[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]
Re: [InetBib] Hallo? Jemand zu Hause?
Auch ich bin/war (?) Beiratsmitglied in IWP und habe mich lange auch in
Gesprächen mit Herrn Gradmann für eine OA-Lösung der IWP eingesetzt.
Vergebens! Aber in der Tat, wie Herr Herb schreibt, ist die DGI eine
sehr spezielle Organisation, die auch weiter stark von den kommerziellen
interessen der in der Informationspraxis Arbeitenden bestimmt wird.
Trotz des Untertitels ist die DGI keine spezielle
informationswissenschaftliche Organisation. Das ist der Hochschulverband
für Informationswissenschaft. Da sieht es leider nicht viel besser aus.
Es gibt zwar mindestens vier Einrichtungen an Universitäten (Berlin/HU,
Düsseldorf, Hildesheim, Regensburg - Konstanz nach meinen Emeritierung
nur noch im Label der Fachbereichs und Saarbrücken, ohne Perspektive),
dazu viele Einrichtungen an den Fachhochschulen.
Die vier Einrichtungen an den Unis sind zwar personell relativ schwach
ausgestattet, sollten aber trotzdem in der Lage sein, eine
OA-Zeitschrift einzurichten und zu betreiben und auch für die nötigen
Artikel und das Reviewing zu sorgen. Ich kann dasnach meiner
Emeritierung ohne den Ressourcenhintergrund einer universitäten
Einrichtung nicht mehr leisten. Ich appelliere an die Fachvertreter aber
seit Jahren, sich dran zu machen (jetzt wieder!), bislang ohne Erfolg.
Man verfolgt eher die eigenen publizistischen bzw. die Interessen der
jweiligen Einrichtung. Das könnte sich jetzt ändern. Daher ist diese
Diskussion hier nützlich (auch das ist keine Schelte der
institutionellen IW in D!!). Ohnehin wäre eine weitere
infwiss/dokumentarische Zeitschrift in Deutschland nützlich. Konkurrenz
belebt auch hier.
Dass die Informationswissenschaft in Deutschland nicht an OA
interessiert sei oder keine Kompetenz auf dem Gebiet habe, sollte nicht
generalisiert werden. Es gibt vielleicht eine gewisse Arbeitsteilung
(auch wenn das nicht gänzlich "entschuldbar" ist). Man vergleiche nur
meine Arbeiten auf www.kuhlen.name (Publikationen, Vorträge) und die
Beiträge in www.netethics.net, die in den letzten Jahren überwiegend den
Themen OA, Wissen und Information als Commons bzw. freies
wissenschaftsfreundliches Urheberrecht gewidmet sind. Auch werde ich
immer wieder zu diesen Themen z.B. im Bundestag (Ausschüsse,
Enquete-Kommissionen), der Bundesregierung (BMJ, BMBW, ...) und den
Allianzorganisationen eingeladen, auch für Gutachten, in der Presse und
Rundfunk interviewt und vertrete dies auch breit national und
international, z.B.als Sprecher des Aktionsbündnis Urheberrechr für
Bildung und Wissenschaft, auch in der deutschen und internationalen
UNESCO, und das alles immer unter dem Label Informationswissenschaft.
RK
Am 06.05.2012 08:08, schrieb Ulrich Herb:
Liebe Liste,
erstmal möchte ich Lambert Heller vollumfänglich zustimmen. Ich habe ja
schon mal meine Meinung zu IWP& OA kundgetan:
http://www.scinoptica.com/pages/topics/information-wissenschaft-praxis-iwp-ab-2012-bei-de-gruyter-die-open-access-flaute-haelt-an.php
Kurz darauf fragte man mich an, ob ich denn nicht Beiratsmitglied der
IWP werden wollen, denn man würde sich gern dem Thema OA nähern. Ich bin
jetzt also Beiratsmitglied, halte die IWP immer noch für eine gute
Zeitschrift, finde es aber sehr bedauerlich, dass in Sachen OA keine
Bewegung zu verzeichnen ist. Ich glaube schon, dass man bei der IWP
OA-offen ist und unterstelle den Verantwortlichen ehrlich nur das Beste
- dennoch missfällt mir die Situation und ich überlege schon wie ich mit
meiner Beiratstätigkeit weiter verfahren soll.
Ich glaube aber, dass die Diskussion um die IWP auch viel über die DGI
sagt. Herr Dietz grub in dieser Liste 2008 in ganz anderem Kontext ein
wunderschönes Foucault-Zitat aus: "Wenn sie meinen anstelle der
offiziellen Institution könne eine andere Institution die selben
Funktionen besser und anders erfüllen, sind sie bereits ein Gefangener
der herrschenden Struktur."
Meiner Meinung nach ist die DGI eine Institution, die sich von gewissen
Zwängen dominiert fühlt und vielleicht auch ist. Sie ist nun mal ein
Verband, bürokratisch, informell und formell festgelegt und eigenen
sowie fremden Regeln gehorchend. Ich als Nicht-Mitglied kann das frei
formulieren: Sie hat vieles verschlafen oder auch meinetwegen
vertaktiert. Sie zu reformieren dürfte sehr schwer sein, Verbände haben
ein starkes Beharrungsvermögen - daran scheitern bestimmt auch schon mal
Akteure, die noble Ziele haben. Nochmal: Ich bin sicher, dass die DGI
gute Absichten hat, aber sie nicht umsetzen kann. Was bleibt? Reform?
Dagegen spricht meiner Meinung nach das Beharrungsvermögen. Einen neuen
Verband gründen? Dagegen spricht Foucaults Erkenntnis, der ich
weitgehend zustimme. Ein sehr geschätzter Kollege schrieb mir mal, die
Zeit sei vorbei, in der sich Leute in Verbände sperren lassen und er
liegt richtig damit. Das ist jetzt zwar völlig spekulativ, aber ich
könnte mir eher einen loseren Verbund vorstellen, in dem ich mich
engagieren möchte, keine bürokratischen, hierarchischen Verband. Das ist
vielleicht voreilig: aber ein solcher Verbund sollte offen/transparent
sind und könnte vllt. was die interne Struktur angeht ein wenig von den
Piraten lernen - auch wenn dort vieles unausgereift ist. Auch die
Konferenz müsste anders laufen: Eher als Barcamp und mit Livestreaming,
kein zighundet Euro in einem muffigen Konferenzhotel absitzen.
Auch wenn es schwer fällt zu glauben: Das ist kein Angriff auf die DGI.
Viele Grüße
Ulrich Herb
--
***********************************************
Prof. Dr. Rainer Kuhlen
Department of Computer and Information Science
University of Konstanz, Germany
Rochstr. 4
10178 Berlin
URL: www.kuhlen.name
Email: rainer.kuhlen@xxxxxxxxxxxxxxx
--
http://www.inetbib.de
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.