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[BGH-Pressemitteilungen] Bundesgerichtshof zur Nutzung
urheberrechtlich geschützter Werke auf elektronischen Lernplattformen
von Universitäten
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29. November 2013 10:54
An: BGH-Pressemitteilungen@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 194/2013 vom 29.11.2013
Bundesgerichtshof zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke auf
elektronischen Lernplattformen von Universitäten
Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass eine Universität den
Teilnehmern einer Lehrveranstaltung nur dann Teile eines
urheberrechtlich geschützten Werkes auf einer elektronischen
Lernplattform zur Verfügung stellen darf, wenn diese Teile höchstens
12% des Gesamtwerks und nicht mehr als 100 Seiten ausmachen und der
Rechtsinhaber der Universität keine angemessene Lizenz für die Nutzung
angeboten hat.
Der Kläger ist der Alfred Kröner Verlag. Er ist Inhaber der
urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem von ihm verlegten Werk
"Meilensteine der Psychologie". Die Beklagte ist die Fernuniversität
in Hagen. Sie hat mehr als 4.000 Studierenden, die im
Bachelor-Studiengang Psychologie den Kurs "Einführung in die
Psychologie und ihre Geschichte" belegt hatten, 14 vollständige
Beiträge mit insgesamt 91 Seiten des 528 Textseiten umfassenden Buches
"Meilensteine der Psychologie" auf einer elektronischen Lernplattform
als PDF-Datei zum Lesen, Ausdrucken und Abspeichern zur Verfügung
gestellt. Ein Angebot des Klägers zum Abschluss eines Lizenzvertrages
hat sie abgelehnt.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe damit das Urheberrecht
an dem Werk verletzt. Er hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in
Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht
beantragt. Die Beklagte meint, sie sei nach der Schrankenregelung des
§ 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG zur fraglichen Nutzung berechtigt. Nach dieser
Bestimmung ist es zulässig, veröffentlichte kleine Teile eines Werkes
zur Veranschaulichung im Unterricht an Hochschulen ausschließlich für
den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern öffentlich
zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und
zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.
Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte könne
sich nicht mit Erfolg auf § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG berufen, weil die
auf der Lernplattform eingestellten Beiträge nicht als "kleine" Teile
des Werkes "Meilensteine der Psychologie" anzusehen seien und auch
nicht zur Veranschaulichung im Unterricht gedient hätten. Der
Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an
das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sind unter "kleinen" Teilen eines
Werkes entsprechend einem zwischen der Verwertungsgesellschaft Wort
und den Bundesländern geschlossenen "Gesamtvertrag zur Vergütung von
Ansprüchen nach § 52a UrhG für das Öffentlich-Zugänglichmachen von
Werken für Zwecke des Unterrichts an Schulen", der gleichfalls
Sprachwerke betrifft, höchstens 12% des gesamten Werkes zu verstehen.
Darüber hinaus sei eine - vom BGH mit 100 Seiten definierte -
Höchstgrenze erforderlich, weil ansonsten ganze Bände eines
mehrbändigen Werkes ohne Einwilligung des Urhebers öffentlich
zugänglich gemacht werden dürften. Die Beklagte habe demnach
grundsätzlich bis zu 63 Seiten des Werkes "Meilensteine der
Psychologie" auf der Lernplattform einstellen dürfen. Das Einstellen
der Beiträge habe - so der BGH - auch der Veranschaulichung im
Unterricht gedient. Dem stehe, anders als das Berufungsgericht gemeint
habe, nicht entgegen, dass sie den Unterrichtsstoff nicht nur
verdeutlicht, sondern auch ergänzt hätten. Entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts erlaube die Schrankenregelung des § 52a Abs. 1 Nr. 1
UrhG auch nicht nur ein Bereithalten kleiner Teile eines Werkes zum
Lesen am Bildschirm. Vielmehr gestatte sie deren Zugänglichmachen auch
dann, wenn Unterrichtsteilnehmern dadurch ein Ausdrucken und
Abspeichern der Texte ermöglicht werde. Nach Ansicht des
Bundesgerichtshofs ist ein Zugänglichmachen allerdings nicht geboten
im Sinne von § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG, wenn der Rechtsinhaber der
Hochschule eine angemessene Lizenz für die fragliche Nutzung angeboten
hat. Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Berufungsgericht
zurückverwiesen, das nun die Angemessenheit des Lizenzangebots des
Klägers zu prüfen haben wird.
Urteil vom 28. November 2013 - I ZR 76/12 - Meilensteine der Psychologie
LG Stuttgart - Urteil vom 27. September 2011 - 17 O 671/10
GRUR-RR 2011, 419
OLG Stuttgart - Urteil vom 4. April 2012 - 4 U 171/11
GRUR 2012, 718
Karlsruhe, den 29. November 2013
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