Liebe Bibliothekare und Bibliothekarinnen, vergessen Sie nicht die Schulen! Die könnten in der sich entwickelnden Marktsituation zu lukrativeren Handelspartnern der Verklage und der Elektronikindustrie als Bibliotheken werden. Es wäre gerade jetzt wichtig, dass Bibliotheken und Schulen bzw. deren Verbände eine gemeinsame Strategie entwickeln. Viele Grüße -- Jana HaaseAm Friedrichshain 19 c10407 BerlinTel. 030 441 50 84 ----- ursprüngliche Nachricht --------- Subject: Re: AW: [InetBib] Klartext: Suppenküche Öffentliche Bibliothek Date: Do 11 Okt 2012 21:05:26 CEST From: Annette Kustos<Annette.Kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx> To: Internet in Bibliotheken<inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx> Liebe Leser, innen, Es gibt seit Jahren den Versuch der Vertreterverbände von Verlagen und Buchhandel Umsatzprobleme und Niedergang des Verlagswesens auf die Bibliotheksnutzung umzumünzen. Und seit Jahren gibt es gar keine nachweisbare Korrelation. Eine sehr sichtbare gibt es aber zu zu Verlagskonzentrationen, kannibalischen Stakeholdesystemen, die sich weder fuer gute Verlegerarbeit, noch für einen diversifizierten Buchhandel, noch fuer die Zugänglichkeit von Wissen und Information interessieren, sondern nur fuer ihre Renditen. Dafür werden oeffentliche Gelder systemimmanent so ausgesogen, dass nicht nur Bibliotheken das nicht mehr bezahlen können, sondern aufgrund zunehmender Mittelbindung für die Grosssegmente nichts mehr für die Kleinen übrig bleibt. Ein guter Branchenverband hätte längst durch den Aufruf wettberwerbsregulativer Maßnahmen fuer seine Mitglieder eintreten müssen. Stattdessen wird der falsche objektiv gar nicht existente "Feind" Bibliothek oeffentlichkeitswirksam beklagt, mit der Absicht nicht nur irgendeine Konkurrenz zu verdraengen, sondern auch die eigene Politik zugunsten der Großen zu verdecken. Wäre ich Verleger, dann wäre ich laengst ausgetreten. Gruss Von meinem iPad gesendet Am 11.10.2012 um 20:37 schrieb "h0228kdm" <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx>:
Am 11.10.2012 19:24, schrieb Matthias Ulmer:Lieber Herr Müller, mit der E-Book Ausleihe bzw. Vermietung hat das nichts zu tun, oder? Nur sicherheitshalber, damit ich nichts falsch verstehe... Sie wollen partout eine große ewige Feindschaft zwischen Verlagen und Bibliotheken. Wenns Spaß macht... Aber dem müssen ja nicht alle folgen. Wenn die Bibliothekstantieme Ihr Beweis dafür ist, dass die Verlage die Bibliotheken als Konkurrenz betrachten, kann sein, dass das eine Diskussion war. Man muss aber tief in den Archiven kramen um das als Beleg heran zu ziehen. Wie hoch die Bibliothekstantieme oder unser jährlicher Anteil daran ist? Keine Ahnung. Dass Verlage und Urheber in den Gremien seit Jahren problemlos zusammenarbeiten und beide Seiten das Urteil des LG München absurd finden können Sie gerne ignorieren. Auch die von Ihnen gewünschte allgemeine Feindschaft zwischen Autoren und Verlagen gibt es nicht. In Ihren Augen wäre ja jede Geschäftsbeziehung zwischen Bibliothek und Verlag ein Beweis für Konkurrenzdenken und aus der Welt wäre das erst, wenn die Verlage den Bibliotheken alles umsonst geben. Sehr eigenwillig. Das mit den Prozessen: obwohl es sinnlos ist erlaube ich mir den Hinweis auf die eigenartige Argumentation, nach der man zum Vorwurf bekommt sich gegen eine Rechtsverletzung zu wehren. Ich weiß von drei Verfahren, eins zu 52b und zwei zu 52a. Ein wirklich unglaublicher Vorgang, dass hier drei Musterverfahren zu zwei