Herr Gutknecht,
ich bin ebenfalls der Ansicht, dass das Author-Pays Modell insgesamt besser
ist. Aber es ist daran eben nicht jedes Detail gut und im Subskriptionsmodell
jedes Detail schlecht.
Aufgrund der Transparenz (die heute bei Subkriptionen eindeutig fehlt) kann
überhaupt erst ein effektiver Markt entstehen, wie Björk & Salamon
aufgezeigt haben:
Glauben Sie wirklich an den effektiven Markt von APCs? Wie soll der
entstehen, wenn (wie sie ja auch selbst fordern!) die Bibliotheken die APCs
bezahlen und nicht die Autoren? Sollen Bibliotheken angesichts eines
Manuskripts einen Maximalpreis nennen, der dafür gezahlt wird? Das wird wohl
kaum so kommen. Das 2000€-Limit der DFG ist ein Ansatz zur Preisbegrenzung –
wird sich Nature Communications danach richten? Es sieht nicht so aus.
Bezüglich Ihrer Auswahl Herr Mittermaier, würde ich mich sofern Geld da ist
für
c) APC und Subkription bzw. wenn kein Geld da ist für b) entscheiden. Also nur
APCs zahlen mit der Folge, dass die Wissenschaftler 60% nicht lesen können.
Na ja, wenn kein Geld da ist, dann bleibt nur d) „gar nichts zahlen“, und
wenn wenig da ist am ehesten noch a) „nur Subskription“. Da weiß man, dass
man 36xx € zahlt und keinen Cent mehr. Aber in der Praxis wird es auch bei
uns auf b) oder c) hinauslaufen. Nur halte ich es nicht für korrekt, anderen
Bibliotheken, die sich an die 2000€-Grenze der DFG halten und deshalb a) oder
d) wählen, daraus einen Vorwurf zu machen. Sie tragen schließlich zur
Begrenzung der APCs bei.
Ein Grund für diese Radikalität ist vermutlich das Gespräch mit
Wissenschaftler
die bei Closed Access Journals von Elsevier und Co. tätig sind. An den letzten
OA-Tage hatte beispielsweise Herr Schneider, Co-Editor, von "Forensic Science
International: Genetics", Top Journal in seinem Feld, aber Closed Access bei
Elevier seine Sicht vorgestellt. Er ist auch im Vorstand der Fachgesellschaft,
die das Journal mitherausgibt. Als ich ihn fragte, ob er damit leben könnte,
wenn Bibliotheken "sein" Journal abbestellen würde meinte er Ja. Die gut 1200
Mitglieder der Gesellschaft hätten ja praktisch "freien Zugang" ->
http://youtu.be/yxZ1-a2Rvaw?t=17m57s
Oh je, das ist aber arg naiv. Glaubt er (oder gar Sie?) ernsthaft, dass
Elsevier die Zeitschrift weiter herausgibt wenn alle Bibliotheken abbestellen
und nur kostenlose Mitglieder-Abos übrigbleiben?
Die Subskriptionen erhalten in diesem Falle auch nur, da es noch dieses eine
Jahr ist. Ansonsten wäre ich sehr radikal und würde Closed Access (koordiniert
mit anderen) abbestellen und das frei gewordene Geld den Autoren zu Verfügung
stellen.
Wie an anderer Stelle schon ausgeführt: Bibliotheken erhalten nicht einen
Sack Geld, mit dem sie tun können, was sie wollen. Ich stimme ja mit Ihnen
überein, dass es in diese Richtung geht, aber es geht nicht Knall auf Fall.
Selbstverständlich gibt es das Bedürfnis Closed-Access Zeitschriften
lesen zu können, aber diese Bedürfnis kann anders gestillt werden. Für etwas
hat NPG eine Self-Archiving Policy und für etwas haben Unis Repositorien. Auch
gibt es die Praxis, das man die AutorInnen bezüglich einer Kopie anfragen
kann.
Auch gibt es die Option Einzelkauf von Artikel.
Kann man alles machen. Nur muss man auch bedenken, was die Arbeitszeit der
Wissenschaftler kostet, die andere Kollegen um Artikel anfragen und
währenddessen darauf warten müssen. Und wenn wir alle Downloads per
Einzelkauf befriedigen würden dann wäre es teurer als die Subskription und im
Übrigen immer noch Closed Access, nur mit anderem Geschäftsmodell.
Ich glaube hier muss die Bibliothekswelt zur Kenntnis nehmen, dass die
Mehrheit
der Forschenden schlicht keine Zeit für Open Access haben und absolut froh
sind, dass es Verlage gibt, die Ihnen viele Arbeit abnehmen (ob das jetzt OA
ist oder nicht ist vielen eigentlich egal bzw. sie haben keine Ahnung). Ich
denke hier MUSS die Bibliothekswelt einspringen und endlich mit Taten (und
nicht nur mit Worten) zeigen dass mit Closed Access etwas nicht in Ordnung
ist.
Denn sie kennen die Kosten und die Problematik am Besten.
Wenn nun im "Beisein von Baden-Württembergs Ministerin für Wissenschaft,
Forschung und Kunst" hochfeierlich ein intransparenter Closed-Access Deal mit
Springer unterzeichnet wird, heisst das schlicht, dass die
Bibliotheksvertreter
der Ministerin einige Fakten zum Potential von Open Access, und der
verweigerenden Rolle von Springer unterschlagen haben. Ich kann mir beim
besten
Willen nicht vorstellen, dass die Politik gegen Open Access ist. Nur bin ich
absolut davon überzeugt das viele Politiker leider häufig keine Ahnung haben
wie absurd die heutige Situation Closed Access ist. Gerade deshalb ist es mir
ein Anliegen, dass ich mich in der Schweiz für mehr Transparenz bei den
Big-Deals einsetze. Wenn die Politik tatsächlich wüsste was abgeht, dann ...
Die Situation in Deutschland beschreibt das nicht adäquat. Sie kennen doch
sicherlich beispielsweise
http://wisspub.net/2014/07/30/baden-wurttemberg-setzt-auf-e-science/
Und ja, vielleicht müsste man auch mal wie die Niederländer ehrlich
zugegeben,
dass der Grüne Weg nicht so wirklich sein Potential ausschöpft:
https://www.surf.nl/en/news/2012/04/open-access-to-dutch-research-stagnating.html
Herr Mittermaier, es nähme mich trotzdem noch wunder wie Sie nun mit der
APC-Rechnung von Nature Communications umgehen? Zahlen Sie den vollen Preis?
Ja, wir zahlen den vollen Preis. Am Programm der DFG können nur Universitäten
partizipieren, und insofern gilt für uns auch nicht die 2000€-Schranke. Wir
zahlen jede APC vom ersten bis zum letzten Cent aus dem Bibliotheksetat. Das
gilt für Gold Open Access, Farbabbildungen, Gebühr für Überlänge und sonstige
Gebühren, die sich Verlage so ausdenken, jedoch nicht Hybrid Open Access.
Besten Gruß
Bernhard Mittermaier
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Dr. Bernhard Mittermaier
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