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Re: [InetBib] Bibliothekskataloge werden kommerziell



Lieber Herr Maass,
 
Sie sprechen einen wichtigen Aspekt an, der weit über das hier genannte Thema 
hinausgeht:
 
" aus meiner Sicht eine Folge der extremen technischen Selbstkastration
der sich öffentliche Bibliotheken seit Jahrzehnten unterziehen. Sie sind
gar nicht in der Lage unabhängige Angebote selbst zu etablieren. "...
 
" So verschwindet die Grenze zwischen Bibliotheksplattform und
Verkaufsplattform immer mehr. "
 
Die öffentlichen Bibliotheken haben keine nationale digitale Plattform für das 
Publikum, auf der sie zentrale Dienstleistungen für die Bürger anbieten 
könnten. Sie hängen in ihren lokalen Zusammenhängen fest und werden deshalb 
überregional in ihrer Bedeutung zu wenig wahrgenommen. Das gilt besonders für 
die meisten kleineren öffentlichen Bibliotheken. Die einzige nationale 
Plattform der öffentlichen Bibliotheken ist kommerziell. Es ist divibib 
http://www.onleihe.net/. Das kann so nicht weitergehen. Warum nicht einmal 
darüber nachdenken, wie man Big Data einsetzen könnte, z. B. für ein nationales 
Recommendersystem (Stichwort "Wissenbasis Deutschland")...
 
Dass es sehr wohl Wege gibt, zeigt das Beispiel des neuen KOBV-Portals für 
Berlin und Brandenburg, das mit freier Software von exzellenten Programmierern 
entwickelt wurde und von ebenso exzellenten Organisatoren mit öffentlichen 
Mitteln auf den Weg gebracht wurde (beide sollen inzwischen nicht mehr im 
Bibliotheksbereich arbeiten!). Näheres hier: https://www.kobv.de/projektende-k2/

Man muss sich nur einmal ansehen, wie die 15 Metropolenbibliotheken in 
deutschen Städten mit über 500.000 Einwohnern (Sektion 1 des DBV) ihr 
wichtigstes Kommunikationsmittel mit dem Publikum handhaben, den Webkatalog. 
Das ist z. T.  völlig vernachässigt und nicht mehr zeitgemäß. Ausgebaute 
Discoverysysteme, in die auch unselbstständige Literatur und freie Webangebote 
integriert sind wie bei den wissenschaftlichen Bbliotheken, gibt es nicht. 
Stattdessen wird das kommerzielle Angebot der Onleihe als der entscheidende 
Schritt der öffentlichen Bibliotheken ins digitale Zeitalter verkündet. Damit 
wird aber dem allgemeinen Publikum das vorenthalten, was sich im Bereich der 
wissenschaftlichen Bibliotheken inzwischen getan hat. Ihre eigentliche Mission 
können die öffentlichen Bibliotheken damit nicht mehr erfüllen. Privates Geld 
muss letztlich immer privaten Nutzen bringen.
 
Mit besten Grüßen
Peter Delin
 
 
Peter Delin
Ringstraße 100
12203 Berlin

Tel.: 030/81305675
Mobil: 015787311689
Mail: peter.delin@xxxxxx
https://dvdbiblog.wordpress.com/
 
 

Gesendet: Sonntag, 24. April 2016 um 23:17 Uhr
Von: "Philipp Maass" <philipp-maass@xxxxxx>
An: inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Bibliothekskataloge werden kommerziell
Hallo Herr Delin,

aus meiner Sicht eine Folge der extremen technischen Selbstkastration
der sich öffentliche Bibliotheken seit Jahrzehnten unterziehen. Sie sind
gar nicht in der Lage unabhängige Angebote selbst zu etablieren. Hinzu
kommt die ebenso zumindest ethisch fragwürdige Nähe der Bibliotheken,
der Hochschulen und damit auch Personen des Bibliothekswesens nach
Reutlingen. So verschwindet die Grenze zwischen Bibliotheksplattform und
Verkaufsplattform immer mehr. Schade. Ich finde es ethisch überhaupt
nicht in Ordnung, auch stellt sich die Frage ob nach kommerziellen
Gesichtspunkten geranked wird um mehr zu verkaufen. Diese Frage werden
die öffentlichen Bibliotheken aber nicht beantworten können da sie die
Dienste nicht selbst anbieten und nicht verstehen/durchdringen. Dafür
gibts ne Provision für jedes verkaufte Buch, Yeah! Am besten jetzt nur
noch das in die Onleihe nehmen was sich prima verkauft und die armen
Hunde oder wie das heißt raus! Das ist die Lizenz zum Geld drucken.
Cash-Cow Bibliothek. :'(

Beste Grüße,

--
Philipp Maass
 


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.