neuen Paragrafen gemacht wurden. Und ob Klagen berechtigt sind kann man doch auch am rechtsverbindlichen Urteil ablesen. Und Heidelberg ist doch Kurpfalz und nicht Baden? Na ja, aber vielleicht haben Sie zum Thema E-Book-Ausleihe doch noch eine Anmerkung? Freundliche Grüße Matthias Ulmer Am 11.10.2012 um 18:38 schrieb Müller, Harald <hmueller@xxxxxxx>:Lieber Herr Ulmer, leider muß ich Sie enttäuschen: Sie werden es nicht schaffen, die Bibliothekswelt für dumm zu verkaufen. Sie verschweigen nämlich einige winzige, aber entscheidende Details, weshalb Ihre Argumentation sanft verpufft. Die Verlage haben sehr wohl die Tätigkeit von Bibliotheken als Konkurrenz angesehen. Das läßt sich in den einschlägig bestückten Bibliotheken nachlesen. Sie sollten mal die Gesetzgebungsmaterialien zur Einführung der Bibliothekstantieme 1972 durchforsten. Seitdem haben wir folgende Regelung im Urheberrechtsgesetz: § 27 Vergütung für Vermietung und Verleihen (1) ... (2) Für das Verleihen von Originalen oder Vervielfältigungsstücken eines Werkes, deren Weiterverbreitung nach § 17 Abs. 2 zulässig ist, ist dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen, wenn die Originale oder Vervielfältigungsstücke durch eine der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung (Bücherei, Sammlung von Bild- oder Tonträgern oder anderer Originale oder Vervielfältigungsstücke) verliehen werden. Verleihen im Sinne von Satz 1 ist die zeitlich begrenzte, weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung; § 17 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung. (3) … Wären Sie bitte so freundlich, mal mit einigen Zahlen rüberzukommen. Wieviel streichen die ach so kulturfreudigen Verlage gemäß dieser Regelung jährlich ein? Warum hat der Gesetzgeber die Lösung dieses Interessengegensatzes nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen? Warum sind die Autoren, d.h. die eigentlich Kreativen hier die Dummen, wie der interessante Rechtstreit zeigt, den die VG WORT vor dem Landgericht München erst mal verloren hat? Sind es nicht Steuergelder, die hierbei in Ihre Tasche fließen? In Bezug auf digitale Medien gibt es derzeit keine adäquate, passende Lösung. Deshalb werden wir noch solange Prozesse durch alle Instanzen führen, bis der Gesetzgeber den Regelungsbedarf erkennt. Solange der Punkt nicht erreicht ist, werde ich meine Forderung gemäß dem Vorbild des alten Cato ("ceterum censeo Carthaginem esse delendam!") stur wiederholen:Bibliotheken vor die Gerichte!<<< Je mehr Prozesse, umso besser!Ach ja, bevor Sie jetzt irgend etwas einwenden: waren es nicht die Verlage in Deutschland, die mit Prozessen gegen Bibliotheken angefangen haben? Und zwar in einem Ausmaß, wie in keinem anderen Staat der Erde. Das weiß ich aufgrund meiner langjährigen Arbeit bei IFLA. Die ausländischen Kollegen wundern sich immer wieder über die zahlreichen Gerichtsverfahren in Deutschland. Deren Kommentar lautet dann: "Offensichtlich geht es den deutschen Verlage zu gut, weil sie sich solchen Schwachsinn leisten können". So, jetzt dürfen Sie sich in Ihren Maserati setzen und mit Ihrem Navi einen Dialog über die ach so desorientierten Bibliothekare führen. Beste Grüße aus dem historisch rebellischen Baden! Dr. Harald Müller Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht / Bibliothek Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law / Library Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593 Mail: hmueller@xxxxxxx ________________________________________ Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx [inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx]" im Auftrag von "Matthias Ulmer [mulmer@xxxxxxxx] Gesendet: Donnerstag, 11. Oktober 2012 17:39 Bis: Internet in Bibliotheken Betreff: Re: [InetBib] Klartext: Suppenküche Öffentliche Bibliothek Lieber Herr Steinhauer, wenn Sie dabei gewesen wären, dann wäre der Dialog hier so differenziert ausgefallen, wie es sonst Ihre Art ist. Und wenn der DBV die Gespräche zum Thema nicht abgebrochen hätte, dann würde man sich vielleicht auch mit dem Bemühen um Verständnis und nicht um maximale Aufregung über das Thema austauschen. Ich habe heute nichts anderes gesagt wie schon bei anderen Gelegenheiten mit Bibliotheksvertretern: Bibliotheken müssen ihren Nutzern E-Books anbieten können, das müssen Verlage kapieren. und Bibliotheken müssen kapieren, dass ihre E-Book Ausleihmodelle die Geschäftsmodelle der Verlage stark gefährden. Also kann es nur eine Lösung geben, bei der die Interessen beider Seiten gewahrt sind das sollte eigentlich klar sein. (Leider gibt es Bibliothekare, die meinen, man kann gegen den Willen der Rechteinhaber so etwas gesetzlich durchsetzen, genau so wie es Verleger gibt, die Bibliotheken gar nicht zu beliefern gedenken. Beides kann ich nicht ernst nehmen). Bleibt also die Frage, wie eine Abgrenzung aussehen kann. Ich habe mich da an den Auftrag öffentlicher Bibliotheken gehalten, wie er vom Geldgeber, dem Steuerzahler bzw. seinem Vertreter formuliert wird. Da geht es dann zentral um Leseförderung und Bildung und um Teilhabe für die, die sonst von Information, Kultur und Bildung ausgeschlossen wären. Diese Formulierungen habe ich nicht erfunden, sondern gefunden. Das findet sich fast wörtlich auch bei den Statements der IFLA. Dass ich das als denkbare Abgrenzung ausgesprochen habe, damit ziehe ich mir nun den Zorn aller zu. Wie blöd. Ich bin dankbar für jede bessere Lösung. Aber wie oben gesagt, wer keine Lösung anstrebt und das im Konflikt zu lösen gedenkt, den nehme ich nicht ernst. Mein Vorschlag war: dicht am formulierten Auftrag wird der Kreis der Nutzer immer weiter gezogen und der Tarif für die Bibliothek entsprechend ausgerichtet. Das beginnt mit der Nutzung im Lesesaal, was praktisch keine Ausleihe ist und von den Verlagen quasi kostenlos angeboten werden könnte. Dann folgen die Kinder und Jugendlichen in der Kommune sowie die sozial Schwachen in der Kommune. Hier sehe ich keine Konkurrenz zu Geschäftsmodellen von Verlagen und der Tarif könnte entsprechend sehr niedrig sein. Danach kommen die normalen Bürger einer Kommune. Hier ist die Konkurrenz zu Verlagsangeboten direkt, die Vertriebsleistung der Bibliothek aber auch zu bewerten, der Tarif müsste irgendwo in der Mitte liegen. Und schließlich kommen Nutzer außerhalb der Kommune, hier wäre der Tarif etwa identisch mit dem aus einem kommerziellen Modell. Es wäre nun Aufgabe der Kommune zu entscheiden, wie weit sie den Bildungsauftrag ihrer Bibliothek fassen wollen, was sie als originäre Aufgabe einer Kommune betrachten. Es mag vielleicht eine ungewohnte Diskussion sein. Aber kommen wir gemeinsam wirklich drum herum? Die Situation ist auch neu. Im Bereich gedruckter Bücher haben Verleger eigentlich nie eine Konkurrenzsituation gesehen und die Leistungen der Bibliotheken zur Leseförderung, kulturellen und Bildungsarbeit geschätzt und gefördert. Bei E-Books ist eine ganz andere Nutzungssituation gegeben. Das zu leugnen bringt auch nicht weiter. Im übrigen werden Autoren umsatzbezogen