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Re: [InetBib] Soll "Mein Kampf" jetzt in die Stadtbücherei?
- Date: Tue, 12 Jan 2016 19:32:31 +0100
- From: "Peter Delin" <peter.delin@xxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Soll "Mein Kampf" jetzt in die Stadtbücherei?
Wie immer das auch sei, erwarten kann man diese viel diskutierte Ausgabe wohl
in den 15 zentralen Stadtbibliotheken der Städte ab ca. 500.000 Einwohner. Die
erste Auflage mit 5.000 Exemplaren, die in der letzten Woche am 8.1.2016
vorgestellt wurde, ist bereits vergriffen. Weitere 15.000 sind bestellt.
Nach Ausweis der Online-Kataloge haben folgende Zentralbibliotheken
vorausschauenden Bestandsaufbau gemacht und des Werk in ihren Katalogen als
bestellt nachgewiesen:
Die Stadtbibliotheken München (7 Exemplare, u. a. für 4 Zweigstellen),
Nürnberg, Stuttgart, Bremen und Dresden.
Nicht nachgewiesen werden konnte das Werk in den Stadtbibliotheken ZLB Berlin,
Hamburg, Köln, Frankfurt, Leipzig, Hannover, Duisburg, Düsseldorf, Essen und
Dortmund. Das kann bei diesen Bibliotheken auch daran liegen, dass noch nicht
gelieferte Exemplare nicht im Publikumskatalog angezeigt werden.
Mit besten Grüßen
Peter Delin
Peter Delin
Ringstraße 100
12203 Berlin
Tel.: 030/81305675
Mobil: 015787311689
Mail: peter.delin@xxxxxx
https://dvdbiblog.wordpress.com/
Gesendet: Dienstag, 12. Januar 2016 um 16:41 Uhr
Von: "Peter Delin" <peter.delin@xxxxxx>
An: inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Soll "Mein Kampf" jetzt in die Stadtbücherei?
Lieber Herr Günther,
das mit der Verflachungsspirale ist ganz einfach zu verstehen: Wenn Sie einen
vorwiegend bestseller-orientierten oder besser gesagt rein
effizienzorientierten, allein an Ausleihzahlen orientierten Bestandsaufbau
machen, hat das Publikum nur noch eine geringe Chance, Neues oder Unbekanntes
zu entdecken. Solche Bücher haben dann keine Chance mehr, Ausleihzahlen zu
generieren, d. h. einen vorhandenen Bedarf zu signalisieren und einen legitimen
Platz im Bestand zu finden. Diese Frage berührt also elementar die Aufgabe und
Legitimation einer öffentlichen, nicht kommerziellen, aus Steuermitteln der
Allgemeinheit finanzierten Bibliothek. Konkret auf einzelne Titel bezogen
stellt sich diese Frage selbstverständlich unterschiedlich je nach Profil und
Größe der Bibliothek. Die kommentierte Ausgabe von "Mein Kampf" bei der
aktuellen breiten öffentlichen Diskussion in wissenschafliche Bibliotheken zu
verbannen, verkennt zweifelslos einen wichtigen Teil der Aufgaben einer
öffentlichen Bibliothek und kann selbstverständlich nicht akzeptiert werden.
Herr Graf hat übrigens berechtigterweise schon in seiner ersten Mail auf das
verfehlte Bestseller-Argument als Begründung für seine Kritik abgehoben. Eine
Bestsellerliste kann letztlich keine Begründung für die Aufnahme der kritischen
Ausgabe von "Mein Kampf" in den Bestand einer öffentlichen Bibliothek sein.
Mit besten Grüßen
Peter Delin
Peter Delin
Ringstraße 100
12203 Berlin
Tel.: 030/81305675
Mobil: 015787311689
Mail: peter.delin@xxxxxx
https://dvdbiblog.wordpress.com/[https://dvdbiblog.wordpress.com/]
Gesendet: Dienstag, 12. Januar 2016 um 16:01 Uhr
Von: "Robert Günther" <guenther@xxxxxxxxxxx>
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Soll "Mein Kampf" jetzt in die Stadtbücherei?
Am 12.01.2016 um 15:17 schrieb Klaus Graf:
On Tue, 12 Jan 2016 14:23:49 +0100
Josef Wandeler <wandeler@xxxxxxxxxx> wrote:
Lieber Herr Pietsch
Ich bin durchaus Ihrer Meinung, dass Links statt einem
längeren Text sinnvoll sind. Und natürlich habe ich den
Blogeintrag gelesen und ebenso die beiden Texte, auf die
dort verwiesen wird.
Was mir gefehlt dabei: eine sinnvolle Begründung, warum
es "erbärmlich" sein soll, wenn eine Stadtbücherei ein
sehr schwierig zu lesendes Buch nur dann in den Bestand
aufnimmt, wenn es tatsächlich nachgefragt wird.
Darüber kann und soll man durchaus diskutieren, nicht
einfach mit dem verbalen Vorschlaghammer durch die Gegend
ziehen.
Tut mir leid, wenn ich Sie ueberfordere. Denkende Menschen
sind durchaus in der Lage, auch ohne lange Vorgaben
meinerseits ueber das Problem zu reflektieren, was es
bedeutet, wenn sich eine Stadtbuecherei weigert, eine sich
bewusst auch an Laien wendende wissenschaftliche Ausgabe
eines Buchs anzuschaffen, das ab 1933 wohl in jeder
oeffentlichen Buecherei womoeglich in mehreren Exemplaren
vertreten war. Es war eines der unheilvollsten Buecher des
20. Jahrhunderts. Die Ausgabe ist derzeit fester
Bestandteil der Feuilleton-"Blase". Aber die ist womoeglich
auch fuer oeffentliche Bibliotheken zu hoch.
Vermutlich ist Ihnen der Begriff "Verflachungsspirale" kein
Begriff, aber anderen sagt er sicher etwas. Zwischen der
Bibliothek als moralischer Anstalt und einer niveaulosen
Bestseller-Sammlung gibt es eine Menge von Zwischentoenen,
aber es ist mein gutes Recht als Historiker, die Haltung
dieser westfaelischen Bibliothekarin erbaermlich
geschichtsvergessen zu finden.
Und mir leuchtet es als Nicht-Bibliothekar ueberhaupt nicht
ein, wieso das Bibliothekswesen mehr und mehr
auseinanderdriftet: in den Bereich der wissenschaftlichen
und Spezial-Bibliotheken und einem zunehmend niveau- und
orientierungslosen
http://esteinhauer.tumblr.com/post/137013877060/nennt-es-nicht-bibliothek[http://esteinhauer.tumblr.com/post/137013877060/nennt-es-nicht-bibliothek][http://esteinhauer.tumblr.com/post/137013877060/nennt-es-nicht-bibliothek[http://esteinhauer.tumblr.com/post/137013877060/nennt-es-nicht-bibliothek]]
Bereich der oeffentlichen Bibliotheken, der uebrigens hier
in INETBIB kaum mehr vorkommt.
Klaus Graf
Liebe Liste.
ich muss gestehen, dass mir das kein Begriff ist.
Was ist die "Verflachungsspirale"?
--
Dr. Robert Günther
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.