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Re: [InetBib] Kein EIS
Lieber Herr Umstätter,
wir haben etliche Ausbildungseinrichtungen mit zahlreichen
Absolventen, laufende bzw. abgeschlossene Forschungsprojekte,
Befragungen, unzählige zu diskutierende Probleme und ausgebildete
Bibliothekare, Dokumentare, Informationswissenschaftler bzw. Knowledge
Manager, da wäre es verwunderlich, wenn die nicht eine EIS-Kugel mehr
zu produzieren und zu vernaschen bereit wären.
das werden wir - gut empirisch - ja bald wissen, wenn Informationspraxis
und o-bib an den Start gehen. :)
Was die systematische Auswertung von Literatur angeht, so ist das
solange keine Lösung, als es keine Kultur gibt, diese Dinge auch zur
Kenntnis zu nehmen. Dafür müsste man selbstreferenzielles Projektdenken
und zuviel quasi-politisches Gehabe, das im Bibliothekswesen leider
Einzug genommen hat, ablegen und einfach wieder neugierig werden. An
diesem Punkt wäre auch die Frage nach der Interdisziplinarität zu
stellen. Gerade die Kulturwissenschaften haben viel zu dem, was
Bibliotheken tun, zu sagen. Man denke nur an memory studies und
dergleichen mehr. Wenn insbesondere der höhere Dienst auf die spezifisch
fachwissenschaftliche Ausbildung seiner Angehörigen - zu Recht, wie ich
meine - großen Wert legt, dann sollte das damit gegebene Potenzial auch
und gerade für interdisziplinäres Arbeiten genutzt werden. Das passiert,
aber leider viel zu wenig. Die eigene Fachlichkeit nur noch bei
Aussonderungsentscheidungen oder durch Nicken an der richtigen Stelle
beim Kaffee mit dem Ordinarius zu pflegen, ist doch etwas wenig ...
Bei der Kommunikation mit Politikern würde ich Ihnen als Rhetoriker
widersprechen. Politische Einflussnahme funkioniert anders als
wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung. In der Wissenschaft werden Fragen
mit Argumenten (vorläufig und kritikwürdig) beantwortet, in der Politik
werden Fragen (vorläufig endgültig und nicht kritisierbar) mit Macht
entschieden. Hier sind andere Mittel der Überzeugung anzuwenden, wobei
die "wissenschaftliche" Erkenntnis hierbei nur eine
ornamental-argumentative Funktion hat. Inhaltlich findet im politischen
Raum keine Debatte statt. Wer das will, überfordert die Politik und muss
notwendigerweise frustriert sein. Was man aber fordern muss, wenn man
sich in die Arena politischer Kämpfe begibt und nach den dortigen Regeln
spielt, ist etwas, worauf die antiken Rhetoriker großen Wert gelegt
haben, nämlich seine Aussagen verantworten zu können. Wenn ich in der
Rolle eines wissenschaftlichen Sachverständigen auftrete, dann rede ich
vielleicht in Schlagworten und Begriffsblasen um des politischen
Effektes willen, ich muss aber immer sicherstellen, dass ich das, was
ich sage, auch vor einem wissenschaftlichen Publikum verantworten kann.
So gesehen finde ich es nicht schlimm, wenn man lobbyistisch agiert,
wenn und soweit das, was man sagt, aus wissenschaftlich redlich ist.
Hier gebe ich Ihnen Recht, hier kann man noch einiges verbessern. Aber
das ist eine ganz andere Baustelle.
Viele Grüße
ste
--
Prof. Dr. Eric W. Steinhauer
Dezernent für Medienbearbeitung
Fachreferent für Allgemeines, Rechts-, Staats- und Politikwissenschaft
Fernuniversität in Hagen - Universitätsbibliothek
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