honoriert, wenn also ein kommerzielles Mietmodell entsteht, dann werden die Autoren an den Erlösen daraus beteiligt, verdienen also an jeder Ausleihe. Das ist kein Thema der Verwertungsgesellschaft, meines Wissens... Herzliche Grüße Matthias UlmerSehr geehrter Herr Ulmer, dass das heute kaum noch jemand weiß, dass Projekte wie ADONIS, ARTEMIS, APOLLO etc. schon vor rund einem viertel Jahrhundert dazu gedacht waren, über ein europäisches Document Delivery die Bibliotheken auszuhebeln, erlaubt noch nicht, diese massiven Angriffe der Verlage zu leugnen. Denn dazu haben wir Bibliotheken, um soetwas noch nachlesen zu können - ohne dass ihnen inzwischen die Nutzungsrechte entzogen wurden. Ich kann verstehen, dass die großen Verlage Google fürchten, gerade weil Google selbst einerseits wie ein großer Verlag agiert und andererseits wie eine Digitale Bibliothek. Schon die ersten Hosts, wie BRS, Dialog, SDC oder DIMDI haben sich vor rund vierzig Jahren angeschickt elektronische Bibliotheken zu werden. Damals fing insbesondere Elsevier an sich zu wehren, weil die Bibliotheken reihenweise bei Excerpta Medica ausstiegen um EMBASE zu nutzen. Das waren für Excerpta Medica erhebliche finanzielle Einbrüche. Danach hat Elsevier und ISI alles in Bewegung gesetzt, um letztendlich die Macht der Verlage zu stärken. Dafür fanden sie damals viel (aus heutiger Sicht zu viel) Verständnis, weil man sich damals ein Internet von heute noch nicht vorstellen konnte. Das Monopol von Google fürchten wir alle berechtigter Weise. Aber Tatsache ist auch, dass der Kampf etlicher Verlage gegen Google den Vortschritt in der Gesellschaft massiv bremst, weil diese Verlage nicht mehr an der Verbreitung von Wissen, sondern an seiner zunehmenden Verknappung interessiert sind. Aus meiner Sicht sollte man unter dem Aspekt der "Nationalökonomie des Geistes" und dem internationalen Wettbewerb im Wissenserwerb auch solche ( www.theatlantic.com/technology/archive/2012/09/california-takes-a-big-step-forward-free-digital-open-source-textbooks/263047/# ) Entwicklungen genauer im Auge behalten. MfG Walther UmstätterAm 11.10.2012 um 15:25 schrieb Eric Steinhauer <eric.steinhauer@xxxxxxxxxxxxxxxx>:Liebe Liste, in einer Pressemitteilung auf börsenblatt.net, in der ein neues Geschäftsmodell für die Direkt-Ausleihe von eBooks über Verlage bzw. Verwerter direkt an Leser vorgestellt wird, spricht Herr Ulmer vom Börsenverein bemerkenswerten Klartext: "Längst sprächen die Bibliotheken nicht mehr ihre ursprüngliche, eher einkommensschwache Zielgruppe an, sondern einen wesentlich größeren Nutzerkreis." Quelle: http://www.boersenblatt.net/552865/ Öffentliche Bibliotheken sind also für sozialschwache Bevölkerungskreise da. Wer den hermeneutischen Schlüssel für die Unterfinanzierung von Bibliotheken im Vergleich zur so genannten Hochkultur sucht, hier ist er. Bibliotheken sind nicht Bildungs- oder Kultureinrichtungen, wie man immer denkt, sondern ressortieren offenbar bei der Armenfürsorge. Da die Sozialbudgets bekanntlich die größten sind, sind das doch tolle Aussichten. Außerdem können sich interessante neue Kooperationsmöglichkeiten mit dem Buchhandel ergeben, denn die örtliche "Büchertafel" nimmt sicher gerne Ladenhüter und Remittenden, die die Besserverdienenden nicht haben wollen, in ihren Bestand auf. Geschenkt, versteht sich. :) Viele Grüße Eric Steinhauer -- http://www.inetbib.de-- http://www.inetbib.de -- http://www.inetbib.de-- http://www.inetbib.de
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