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Re: [InetBib] LIBREAS Call for Paper #25: Bibliothekarin sein – Nutzerin sein. Frauen und Bibliotheken



Lieber Karsten Schuldt,

ich freue mich über die Themenwahl für LIBREAS Nr. 25: "Frauen und Bibliotheken", dazu werde ich mich demnächst ausführlicher äußern und Ihre Ankündigung einstweilen auch an das Netzwerk der Berliner Frauen-/ Lesbenarchive und -bibliotheken weiterleiten. Vorab nur der Hinweis auf einen Fehler, der Ihnen bei den Literaturangaben unterlaufen ist . Mein Aufsatz zu "Bona Peiser - Deutschlands erste Bibliothekarin" in BuB erschien nicht 1985, sondern 1995. Bitte die entsprechenden Hinweise auch im Textteil korrigieren. Ebenso würde ich mich freuen, wenn Sie die Schreibweise meines Namens in korrekter Weise vereinheitlichen.
Mit vielen Grüßen,
Frauke Mahrt-Thomsen.



----- Original Message ----- From: <Karsten.Schuldt@xxxxxxx>
To: <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Sent: Monday, November 18, 2013 6:09 PM
Subject: [InetBib] LIBREAS Call for Paper #25: Bibliothekarin sein – Nutzerin sein. Frauen und Bibliotheken

Werte Kolleginnen und Kollegen,
werte Damen und Herren,

im Namen der LIBREAS-Redaktion freue ich mich, Sie mit dieser Mail auf den neu erschienenen Call for Paper der LIBREAS. Library Ideas zum Schwerpunkt "Bibliothekarin sein – Nutzerin sein. Frauen und Bibliotheken" (http://libreas.wordpress.com/2013/11/18/4384/ und im Anhang) hinweisen zu können. Wir würden uns über zahlreiche, engagierte und gerne auch provokative Beiträge freuen.
Ich möchte die Möglichkeit nutzen und sie zudem darauf hinweisen, dass wir 
weiterhin an Beiträgen für die Ausgabe #24 zum Schwerpunkt "Zukünfte" 
interessiert sind. (Die Deadline für diese Ausgabe ist der 31.01.2013, 
http://libreas.wordpress.com/2013/07/01/libreas-call-for-papers-libreas-24-zukunfte/)
m.f.G.
Karsten Schuldt



