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Re: [InetBib] VDM-Verlag unter neuem Namen
- Date: Fri, 21 Oct 2011 12:39:01 +0200
- From: "Hartmut Bergenthum" <hbergenthum@xxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] VDM-Verlag unter neuem Namen
Liebe Liste,
ausgehend von dem Zitat
"Zum anderen ist VDM kein Verlag sondern ein absurdes Geschäftsmodell, das
sowohl uns Verlegern die Schamesröte ins Gesicht treibt als auch den
Bibliotheken, deren Gelder die Taschen von VDM füllt." (Matthias Ulmer)
möchte ich ein paar Überlegungen ergänzen:
1.) Auf der Frankfurter Buchmesse besuchte ich den Vortrag von Gunnar Siewert
(BookRix) mit dem Titel "2011: Jeder ist ein Autor – Jetzt haben wir den
Scheiß!" (13.10.2011, Hot Spot Digital Relations). Der sozialrevolutionäre
Gestus war sehens- und hörenswert: Der Autor nimmt sein Schicksal jetzt selbst
in die Hand. Er wartet nicht mehr darauf, dass ein Verlag ihn auswählt. Heute
bestimme nicht mehr der Verlag, wer sich Autor nennen dürfe und wer nicht.
Schreiben wird (zumindest bei BookRix) zur Popkultur.
In der Tat gibt es bei einer großen Menge Menschen das Bedürfnis zu
publizieren. Die PoD-Verlage florieren und finden Autoren und zwar sehr viele.
2.) Was VDM betrifft kaufe ich regelmäßig für das von mir betreute
Sondersammelgebiet Afrika südlich der Sahara einzelne Bücher des VDM-Verlags,
z.B.
Third scramble for Africa : power petrodollars and challenge of good governance
/ Olympio, Francisco K. N. . - Saarbrücken : VDM Verl. Dr. Müller, 2011
==> Zugl.: Trier, Univ., Habil.schrift, 2011
Die Dämonisierung Afrikas : zum Despotiebegriff und zur Geschichte der
afrikanischen Despotie / Sonderegger, Arno . - Saarbrücken : VDM Verlag Dr.
Müller, 2008
==> Zugl.: Wien, Univ., Diss., 2005
Environmental sanitation and gender among the urban poor : a case study of the
Kibera slums, Kenya / Lusambili, Adelaide . - Saarbrücken : VDM Verlag Dr.
Müller, 2008
==> Zugl.: Washington DC, American Univ., Diss., 2007
Klar seit der großen Plagiatsdiskussion ist auch der Hochschulschriftenvermerk
keine Garantie mehr für hohe Qualität. Aber für mich als Erwerbungsentscheider
reicht das Kriterium. Außerdem bekommen wir einige Anschaffungsvorschläge zu
VDM-Titeln.
Und das bringt mich zu meinem Punkt: Sowohl für Studierende (als Leser) als
auch für junge Wissenschaftler (als Autoren) scheint VDM attraktiv zu sein und
erfüllt deren - wie auch immer gearteten - Bedürfnisse.
3.) Und noch ein letzter Gedanke: alle Wikipedianer kämpfen für und betonen
immer wieder die hohe Qualität der Wikipedia-Inhalte. Insofern ist es nicht
verwunderlich, wenn ein Verlag versucht, auch mit diesen Inhalten Geld zu
verdienen. Beim Geld verdienen steigt uns allen leider viel zu selten die
"Schamesröte" ins Gesicht. Und ich könnte mir wahrlich schlechtere Inhalte
vorstellen.
Verstehen Sie das bitte nicht als Verteidigung von VDM und deren
Geschäftsmodelle. In meiner täglichen Erwerbungsarbeit leide ich mehr als genug
etwa unter der Vielfalt der VDM-Verlagsnamen (Danke an Lambert Heller für den
Hinweis auf den VDM-Wikipedia-Artikel, vielleicht erscheint der Artikel ja auch
bald als Buch bei Crypt Publishing).
Daher stellen sich für mich abschließend die folgenden Fragen: Warum schaffen
es die (nicht-absurden) Verlage nicht, die offensichtlich vorhandenen
Bedürfnisse der Menschen auf Autorschaft zu befriedigen? Warum schaffen es wir
Bibliothekare nicht, dass alle VDM-Autoren mit halbwegs wissenschaftlichem
Hintergrund auf unseren Hochschulschriftenservern publizieren (z.B. ihre
Dissertationen)? Warum schaffen die Hochschullehrer und wir Bibliothekare es
nicht, ausreichend Verlags- und Publikationskompetenz zu vermitteln, so dass
sich das VDM-Modell mangels Nachfrage von selbst erledigt?
Ein schönes Wochenende wünscht
Hartmut Bergenthum
http://www.ub.uni-frankfurt.de/afrika
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