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[InetBib] Internationale Bibliotheksausnahmen im Urheberrecht: Neues zum Marrakesh-Treaty u.a.



Liebe Liste,

Die Umsetzung des Marrakesh-Treaty (Internationaler Vertrag für Werk-Kopien für 
Sehbehinderte) in der EU hat einen Sprung nach vorn getan: Im "Trilog" zwischen 
Vertretern des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission wurde 
jetzt ein Kompromissvorschlag erarbeitet, der nun dem Rechtsausschuss und dann 
dem Plenum des Parlaments vorgelegt wird.
Der Marrakesh-Treaty ist die erste internationale Vereinbarung, in der 
urheberrechtliche Ausnahmeregeln (sog. Schranken) als bindend für alle WIPO 
(World Intellectual Property Organization)-Mitgliedstaaten eingeführt hat. Er 
könnte damit auch ein Vorbild für Abkommen über international bindende 
Bibliotheks-Ausnahmen sein, die ebenfalls Gegenstand von (lang) andauernden 
WIPO-Verhandlungen sind und grenzüberschreitende Services (z.B. Webdienste, 
Kopienversanddienste) betreffen. Der dbv ist dort als "Official Observer" 
präsent. Um in den 189 WIPO-Mitgliedstaaten unmittelbar wirksam zu werden, 
müssen die Regeln dort in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. In der EU 
erfolgt die Umsetzung durch eine Richtlinie und eine Verordnung.
Der Marrakesh-Treaty sieht vor, dass bestimmte autorisierte Einrichtungen, 
darunter auch Bibliotheken, auf Bestellung Kopien ihrer Bestände in 
Blindenschrift(en) herstellen und weltweit grenzüberschreitend verschicken 
dürfen. Da der internationale vertrag an einigen Stellen Spielraum lässt, gibt 
es bei einzelnen Punkten bei der EU-Umsetzung Diskussionen.

Der Kompromissvorschlag sieht nun vor,

-          dass vor der Blindenschrift-Kopie und deren Versand nicht vorab 
überprüft werden muss, ob ein entsprechendes gewerbliches (Verlags-) angebot 
existiert. Ein solcher Verlagsvorbehalt war von einigen Mitgliedstaaten (u.a. 
Deutschland) im Rat gefordert worden

-          dass die Ausnahmeregelung vergütungspflichtig ist. Die 
Vergütungspflicht für die Schranken-Nutzung ist in Deutschland üblich, in 
anderen EU-Staaten jedoch nicht.

Weitere Infos zum Marrakesh-Treaty:
http://www.eblida.org/news/eu-compromise-on-marrakesh-treaty-directive-comes-with-a-sting-in-the-tail.html

Infos zur Mai-Session des WIPO-SCCR (Standing Committee on Copyright and 
Related Rights), u.a. zu den Ausnahmen für Bibliotheken und Archiven:

-          CHAIR'S INFORMAL CHART ON LIMITATIONS AND EXCEPTIONS FOR LIBRARIES 
AND ARCHIVES: 
http://www.wipo.int/edocs/mdocs/copyright/en/sccr_33/sccr_33_chart_on_libraries_and_archives.pdf

-          Summary by the Chair: 
http://www.wipo.int/edocs/mdocs/copyright/en/sccr_34/sccr_34_ref_summary_by_the_chair.pdf

-          Stellungnahme für den dbv (am 3. Mai): 
https://medialibrarycopyright.com/



Die Verhandlungen gingen diesmal nicht wirklich voran, aber das Thema soll auch 
weiter auf der Agenda bleiben. Ob am Ende ein bindender Vertrag (wie Marrakesh) 
oder nur nicht bindende Instrumente (wie z.B. Modellgesetze oder eine Datenbank 
der einschlägigen Schrankenregeln aller Länder)herauskommt, ist offen.


viele Grüße

Armin Talke

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Armin Talke, LL.M.
dbv-Rechtskommission
Fachreferent für Politikwissenschaft / Referent für Rechtsfragen der Benutzung
Wissenschaftlicher Dienst
Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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10785 Berlin

Tel.:         +49 30 266-4332 20
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