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Re: [InetBib] das Geschlecht - ehemals: Stellenausschreibung der UB Wuppertal
- Date: Wed, 6 Feb 2013 14:19:07 +0000
- From: Annette Kustos <Annette.Kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] das Geschlecht - ehemals: Stellenausschreibung der UB Wuppertal
Hallo,
könnten wir bitte wenigstens ab jetzt den Betreff ändern: die arme UB Wuppertal
hat nun mit dieser Thematik hier gar nichts mehr zu tun. (Wir wissen auch
alle, dass die Ausschreibungsformalia vorgeben sind).
Liebe Frau Ecks,
die Tatsächlichkeit von früherer Benachteiligung soll hier gar nicht bestritten
werdenn, im Einzelnen wären Ihre Daten zu prüfen, aber das ist ja jetzt keine
Online-Studie hier.
Ich erlaube mir doch noch einige Anmerkung zum Thema, zu dem ich nichts
anmerken wollte:
1. am besten funktioniert Gleichstellung über Infrastruktur zu der alle
gleichen Zugang haben oder je nach Lebenssituation davon profitieren können.
Hier glänzen unsere Träger und Regierungen gerade mal wieder nicht. Projekte,
Studien, Statistiken, Beratersysteme, darin enthalten jedesmal das Wort
"Nachhaltigkeit", das die Politik im Moment des Unterbringens dieses Wortes
justamente geistig in Faktizität umwandelt, sind hier der große Sport. Dazu
gehören mit Verlaub auch Gender und Diversity Projekte ohne Ende während die
Stadtbücherei geschlossen wird. Als Mutter würde ich mein Kind lieber gerne
dort lesen, spielen und lernen lassen.
2. ich wünsche mir wahrlich nicht die Situation der 50er Jahre, in der ich
meinen Mann hätte fragen müssen, ob die Bibliothekarin werden darf. NEIN, ich
hätte auch schon damals nicht gefragt. Allerdings sind für viele Ungleichheiten
der Vergangenheit und auch nicht der Gegenwart allgemein die jetzt lebenden
Männer verantwortlich.
Die Sicht, die Männer sollten doch bei einer Proporzpersonalauswahl nicht
janken bis zu dem Tage, an dem alle Ungleichheit der Lebensumstände der Frauen
ausgeglichen seien, ist nicht nur keine Gleichstellung, sondern sowas wie eine
archaische Vorstellung von Ausgleich und Buße und damit in jedem faktischen
Fall eine Ungerechtigkeit.
Im Grunde gehören diese ganzen Sätze der "Berücksichtigung von" überhaupt nicht
unter eine Stellenausschreibung, und das gar nicht aus der Logik von Kritikern
der Gleichstellungsforderungen. Nein, die neueste Version des
Gleichstellungsgedankens, die von Vertreterinnen und Vertretern des GEnder und
Diversity Bereichs selber proklamiert wird, lässt das gar nicht mehr zu, fasst
sie diesen ja viel weiter. Damit sind sogar eigentlich
Gleichstellungsbeauftragte, die sich per Gesetz um "alle Belange der Frauen"
kümmern sollen, ein Systemproblem! Ich bin gespannt, wann die neuen Begriffe
kommen, um das zu umfassen und wie die wohl lauten.
3. Sind Sie sicher, dass es immer um Freiheit geht, einen Beruf zu ergreifen,
"Wahl" etc.
Ich nehme wahr, dass offenbar zwei Einkommen nicht mehr reichen, damit die
Familie entscheiden kann, wer von beiden Partnern für eine finanzielle
Grundlage sorgt und wer erzieht etc.. Ich nehme wahr, dass es um Angst geht,
ausgegrenzt und aus dem System geschmissen zu werden, Angst vor Abhängigkeit
etc.
In den letzten Jahren hat man quasi die rechtliche "Infrastruktur" des
Arbeitsrechtes, der Löhne etc. so nach unten gezogen, dass viele dieser
Probleme erst entstanden sind. Der Staat finanziert diese Zugeständnisse an die
Wirtschaft dabei nicht nur über Lohnzusatzleistungen aus, sondern mittelbar
auch durch die Finanzierung von Zeit für Arbeit. Auch diese Funktion erfüllt
eine Kita und das ist unter Gesichtspunkt "unter 2 Jahre" vielleicht auch mal
zu erwähnen.
