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Re: [InetBib] Fwd: Onleihe nun auch krass unethisch



Sehr geehrter Herr Graf

Ihre Argumentation, warum der Verkaufsbutton der Onleihe unethisch ist, kann 
ich in ganz vielen Punkten nachvollziehen.

Eines muss ich jedoch kritisch sagen: Auch Bibliotheken und 
Informationseinrichtungen beachten den Gleichstellungsgrundsatz nicht immer. 
Einige Beispiele hierzu:

1. Zahlreiche Bibliotheken in Deutschland und der Schweiz haben noch immer 
keine Rampe für Rollstuhlfahrer, so dass diese schlicht draussen bleiben müssen.
2. Obwohl in den meisten Bibliotheken wesentlich mehr Frauen als Männer 
arbeiten, sind Frauen in Führungspositionen von Bibliotheken so gut wie nicht 
existent.
3. Unzählige Bibliotheken berücksichtigen in ihren Beständen die 
Literaturbedürfnisse von Homosexuellen und Transsexuellen nicht (ja sie kennen 
sie nicht einmal). Haben Sie mal ein Buch zum Thema, dann verschlagworten sie 
es unter heute völlig veralteten Begriffen wie Lesbierinnen oder Tribadie. 
4. Zahlreiche Bibliotheken in der Schweiz vernachlässigen die Ausbildung des 
Nachwuchses, obwohl sie sich im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten als Arbeitgeber 
hierzu eigentlich verpflichtet fühlen sollten.
5. Zahlreiche Bibliotheken in Deutschland zahlen ihren Bibliothekaren einen 
Hungerlohn, so dass diese in immer grösserer Zahl ins Ausland abwandern (brain 
drain). 

Es gibt ein Sprichwort das heisst: "Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit 
Steinen werfen". Dies würde ich auch Ihnen, Herr Graf, gelegentlich gerne 
raten: insbesondere dann, wenn Sie sich mal wieder einer Mitarbeiterin der HTW 
Chur gegenüber im Ton vergreifen. Im übrigen gibt es auch Menschen wie mich, 
die das Angebot der Onleihe Schweiz durchaus zu schätzen wissen. Und dies 
obwohl ich es ebenfalls für einen Fehler halte dort einen Verkaufsbutton zu 
installieren.

Freundliche Grüsse

Stefanie Günther
Ärztin
Studentin Informationswissenschaften
Burgfeldermattweg 36
4123 Allschwil
Tel 061/4215015
Natel 079/6402138





---- Original Message ----
From: h0228kdm <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx>
To: inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Sent: Sa, Sep 20, 2014, 12:34 PM
Subject: [InetBib] Fwd: Onleihe nun auch krass unethisch

1. Kann mir irgendjemand erklären, wie man bei Onleihe über einen 
„Verkaufsbutton“ ein e-Book kaufen kann, wenn man bei e-Books 
grundsätzlich nur begrenzte Nutzungsrechte bekommt. Korrekt nennt man so 
etwas Etikettenschwindel.

2. Bibliotheken dafür zu schelten, dass man sie im digitalen Bereich 
juristisch enteignet hat, erscheint mir ungerecht und abwegig.

3. Bei genauerem Hinsehen ist Onleihe darum auch keine 
Bibliotheksausleihe, sondern eine privatwirschaftliche Ausleihe, die von 
Öffentlichen Bibliotheken bezahlt wird, weil viele  Verlage den 
Bibliotheken dieses Recht entziehen.

4. Dass Bibliotheken im Prinzip seit Jahrhunderten Leseförderung 
betreiben kann heute unmöglich zu Erstaunen führen. Ärgerlicher an der 
durchaus berechtigten Onleihe-Kritik ist die immer offener betriebene 
Verknappung von publizierter Information, um Menschen zu zwingen, 
überzogene, da durch Verwertungsrechte monopolisierte Preise zu zahlen. 
Die Onleihe wird zum Teaser für einen Kauf, der gar keiner ist. Also die 
juristisch sanktionierte Gegenrichtung, für die einst Bibliotheken und 
Verlage eingetreten sind. Wir wissen doch alle, dass das Vervielfältigen 
von Publikationen heute vernachlässigbar preiswert erfolgen könnte, wenn 
sich das Verlagswesen nicht ununterbrochen Tricks einfallen ließe, wie 
man die Infomrationsverbreitung verknappen kann.

5. Es ist kein Zufall, dass Wissenschaft in ihrer Entstehung finanziert 
wird, und nicht über den Gewinn aus Publikationen.

6. Auch Autoren und Verlage sollten dafür bezahlt werden, was sie 
wirklich leisten, und nicht über irrationale und völlig veraltete 
Vorstellungen von Auflagenhöhen und Druckkosten. Solange Juristen nicht 
den Unterschied zwischen Information, Wissen und Redundanz begreifen, 
werden sie weiter in ein abwegiges juristisches Fahrwasser mit immer 
mehr Ungerechtigkeiten abgleiten. Die Folge dieser Entwicklung ist in 
erster Näherung: Je größer der Unfug, desto höher die Auflage und desto 
größer der Gewinn. Früher nannte man das die Verdummung der 
Gesellschaft, die man mit Öffentlichen Bibliotheken zu bekämpfen 
versuchte.

MfG
Walther Umstätter


-------- Originalnachricht --------
Betreff: [InetBib] Onleihe nun auch krass unethisch
Datum: 2014-09-19 18:53
Von: "Klaus Graf" <klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
An: "Internet in Bibliotheken" <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Antwort an: Internet in Bibliotheken <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>

Der neue Verkaufsbutton der Onleihe empoert vermutlich
nicht nur die Blogger, die sich kritisch geaeussert haben:

http://ultrabiblioteka.de/?p=1410 (mit Anfrage an die
dbv-Ethik-Kommission)

http://archiv.twoday.net/stories/985930617/ (Weitere Links)

Aus meiner Sicht offenbart das Phaenomen Onleihe das ganze
Versagen der deutschsprachigen oeffentlichen Bibliotheken
in Sachen digitale Kultur.

Gern wuerde ich auch einige Worte zur rechtlichen Lage
sagen, aber eine der schlechtesten Nationalbibliotheken der
Welt hat die auf

http://www.bibliotheksverband.de/fachgruppen/kommissionen/recht/publikationen/organisation.html

verlinkte Arbeit

Privatwirtschaftliche Betätigung kommunaler Bibliotheken
Monika Rasche
In: Bibliotheksdienst 27.(1993), S. 1346

unter der bisherigen Adresse aus dem Netz genommen.

Klaus Graf

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http://www.inetbib.de

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http://www.inetbib.de

Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.