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Re: [InetBib] Heilige Kühe schlachten auf dem Bibliothekartag
Dass nicht alle Bibliothekare, Bibliotheksbenutzer und Verleger über die
Digitalisierung in Begeisterung ausgebrochen sind, ist vor 35 Jahren
deutlicher aufgefallen als heute, weil das Bibliothekswesen in den USA,
infolge des Weinberg Reports (1963) schon rund zehn Jahre davor mit der
Digitalisierung begonnen hat. (Damals hat ein Bibliothekar den Weinberg
Report aus Protest öffentlich verbrannt.) Es gab aber auch genügend andere
– aktive Kräfte. Ich denke, dass man das nicht verdrängen sollte, nur weil
seit dem jede neue Generation die Online-Revolution und die
Digitalisierung für sich neu entdeckt hat.
Als dann die Ausbildung vor dreißig Jahren in immer mehr Fächern
Grundkenntnisse zur Digitalisierung vermittelte, wurde sie teilweise von
der Praxis angefeindet, weil sie Wissen vermittelte, dass nicht alle
Bibliothekare/innen in der Praxis wiederfanden. Das ist teilweise noch
heute so, und ist im Prinzip normal, weil diejenigen die vorausgehen,
selbstverständlich von den Bremsern angefeindet werden. Lehre muss aber
das Vermitteln, was in der Praxis (heute und) morgen gebraucht wird, nicht
den Schnee von gestern.
Die Frage: „Wie haben die Bibliotheken die Welt verbessert“, kam
hoffentlich nicht von einem Bibliothekar ;-) Da plagiieren fast alle
Menschen gedankenlos den Satz: „Wissen ist Macht“, verkennen aber, dass
Bibliotheken damit die größten Bildungs- und Machtfaktoren in unserer
Gesellschaft sind. Jeder, der in eine Digitale Bibliothek hinein schaut,
kann rasch sehen, wie viel Unsinn die Menschheit schon publiziert hat, den
wir damit rasch vermeiden können. Gerade darum brauchen wir ja die
Synopsis aller Publikation im Open Access, weil wir sonst noch weit mehr
Schaden anrichten, als wir es aus unserem mangelhaften Wissen heraus
ohnehin tun.
Übrigens sollte man bei der Einführung neuster Entwicklungen auch durchaus
vorsichtig sein. Ich erinnere mich gut daran, wie vor dreißig Jahren
etliche besonders moderne Kollegen ganz rasch BTX in den Bibliotheken
einführen wollten - heute weiß kaum jemand was das überhaupt war. Man muss
nicht mit jeder Technologie mitlaufen, um modern zu wirken, man muss sie
auch verstanden haben, um die eigene Ahnungslosigkeit nicht zu Markte zu
tragen. Das haben schon genug Bibliothekare in der Geschichte getan.
MfG
W. Umstätter
On Mon, 21 May 2012 11:49:42 +0200
"Garvert, Eva-Maria" <Eva-Maria.Garvert@xxxxxxxxxxxxxx>
wrote:
Liebe Liste,
unter Moderation von Prof. Dr. Dirk Lewandowski (HAW
Hamburg) diskutieren am Donnerstag, 24. Mai von 17 bis 18
Uhr Prof. Dr. Klaus Tochtermann, Dr. Klaus Graf, Prof.
Dr. Hans-Christoph Hobohm, Barbara Schneider-Kempf, Prof.
Dr. Norbert Lossau im CAMP_101/KIBA über brisante und
zukunftsweisende Themen aus dem Bibliotheksbereich.
Siehe auch
https://plus.google.com/u/0/117546351384071338747/posts/PAo2wZGZiuy
Klaus Graf
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