Ist es wirklich Freiheit, für das Kind unter 2 Jahren keine Zeit mehr zu haben,
egal welcher Elternteil die Erziehung übernimmt? Nebeneffekt ist übrigens eine
frühe Vergesellschaftlichung von Kleinkindern, möglicherweise nicht nur zur
Förderung, sondern auch frühen Einfügung in ein System. Krass aber sorry,
darüber denke ich nach. So war das nämlich auch in der DDR und wir sind hier im
Westen nicht immer die Guten, die es anders machen.
4. Die Frage der Lebensorganisation Geld/Beruf/Erziehung etc. gehört in die
Familie. Ein Mann, der aufgrund dieser Entscheidung derjenige ist, der das Geld
verdient und in einem Auswahlverfahren als Mann abgelehnt wird, weil nach
Proporz eine Frau zu wählen ist, ist die Krönung (also als Fall nicht als Mann
:-) ) einer nicht sachgerechten und damit diskriminierenden Entscheidung. Auch
dadurch kann man Familien richtig schaden.
So, Herr Schaarwächter kriegt die Ömmeln (ich bekenne mich schuldig)
Gruß
________________________________________
Von: Inetbib [inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx]" im Auftrag von
"Silke Ecks [furious.sun@xxxxxxxxx]
Gesendet: Mittwoch, 6. Februar 2013 14:30
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Stellenausschreibung der UB Wuppertal
Am 5. Februar 2013 23:19 schrieb Rolf Schöpe <r-idel@xxxxxx>:
Hoffe ich jedenfalls ...
HOFFEN tun das viele - es ist aber leider nicht die Realität, und in D
deutlich weniger als anderswo im Westen.
Natürlich fallen sie erstmal aus, aber wird anderswo nicht über den
Mangel an Deutschen gejammert?
Oder an brauchbaren Azubis?
Wo kommen die wohl her?
Am besten wird es, wenn Zurück-zur-Familie-Fanatiker ihrer schwangere
Mitarbeiterin klarmachen, dass sie nur sehr bedingt mit einer
Wiedereinstellung zu rechnen braucht, und ihr dabei mit einem
Sarrazin-Band im Gesicht rumwedeln...
Okay, konstruiert, aber so oder ähnlich wohl nicht undenkbar in einem
Land, in dem Sagen und Tun noch weniger miteinander verbunden sind als
anderswo.
Außerdem, was spräche dagegen, Frauen oder andere Menschen auch nach 6
oder mehr Jahren Berufsabwesenheit neu bzw. weiter zu qualifizieren?
Es wird in Politik und Wirtschaft lauthals über den Fachkräfte-Magel
gejammert - es gibt einen Haufen, sicher mehr als 100.000, hoch- und
höchstqualifzierte solche Personen in diesem Land, die zu einem guten
Teil durch ebenjene Politik, durch den beschriebenen Sexismus und die
für Mütter unmöglichen Arbeitsbedingungen aus der Arbeit gedrängt und/
oder davon abgehalten werden, ihre Kenntnisse und Erfahrungen wieder
einzubringen!
Das ist genau so bei der Ausbildung und den älteren Arbeitnehmern:
Ees darf nichts kosten, es darf nicht dauern, und es darf keine
Ansprüche stellen (sei es auch nur an minimalen Anstand im Umgang)
oder ein Salär fordern, das es möglich macht, ohne Probleme die Miete
zu zahlen...
tl;dr - kann ich verstehen, besser??
Und so sehr ich mich über das +1se freue und hiermit kräftig in die
Runde zurückplussen möchte, und es mir Mut und auch die Hoffnung gibt,
dass die Lage sich bessern und der Backlash abschwächen könnte, wäre
mir doch ein klassisches "Danke" oder "Find ich gut" irgendwie genau
so lieb :-)
Ist aber mehr Text, zugegeben.
EsTwvdK -
Silke Ecks
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