LIBREAS Call for Paper #25: Bibliothekarin sein – Nutzerin sein. Frauen und Bibliotheken
Einst waren Bibliotheken eine männliche Domäne, heute sind sie eine 
weibliche. (kontinuierlich festgestellt, siehe zum Beispiel Schiller 1974) 
Thomas Adametz bezeichnet in seinen 1987 und 1992 publizierten Aufsätzen 
Bona Peiser als „erste Volksbibliothekarin“. (Adametz 1987; 1992) Für 
Frauke Mahrt-Thomsen (Mahrt-Thomsen 1985) war Bona Peiser bereits 1985 
„Deutschlands erste Bibliothekarin“. Sie unterstrich dies unlängst in der 
ersten Monografie über Bona Peiser, wobei sie bei der Gelegenheit das 
„Volk“ im Titel strich. Bona Peiser ist nun „die erste deutsche 
Bibliothekarin“. (Marth-Thomsen 2013) Was macht den kleinen Unterschied 
zwischen Volksbibliothekarin und Bibliothekarin aus? Oder stellt sich 
diese Frage im Nachhinein gar nicht? Spielt es eine Rolle, dass sie eine 
öffentliche Bücherhalle in Kreuzberg (betrieben von der Deutschen 
Gesellschaft für ethische Kultur, die sich dafür wiederum von Public 
Library-Prinzipien aus den USA anregen ließ) leitete und nicht etwa die 
Büchersammlung eines Wissenschaftskollegs? Beachtet man den historischen 
Kontext, darf man nicht vergessen, dass es nach Bona Peisers 
Bibliotheksleitungsposition noch fast 20 Jahre dauern sollte, bis Rahel 
Hirsch als erste Professorin der Medizin in Deutschland berufen wurde. 
Bibliothekarinnen waren zu diesem Zeitpunkt schon fast zum Alltag 
geworden. Die Deutsche Monatsschrift für Russland meldete im Jahr 1912: 
„Mehr als 400 Frauen sind jetzt in diesem Berufe tätig […].“ (Sprengel 
1912, 320)
Bona Peiser wurde am 26. April 1864 in Berlin geboren. Folglich jährt sich 
ihr Geburtstag 2014 zum 150sten Mal. Für LIBREAS ist dies der Anlass, die 
Ausgabe #25 den Frauen im Bibliothekswesen zu widmen. Wie haben sie dieses 
hierzulande geprägt, wie in anderen europäischen beziehungsweise weiteren 
Ländern? Welche Namen sollten aus welchen Gründen präsent sein, bleiben 
oder werden? Wer sind die Heldinnen des Bibliothekswesens? Oder benötigen 
Bibliotheken keine Heldinnen? Wie gestalten Frauen die Gegenwart, wie die 
Zukunft der Bibliotheken? Warum ist die Bibliothek heute ein weiblicher 
Ort? Sicherlich gibt es ein Zusammenspiel zwischen Status, Einkommen, 
Berufsperspektiven und Geschlecht, aber wie genau findet dieses 
Zusammenspiel im Bibliothekswesen statt? Wird die Bibliothek in Zukunft 
ein weiblicher Ort bleiben?
Mehrere feministische Texte haben darauf hingewiesen, dass im 
US-amerikanischen Bibliothekswesen Frauen durch Melvil Dewey als Personal 
eingeführt wurden, weil er ihnen zuschrieb, genau und sozial arbeiten zu 
können, dabei aber weniger zu kosten, als Männer. Diese zwiespältige 
Haltung, welche „weibliche Tugenden“ betonte, Frauen einen Arbeitsmarkt 
eröffnet, aber gleichzeitig nicht nur kostenbewusst, sondern eben auch 
sexistisch war (zuerst Vann 1977), finden sich auch in der deutschen 
Bibliotheksgeschichte.
„Dieses Persönlich-Geistige des bibliothekarischen Berufs zieht die Frauen 
erfahrungsgemäß stark an, und es ist keine Frage, daß die Frau für dieses 
Gebiet gute Eigenschaften mitbringt. Ist es ihr nicht von Natur gegeben, 
auf andere einzugehen, besitzt sie nicht Schmiegsamkeit des Geistes und 
die Elastizität, die es allein ermöglichen, Menschen mit den 
verschiedensten geistigen Bedürfnisssen zu verstehen? Fühlt sie nicht und 
sieht, wonach gesucht wird, während der Mann noch des erklärenden Wortes 
bedarf? Und ist es nicht gerade ihre ‘Liebe zu den Büchern’, die sie in 
die Bibliothek führt? Das alles ist, obwohl auch hier nicht 
verallgemeinert werden darf, richtig, und das alles sind wichtige 
Voraussetzungen für erfolgreiches Wirken.“ (Hoffmann-Bosse 1915, 11)
Im Dokumentarfilm „Geschlecht – (k)eine Frage in Bibliotheken?“ von Danilo 
Vetter kommt neben Margit Hauser, Elisabeth Wiesbaum und Monika Bargmann 
auch Helga Lüdtke zu Wort (Vetter 2013). Sie selbst versteht sich primär 
nicht mehr als Bibliothekarin, „sondern als freiberuflich tätige, an 
Bibliotheken weiterhin interessierte Frau“. Vetter greift in seinem Film 
vier Themen auf: Feminisierungen, Feministische Kritik, Gender 
Mainstreaming und Stereotype und Image. Damit liefert er vier sogenannte 
Momentaufnahmen, die zu der Selbstreflexion einladen, die wir gern auch in 
LIBREAS spiegeln möchten.
Und natürlich geht es nicht nur um das Bibliothekspersonal. In vielen 
Bibliotheken übersteigt die Zahl der Nutzerinnen die der Nutzer. Gerade 
Öffentliche Bibliotheken erscheinen teilweise als weibliche Domäne. Aber 
stimmt das? Und wenn ja, was bedeutet das? Ist das gut oder muss das 
verändert werden?
Schließlich ergibt sich daraus auch die Frage, ob beziehungsweise wie sich 
das mit Bibliotheken assoziierte feminine Rollenbild auf die Männer 
auswirkt, die in diesen als Mitarbeiter oder Nutzer aktiv sind. So 
versucht beispielsweise der Onleihe-Kinospot ausdrücklich das 
Erwartungsbild zu brechen, in dem es einen betont viril wirkenden 
Bibliothekar ans Regal stellt, der, ganz rollentypisch, die Nutzerin 
darüber aufklärt, dass man auch E-Books ausleihen kann. 
(ekzLibraryServices 2013)
Bespricht man Frauen in Bibliotheken, muss man natürlich auch 
Geschlechterverhältnisse berücksichtigen. Und schließlich kann man auch 
danach fragen, weshalb seit Jahrzehnten Frauenbibliotheken bestehen und 
nach wie vor betrieben werden.
LIBREAS freut sich auf Beiträge, die über den Moment hinausgehen. Auf 
Beiträge über Frauen von Frauen und/oder Männern, die nicht nur stets 
wiederkehrende Klischees beinhalten, sondern vor allem die früheren 
Diskussionen zum Thema, die zum Teil eingeschlafen erscheinen, wieder 
beleben. Oder die Klischees einfach durchleuchten und bei Bedarf 
zerpflücken. Formal ist wie immer alles erwünscht und möglich, von der 
wissenschaftlichen Analyse über das Essay bis hin zu künstlerischen 
Zugängen. Gerne steht die Redaktion für Diskussionen zu Textideen bereit. 
Deadline ist der 16.05.2014.
LIBREAS-Redaktion
(Berlin, Bielefeld, Chur, Mannheim, Potsdam)

