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[InetBib] Berichterstattung zu #FakeScience - Reaktionen aus Bibliotheken?
- Date: Sat, 21 Jul 2018 17:01:04 +0200
- From: Christian Schmidt via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Berichterstattung zu #FakeScience - Reaktionen aus Bibliotheken?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Berichterstattung in den Medien, für die das Schlagwort 'Fake
Science' gewählt wurde ist jetzt zwei Tage alt (aber noch lange nicht
vorüber). Die an der Recherche beteiligten Häuser verkaufen sie als
großen Erfolg und investigativjournalistischen Coup und das Echo ist
entsprechend groß.
Wie vielen von Ihnen, die sich auch bereits rege an der Debatte im Netz
beteiligen, bewusst sein dürfte, ist dieses vermeintliche Husarenstück
durchaus problematisch und die journalistische Sorgfaltspflicht ist
entweder blind ins Sommerloch gefallen oder sehenden Auges
hineingesprungen.
Nicht nur werden verschiedene Aspekte des wissenschaftlichen
Publikationssystems und einige altbekannte Probleme munter vermischt, es
werden einige Facetten des komplexen Systems auch stark vereinfacht oder
verzerrt dargestellt und an vielen Stellen wird der Eindruck erweckt,
Forschende würden mit Absicht in unseriösen Zeitschriften
veröffentlichen und ohne Skrupel Steuergelder verschwenden. Die
beteiligten Medien sind sehr stolz auf ihre Recherche und es muss einem
Teil der Leser*innen so vorkommen, als habe 'die Wissenschaft' ein
riesiges Problem verschwiegen, dass nun endlich aufgedeckt wurde. Die
Methoden und Quellen für die Recherche scheinen nirgends offengelegt zu
sein und mit dem Begriff 'Fake Science' wird das ganze auch noch in eine
dem Zeitgeist entsprechende, aber offensichtlich problematische
Terminologie eingeordnet (einmal abgesehen davon, dass der Begriff, wenn
man ihn aufgrund seiner terminologischen Nähe zu Fake News überhaupt
noch ernsthaft in Erwägung ziehen möchte, andere Probleme in der
Wissenschaft besser beschreiben könnte - aber das ist nur ein weiteres
Problem des Reports).
Der Fallout der Berichterstattung ist bereits wahrnehmbar. Die
Diskussionen im Netz zeigen, dass bereits vorhandenes Ressentiment
gegenüber dem Wissenschaftsbetrieb Aufwind erhält und auch die
Open-Access-Kritiker stimmen ihr Lied vom 'Wir haben es ja immer schon
gewusst' mehrstimmig an.
Immerhin nimmt die sachliche und kritische Begleitung der Debatte
ebenfalls zu:
https://www.spektrum.de/kolumne/dieser-begriff-kann-der-wissenschaft-nur-schaden/1579216
https://www.spektrum.de/kolumne/das-publish-or-perish-diktat-muss-enden/1579710
https://www.deutschlandfunk.de/fake-science-problem-pseudojournale-nicht-wirklich-loesbar.676.de.html?dram:article_id=423465
https://causa.tagesspiegel.de/kolumnen/causa-autoren-1/fakesciene-und-warnung-vor-dem-hashtag.html
https://archivalia.hypotheses.org/74319;
Meine Frage an Sie: welche Bibliotheken haben bereits geplant, in naher
Zukunft darauf zu reagieren oder es bereits getan? Welche Strategie,
sich zu positionieren, wählen Sie? Bisher habe ich nur wenige Beispiele
von Bibliotheken gefunden, die sich bereits geäußert und zum Beispiel
darauf hingewiesen haben, dass sie das Thema seit langem bearbeiten und
ihre Kompetenzen dazu in Beratungsangeboten und öffentlich zugänglichen
Materialsammlungen anbieten. Es würde mich freuen, wenn Sie Ihre Ideen
teilen würden, ob und wie Sie in Ihren Häusern dem Medienecho zu
begegnen gedenken.
Viele Grüße aus Leipzig
Christian Schmidt
P.S.: Dass das Problem von Pseudoreputation nicht auf die Wissenschaft
beschränkt ist, zeigt das Beispiel Filmfestivals. Offensichtlich werden
inzwischen auch Festivals und entsprechende Preise erfunden:
https://wortvogel.de/2018/07/fake-news-lorbeer-protzerei-jetzt-auch-beim-deutschen-film/
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.