Liebe Liste,
man sieht dem neuen OA-Projekt mit guten Gedanken entgegen, in dem
genannten Blog sind auch die "echten Probleme" dokumentiert, wie soll
organisiert, ge-reviewed und letztlich finanziert werden. Genau das sind
die Fragen einer verlegerischen Arbeit die es auch mit neuen Techniken
gibt. Ich erlaube mir mal wieder einige Randbemerkungen dazu.
Zusätzlich ist auch relevant, welche Publikationspraxis in der
Bibliothekswelt existiert. Das "Ziehen" von Beiträgen ist ebenfalls nicht
trivial. Ist es nicht auch so, dass viele Bibliothekarinnen und
Bibliothekare, die eine Führungs- oder Fachaufgaben haben, nicht ständig
publizieren können? Ist es nicht auch so, dass selbst die Lehrenden, die
das sicherlich per se häufiger tun, sich das mittlerweile aus der Reserve
holen? Und ist es nicht auch so, dass diejenigen, in der Regel jüngeren
Kolleginnen und Kollegen, die sich hier verständlicherweise ein Forum für
ihre qualifizierte Arbeit suchen, die sind, die keine oder schlecht
bezahlte Arbeit haben? Zumindest sind es einige.
Ich frage mich an dieser Stelle einfach ohne jede Vorwurfsmentalität ob
man sich hier noch freiwilliger in unbezahlte Arbeit begibt. Unbezahlt
schreiben, unbezahlt redigieren, unbezahlt veröffentlichen, unbezahlt....
Bei aller Berufung, die ich in unserer Profession sehe und mit der man
nicht immer die leckersten Früchte vom Baum bekommt, möchte ich für meine
Arbeit immer noch bezahlt werden. Sollte mir je jemand eine Rechnung
schicken, um einen Artikel zu veröffentlichen, lese ich den lieber selber.
Natürlich können sich die um Sichtung kämpfenden Wissenschaftler eine
solche Haltung nicht leisten. Und genau da, sind wir beim Problem.. wo
führt das hier eigentlich alles hin. Wissenschaftsprekariat ist leider
keine Blase, sondern Wirklichkeit.
Unser Staat hat hier Millionen schleichend in die Umbildung unseres
Wissenschaftssystems in Pizza Bolognese gesteckt, ohne mit der Wimper zu
zucken. Wo waren die Kosteneinschätzungen dieser "Reform", die zu
ECTS-Folter, Verschulung und Evalutionstextklötzen geführt haben, für
etwaige 5% die vielleicht mal nicht in Deutschland sondern Spanien
arbeiten werden.
Für grundlegende Bezahlung wissenschaftlicher Arbeit hat man in
Wirklichkeit aber wohl kein Geld. Wissenschaft erfordert auch ein Stück
weit Substanz, auch wenn das nicht Butter sein muss, dann wird man bequem,
aber heute wird der wissenschaftliche Mittelbau, insofern er überhaupt
noch irgendwo unterkommt, in Anbetracht der in sie "investierten"
Ausbildung in nie da gewesener Weise ausgebeutet. Übrigens eine
volkswirtschaftliche Katastrophe, die in keinem Evaluationstextklotz
steht. Komisch, nicht wahr?
Ich weiß jedenfalls nicht, ob man so voller technischer Begeisterung und
inhaltlichem Fachinteresse so weiter machen sollte.
Für mich heißt Open Access, dass die aus der Wissenschaft natürlich
erwachsenen Ergebnisse ohne künstliche Verknappung durch Verwerter zu
ausgeglichenen Konditionen der wissenschaftlichen Öffentlichkeit
zugänglich sein sollen. Dafür können verschiedene an der Publikationswelt
beteiligten Player Geschäftsmodelle entwickeln und ich habe da keinerlei
Vorbehalte gegenüber Vereinen, Bibliotheken oder Verlagen. Open Access
heißt nicht, bitte alles umsonst und bitte alles schön unbezahlt und ein
Selbstzweck ist es auch nicht.
Bin übrigens von Libreas sehr angetan.
Ich trau mich mal, das abzusenden.
Annette Kustos, M.A., M.A.-LIS
Leitung Hochschulbibliothek
Hochschule für Gesundheit
University of Applied Sciences
Universitätsstraße 105
44789 Bochum
Tel: +49 (0)234/77727-150
Mobil:
E-Mail: annette.kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx
Web: www.hs-gesundheit.de
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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Walther
Umstaetter
Gesendet: Donnerstag, 26. Juli 2012 10:29
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] #newLIS: Wie soll es weitergehen? Ein Beitrag zur
Diskussion um ein Open Access Journal für die Bibliotheks- und
Informationswissenschaft
Wo, bitteschoen, war denn da Defaitismus, wenn ich ebenso wie Sie meine,
dass sich die Zeitschrift "Durchsetzen" muss?
Mfg
W. Umstaetter
>> > Die eigentliche Frage bei einem newLIS-Journal ist aus meiner Sicht,
ob es
sich gegen die bisherigen Zeitschriften auf diesem Gebiet
dominierend durchsetzen kann,
Seh ich genau so. Wird wohl nicht passieren.
nee, einfach machen, nicht schon vorher Defaitismus betreiben.
Durchsetzen wird sich die Zeitschrift, die am ernsthaftesten und
zuverlaessigsten arbeitet und sich auf moderne Dienste einlaesst,
gewuerdigt wird dann danach.
Vor der Gruendung von DLib-Magazine gab es vergleichbare Diskussionen.
E.Hilf
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