Literatur:
Adametz, Thomas: Bona Peiser – Berlins erste Volksbibliothekarin. In: Der Bibliothekar 41(1987), S. 111-113. Adametz, Thomas: Bona Peiser (1864-1929) : Wegbegleiterin der Bücherhallenbewegung und Deutschlands erste Volksbibliothekarin. In: Leidenschaft und Bildung, Berlin 1992, S. 133-141. ekzLibraryServices: Onleihe - Der Kinospot. http://www.youtube.com/watch?v=G6TOOclDBps [17.11.2013]. Hoffmann-Bosse, Elise: Die Frau im Dienste der volkstümlichen Bibliothek: Eine Auskunft für weitere Kreise über den Beruf der Bibliothekarin an der volkstümlichen Bibliothek (Schriften der Zentralstelle für volkstümliches Büchereiwesen ; 2). Leipzig : Theid. Thomas Verlag, 1915. Mahr-Thomsen, Frauke: „Die öffentliche Bücherei muß jederzeit für jedermann unentgeltlich offenstehen“ : Bona Peiser – Deutschlands erste Bibliothekarin. In: BuB 47 (1985) 1, 56-60. Mahr-Thomsen, Frauke: Bona Peiser : die erste deutsche Bibliothekarin. Berlin: BibSpider, 2013. Schiller, Anita R.: Women in Librarianship. In: Advances in Librarianship 4 (1974), 103-147. Sprengel, Auguste: Die Berliner Ausstellung “Die Frau in Haus und Beruf” und der deutsche Frauenkongreß. In: Deutsche Monatsschrift für Rußland 1 (1912) 4, 307-312 ; 1 (1912) 5, 385-397 ; 1 (1912) 6, 502-512. Vann, Sarah K.: Melvil Dewey: His Enduring Presence in Librarianship (The Heritage of librarianship series ; 4). Littleton, Co : Libraries unlimited, 1977. Vetter, Danilo: Geschlecht – (k)eine Frage in Bibliotheken? http://www.youtube.com/watch?v=uWR-YQz2Pp8 [08.03.2013].
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