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Re: [InetBib] [Forumoeb] Petition zur ZLB, Rolle der ekz und Outsourcing



Guten Abend Herr Spieler,
 
gerne möchte Ich kurz Stellung nehmen zu Ihrer Kritik und Ihrer Zustimmung an
meinen Aussagen. Wie ich das lese haben wir uns etwas missverstanden, auch weil
ich teilweise missverständlich formuliert habe. Aber so ist das wenn man seine
Meinung einfach mal abgibt.

Martin Spieler <Martin.Spieler@xxxxxxxx> hat am 17. Juni 2015 um 18:36
geschrieben:


Sehr geehrter Herr Maas,

in Ihrem Kommentar zur Petition gegen das Outsourcing-Vorhaben der
ZLB--Führung [in INETBIB, ich leite hiermit auch an FORUMOEB] zu Gunsten
der ekz bringen Sie Aspekte ein, die m.E. nur noch sehr wenig mit den
dortigen Vorgängen zu tun haben sondern sehr allgemeiner,
"bibliothekspolitischer" Natur sind.
 
Ja, ich hab einfach mal geschreiben was ich so denke (; Hängt aber alles
zusammen. Aus meiner Sicht.
 
Zu einigen Punkten möchte ich Ihnen
und dem Publikum gerne meine Sicht der Dinge darlegen und gerne zum
Nachdenken und Widerspruch anregen:

Am 13.06.2015 um 10:16 schrieb Philipp Maass:
Aus meiner Erfahrung in Öffentlichen Bibliotheken (3 Jahre FAMI und 1 Jahr
als
Kinder- und Jugendbibliothekar) weiß ich wie unzulänglich das Angebot der
EKZ
seien kann. Das heißt nicht dass es schlecht ist. Es ist eines aus denen der
Bibliothekar auswählt um einen Bestand passend für sein Stadtgebiet zusammen
zu
stellen.
Die ekz muss, um wirtschaftlich rentabel arbeiten zu können,
vorkonfektionierte und normierte Produkte und Dienstleistungen mit einer
mal mehr oder oder weniger großen Variationsbreite anbieten. Es liegt in
der Natur der Sache, dass man damit nicht die Bedürfnisse mehrerer
tausend, höchst unterschiedlicher Bibliotheken zur Gänze bedienen kann.
Nicht ein mal die ekz selbst nimmt das an. Von sehr wenigen Extremfällen
abgesehen geht sie immer davon aus, dass z.B. mit Standing Order (STO)
und Fortsetzungen nur ein je nach Bibliotheksgröße und -typ variierender
Anteil des Etats verausgabt wird. Und trotzdem reagiert sie zusätzlich
noch auf sehr individuelle Anpassungswünsche an die STO, die in den
Prospekten z.T. nur angerissen werden.
Ich selbst würde das Angebot deshalb als "insgesamt sehr gut, aber
natürlich nicht vollumfänglich den Bedarf deckend" bezeichnen. Davon
abgesehen hindert niemand - bestenfalls eine Stadtverwaltung/der OB/der
Kämmerer - eine Bibliotheksleitung daran, ihre Medien bei der ekz
jenseits der von STO oder Fortsetzung (automatisch) "einzeln", wie im
örtlichen Buchhandel zu beziehen, um jenseits der Lektoratsarbeit
wenigstens von Bearbeitungsdienstleistungen zu profitieren.
 
Ich habe nichts gegen die EKZ. Oder ihr Angebot. Ich denke nur es ist der
Qualität der Bibliothek förderlich wenn jemand (Ein Mensch, lokal, vor Ort
verankert) sich Gedanken macht was benötigt wird und nicht einfach ein
Gesamtpaket übernommen wird. Wie gesagt, aus meiner Sicht es eines der Angebote
aus denen man wählen kann.

Wenn sich die Berliner Konzeption in Kooperation mit der EKZ durchsetzen
sollte
frage ich mich wozu man dann in Öffentlichen Bibliotheken überhaupt noch
BibliothekarInnen benötigt. Wenn die Medienauswahl outgesourct wird kann im
Kinder- und Jugendbereich ein MedienpädagogIn, im Bereich Finanzen ein
BWLerIn
(Ob der dann für E9 zahlen dreht sei mal dahingestellt), für die Leitung ein
KulturmanagerIn etc. eingestellt werden. Ergänzend betreuen Spezialisten und
Nerds den Makerspace.
Ihre Darstellung empfinde ich als drastisch und verkürzend. Mir fallen
spontan sehr viele Aufgaben für BibliothekarInnen vor Ort ein, die weder
eine ekz noch ein anderer Dienstleister ersetzen könnten.
 
