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Re: [InetBib] Alternde Türsteher der Wissenschaft



Liebe Listenteilnehmer,

der Science-Artikel verweist auf ein wichtiges und auch bekanntes Problem, das 
aber vielleicht noch nicht dazu berechtigt, die Vorabbegutachtung von 
Manuskripten im Internetzeitalter für veraltet zu erklären. Hier ein paar 
Erfahrungen aus der Praxis:
Namentlich in der amerikanischen Tradition haben Gutachter nicht selten die 
Tendenz, bei nichtkonformen Manuskripten ein völliges Umschreiben im Sinn der 
dominanten methodischen Trends zu fordern. Sie machen dabei oft kleinteiligste 
Vorschriften. In Europa hat, jedenfalls in der Geschichtswissenschaft, dieses 
Vorgehen eher wenig Kredit. Die Gutachter haben generell mehr Verständnis für 
methodischen und thematischen Pluralismus und wägen mehr aufgrund der 
immanenten Logik des Manuskripts ab. Im Zweifelsfall geben sie den Ball an die 
Herausgeber zurück ‒ mögen die entscheiden, ob das Manuskripts ins Profil der 
Zeitschrift passt. Hinzu kommt die Politik der Herausgeber und der Redaktion: 
Gibt man unkonventionellen Arbeiten eine Chance? Wir tun es. Dann wählt man in 
solchen Fällen nicht gerade Gutachter aus, die dafür bekannt sind, dass sie 
alles abschmettern, was nicht in ihr Weltbild passt. Und wenn man tatsächlich 
einmal ein Manuskript abgelehnt hat, das dann in einer anderen Zeitschrift den 
neuen "turn" ausgelöst hat: Was macht's? Schließlich lebt die Welt von der 
Vielfalt!

"Peer reviewing" heißt auf Deutsch Fachbegutachtung. Das ist ein Prinzip, das 
sich durch alle Fasern des modernen Lebens zieht, so dass ich mir nicht 
vorstellen kann, dass es sich für die Wissenschaft ernsthaft erschüttern und in 
Frage stellen lässt. Wenn Sie heute ein Haus bauen, brauchen Sie -zig 
Gutachten: Statik, Energieeffizienz, Lüftung, Schalldämmung usw. Das erspart es 
Ihnen nicht, um im Bild zu bleiben, vorher festzulegen, was für ein Haus Sie 
wollen, die Gutachter entsprechend dieser Präferenz auszuwählen, die richtigen 
Fragen zu stellen und am Schluss selber zu entscheiden. Sich ganz und gar den 
Gutachtern auszuliefern, ist unklug. Dann können Sie gleich Ihre groben 
Planskizzen ins Internet stellen und die Nachbarn weiterplanen lassen. Das wäre 
wahrscheinlich das Modell, das sich Herr Umstätter vorstellt.

Herzlich

Hermann Beyer-Thoma
---
Redaktion der Jahrbücher für Geschichte Osteuropas
Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Regensburg
Landshuter Straße 4
93047 Regensburg
Telefon: +49 941 943-5414
Fax:  +49 941 943-815414
E-Mail: Beyer-Thoma@ ios-regensburg.de
http://www.ios-regensburg.de/publikationen/zeitschriften/jgo.html

Ansprechpartner in der Redaktion:
Dr. Hermann Beyer-Thoma (Beyer-Thoma@xxxxxxxxxxxxxxxxx): Leitung
Reinhard Frötschner, M.A. (jgo@xxxxxxxxxxxxxxxxx): Redaktionsassistenz


 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von h0228kdm
Gesendet: Dienstag, 26. März 2013 06:07
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: [InetBib] Alternde Türsteher der Wissenschaft

Liebe Listenteilnehmer/innen,

Publikationen, die in einer Zeitschrift abgelehnt werden und in einer anderen 
dann erscheinen, werden öfter zitiert, haben V. Calcagno et al. 
in Science veröffentlicht. Sie meinen:
"Papers that are more likely to contend against the status quo are more likely 
to find an opponent in the review system — and thus be rejected — but those 
papers are also more likely to have an impact on people across the system". 
Leider hielt es Science nicht für notwendig mitzuteilen, wie signifikant die 
Werte sind. So reiht sich aber langsam ein Sargnagel an den anderen beim 
veralteten Pre Peer Reviewing im Internetzeitalter.
http://www.the-scientist.com/?articles.view/articleNo/32787/title/The-Benefits-of-Rejection/

Mit freundlichen Grüßen

Walther Umstätter

--
http://www.inetbib.de

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http://www.inetbib.de

Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.