via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx <mailto:inetbib@xxxxxxxxxx>>: Hoi. [2019-06-11 19:02] via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx <mailto:inetbib@xxxxxxxxxx>>Populärer Artikel zu open access auf der Nachrichtenseite Vox von Vox Media(USA) https://www.vox.com/the-highlight/2019/6/3/18271538/open-access-elsevier-california-sci-hub-academic-paywalls <https://www.vox.com/the-highlight/2019/6/3/18271538/open-access-elsevier-california-sci-hub-academic-paywalls>(Den Artikel habe ich nicht gelesen. Ich gehe nur auf die zwei hier aufgefuehrten Zitate ein.)"So for now, the revolution is just beginning. “Everyone agrees, in some way, the future is open access,” UVA’s Butler says. “Now the question is, in that future, how much control do the big publishers retain over every step in the scientific process? They’ve been working for over a decade to ensure the answer is the most possible control.”Sehr treffend formuliert, wie ich finde. Was ich aber nicht nachvollziehen kann:Academic publishing isn’t a hot-button political topic. But it could be. “If citizens really cared, they could talk to their representatives and senators and tell them open access matters,” MacKie-Mason says, “and the government should get involved in changing this.“Warum braucht es eigentlich die Politik fuer OA? Es sind Wissenschaftler, die publizieren, und es sind die gleichen Wissenschaftler, die die Publikationen lesen. Wenn die Wissenschaftler von heute auf morgen OA-Publikationen bevorzugen wuerden (im eigenen Publizieren, bei Bewertungen von Publikationsverhalten, bei der Bewerberauswahl, ...) dann waere OA von heute auf morgen die Realitaet. Und konkreter: Wenn die gesamte Bibliothekswelt nur noch OA machen wuerde, von heute auf morgen, dann koennte sie sich die Haelfte ihrer OA-Schulungen sparen, weil sie in der verbleibenden Haelfte ein viel ueberzeugenderes Beispiel abgeben wuerde. Ausserdem koennte sie dann von ihren eigenen Erfahrungen berichten, wie man so einen Wandel vollzieht. Das faende ich gut. Fuer all das braucht es aber die Politik gar nicht. Letztlich braucht es die Politik wohl nur dafuer, von den oeffentlich finanzierten Bereichen die (eigentlich selbstverstaendliche) ethische Verpflichtung einzufordern, denjenigen die Ergebnisse der Arbeit zurueckzugeben, die sie ueberhaupt ermoeglicht haben. Die Politik muss das nur deshalb machen, weil's scheinbar sonst niemand macht. Wir brauchen hier endlich mal ein Umdenken! Jedes unfreie Ergebnis des oeffentlichen Dienstes muss wichtige, schriftlich formulierte und oeffentlich einsehbare Gruende haben. Alles andere und vor allem der Default muessen freie Ergebnisse sein. markus