Können Sie Beispiele nennen?
 
Solche, die
mangels Kapazität niemand anpacken kann, weil der Berufsalltag schon
fordernd genug ist. Und selbst wenn es partiell so wäre, es spräche
nichts dagegen, jeweils abzuwägen, ob ich eine Dienstleistung selbst
erstellen oder einkaufen soll. Umgekehrt finde ich aber seltsam, wenn
einige BibliothekarInnen immer noch den Anspruch haben "alles selbst"
(und dann leider häufig schlechter) machen zu können.
Davon habe ich nicht gesprochen.
Der von Ihnen skizierte Fall, mit Spezialisten anderer Berufe
zusammenzuarbeiten, kann sehr fruchtbar für die Bibl. sein, die Stärke
liegt in der Vereinigung von unterschiedlichem Wissen, Fertigkeiten und
Erfahrungshorizinten, auf den Personalmix kommt es an.
 
Ich sehe das auch so. Eine Zusammenarbeit kann sehr fruchtbar sein. Aber meine
Frage wofür man in einer Bibliothek, die sämtliches Angebot über Standing Order
bezieht dann noch Bibliothekare benötigt, haben Sie mir nicht beantwortet.

Es spricht nichts dagegen, die von Ihnen genannten Personen in einer
Bibliothek zu beschäftigen, wenn Sie umfassend geeignet, qualifiziert
und lernwillig sind. Und sich zudem in einigen Belangen sicher besser
auskennen, als vielleicht unsere "Allround-Bibls.". Geht es Ihnen um die
Verteidigung eines Berufstandes durch Abschottung gegenüber anderen
Berufsgruppen?
 
Nein. Aber ich sehe die Frage der Berechtigung schon. Die muss gestellt werden,
sonst werden sie andere stellen. Verteidigen möchte ich nichts. Das werden wir
dann in ein paar Jahrzehnten sehen ob die BibliothekarInnen  im "Lexikon der
ausgestorbenen Berufe" zu finden sind. Wir leben aber im jetzt und ich bin davon
überzeugt das BibliothekarInnen gute und wichtige Arbeit leisten.
 
Bringen Sie einer Bibliothekarin eigentlich leichter
Medienpädagogik, Informatik oder Betriebswirtschaft bei, oder umgekehrt
einem fachfremden Akademiker das "Bibliothekswesen" oder den
"Bibliotheksbetrieb" (wie das übrigens bei WB-Bibls des höheren Dienstes
der Fall ist)?
 
Das würde jetzt wirklich zu weit führen. Können wir gerne mal in anderem Kontext
erörtern. Es ging nicht um meine EInstellung, ich habe lediglich eine mögliche
Konsequenz aufgezeigt.
 
Das ist in meinen Augen nur ein Ausspielen von
Berufsgruppen gegeneinander, das sind doch alles gleichermaßen Menschen,
die eine Arbeit suchen und sich sinnvoll einbringen können.
Katalogisiert wird ja oftmals gar nichts/wenig dank der
Fremddatenübernahme. Und wenn katalogisiert wird, dann nur lokal. Wieviele
Schüler würden von einer kooperativen Aufsatzkatalogisierung in
Zeitschriften
wie GEO oder Zeit-Geschichte profitieren?
Ja, zum Glück werden Fremddaten übernommen, finden Sie das kritikwürdig?
 
Teilweise ja, weil unzulänglich und man das katalogisieren "verlernt" und es
nicht mehr als nützlich erachtet, beispielsweise um lokale Ressourcen zu
erschließen und sich für Stadt und Bürger attraktiv zu machen.

Oder wollen Sie weiterhin örtlich katalogisieren lassen, um damit
Stellen künstlich zu erhalten?
 
Davon habe ich nie gesprochen. Ich bin ein Freund der kooperativen
Katalogisierung und halte das für ungemein nützlich. Gerade in Öffentlichen
Bibliotheken. Man könnte beispielsweise Literatur zum Abiturthema "Megacities"
(s.u.Diese Themen sind bekannt) kooperativ katalogisieren.
 
Die kooperative Aufsatzkatalogisierung
(hieß in Offline-Zeiten mal "Zeitschriften-Dienst", ZD) könnte schon
lange Realität sein, wenn sich Bibl. mit bibl. Institutionen darauf
einigen könnten, deutschlandweit Ressourcen in einen Topf oder ein
Netzwerk einzubringen, von dem dann alle profitieren könnten. Ich halte
den Hinweis mancher auf die föderale Struktur nur für einen Vorwand (sie
ist ein Hürde, sicher).
 
Die meisten ÖBs haben unterschiedliche Lokalsysteme proprietärer Art von OCLC
und wie sie alle heißen. Würde man deutschlandweit Open Source Software
einsetzen, hätte man auch nicht mehr so hässliche Kataloge die aussehen wie
Internet 1995 und von der Architektur einfach nicht mehr zeitgemäß sind.
 
WBs ist es auch gelungen, standortunabhängige
Kataloge zu schaffen - mit entsprechenden Rationalisierungseffekten.

Wenn ich als Bürger zu bestimmten
Theman belastbare Informationen brauche, würde ich mich über Dossiers in der
Bibliothek freuen, beispielsweise zum Thema "Isamlischer Staat"
"Asylbewerber"
"Bau von unterirdischen Bahnhöfen" etc. Ein Blick zurück: Erinnert sei an
Victor
Matejka und seine Pickbücher:

(http://www.univie.ac.at/zeitgeschichte/ogz/pdf/matejka_info.pdf)

Das kann dann sowohl analog (datenschutz, bpsw. die Snowden-Commons als
gedrucktes Exemplar!) als auch digital sein. Ist aber wenig chic, kostet
viel
Zeit und Mühe und bringt erst nach einiger Zeit Erträge.

Wo ist der/die BibliothekarIn? Was sind die Aufgaben? Was ist die Aufgabe
der
Bibliothek in solchen Konzeptionen?
Ich finde das alles ebenso wichtig wie Sie und habe auch den idiellen
Anspruch, dass AUCH DAS Aufgaben der Bibliotheken sein müssten.
Die Arbeit daran müsste aber a) wieder ein mal koordiniert und
kooperativ verlaufen (dass kostet auch nicht mehr Zeit und Mühe, als
wenn hunderte ÖBs das gleiche Buch einarbeiten) und b) ist nach dem
Verständnis vieler KollegInnen erst möglich, wenn andere Aufgaben nicht
mehr belasten (man kann natürlich auch einfach fordern, mehr Personal
einzustellen...). D.h. auch hier kann Rationalisierung in der Bibliothek
bei "Standard"-Vorgängen dazu führen, Zeit und Energie für etwas anderes
zu haben.
 
Ja, da bin ich bei Ihnen. Es ging mir aber um eine Bibliothek die alle Lektoren
für andere Dinge einsetzen will. Dabei sollten wir bleiben.

Tolle Online-Dossiers,und zwar tw. ganz genau zu den von Ihnen
genannten Themen finden Sie z.B. bei der Bundeszentrale für politische
Bildung.
 Die Frage ist ob man solche Ressourcen nicht zu Themensträngen, Dossiers,
zusammen führen, erschließen und verfügbar machen kann. Das würde vielen
Kollegen die tagtäglich nach "Megacities" suchen bzw. googlen, bewerten,
hinterfragen müssen, helfen.
 
 
Ich hatte gestern eine Abiturientin, die wollte für die
mündliche Prüfung etwas zu "Megacities" wissen. Angesichts des Material
dort konnte unser Bibl. mit ihrem Printmedienbestand leider einpacken,
sie hat die Hälfte der zuvor ausgesuchten Bücher wieder zurückgestellt
und immerhin die andere Hälfte ausgeliehen. Durch meine Beratung habe
ich zu einer Reduzierung der Ausleihzahlen beigetragen (für die Leserin
"zum Glück", denn das hätte sie niemals alles zielgerichtet lesen
können) und somit einen Frevel gegenüber dem "Götzen Ausleihzahlen"
begangen ;-)
 
OMG, Sie haben die Ausleihzahlen reduziert! Wenn das die Bibliotheksstatistik
wüsste... (; Nachtigal ick hör dir trapsen...Kostet auch immer viel Zeit, diese
Statistik...
 
Was ich immer sehr schade finde ist dass man wenn man Kritik anbringt
reflexartig als technikfeindlich, rückwärtsgewandt und innovationsfeindlich
hingestellt wird. (Ich meine jetzt nicht nur Sie Herr Spieler, aber was Sie mir
tw. "unterstellen" hat schon diesen Charakter). Das stimmt mich doch sehr
nachdenklich.
 
Viele Grüße,
 
Philipp Maass


MfG

Martin Spieler
(von 02/2001 bis 04/2014 ekz-Mitarbeiter im Medien-Vertrieb, dadurch
sicher geprägt, aber ganz sicher nicht voreingenommen oder parteiisch)

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