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Re: [InetBib] Bye (Loc, Zivilcourage, u.dgl.)
- Date: Fri, 17 Dec 2010 01:08:08 +0100
- From: Silke Ecks <furious.sun@xxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Bye (Loc, Zivilcourage, u.dgl.)
Sehr geehrter Herr Joachim,
ich denke mal, dass es zum einen, wenn die Öffentlichkeit kein
Interesse hat an irgendwas, so ist, das sie sich davon schnell wieder
abwenden wird (weswegen Bibliothekare zumindest in ÖBs ja auch immer
wieder gerne mit dem Auslisten von Titeln befasst sind), und zum
anderen, dass das damit, logisch betrachtet, ein ganz schlechtes
Argument für Geheimhaltung von Dokumenten ist. Sogar im Gegenteil.
Wenn etwas keineN interessiert, zumindest zur Zeit, kann es doch
genausogut und allemal zugänglich sein, sofern der Speicherplatz nicht
für Wichtigeres gebraucht wird?
Zum anderen geht es ja eigenlich gar nicht so sehr um irgendwelche
hehren Ziele (meinetwegen: gerne BLOSS NICHT!), sondern um die
schlichte Information derjenigen über das Vorgehen durch die
internationalen Politik, die am Ende die Zeche zahlen und das Fell
hinhalten dürfen. Mir scheint das hehr genug und selbstverständlich
genug.
Ich weiß nicht, ob es hilft, zu wissen, warum (m)ein Land
irgendganzwoanders einen Krieg führt, und bisher hat es in der
Geschichte solche Begründungen für viele leider auch kaum gebraucht,
aber man wird ja wohl noch hoffen dürfen, und ich persönlich wüßte es
schon ganz gerne genauer. Oder z.B., wo das ganze schöne Geld immer
bleibt.
Oder hätte zumindest die Möglichkeit, es zu erfahren. Bitte schreiben
Sie jetzt nicht, dass ich das ja auch den Reden des Bundestags oder
CNN entnehmen kann. Bitte nicht.
Ausserdem verwechseln Sie meines Erachtens, wie einige andere zuvor,
und wie im eigetlichen Thread auch schon mehrfach sehr genau
argumentiert wurde, wiederum das Recht des Privatmenschen, ums
Politische wissen zu dürfen, mit dem Recht des Privatmenschen und der
Politik, Einblick in das Alltagsleben anderer Privatmenschen nehmen zu
dürfen.
Diplomatie und und Politik sind aber keine privaten Handlungen. Das
zweite gehört geschützt, das erste versteckt sich. Noch, bisher.
Auch ohne in die Waschmaschine meines Nachbarn gucken zu können,
wollen, oder müssen, weiß ich, dass mich nicht nur deren Inhalt nicht
interessiert, sondern auch, dass sie keine Atomrakten abschießen kann.
Es ist mit Sicherheit keine Selbstmordwaschmaschine. Fragen Sie mich
nicht, woher, ich weiß das einfach!
Nur bei Politikern und Diplomaten bin ich mir in dieser Hinsicht
leider nicht so sicher. Bei deren Waschmaschinen wiederum allerdings
eben auch einigermaßen. So will ich auch da gar nicht wissen, was in
den Waschmaschinen drinsteckt - darum geht es nicht!
Dass die Wikileaks-Veröffentlichungen diese Aufregung nicht verdient
haben (jedenfalls nicht die von Ihnen erwähnten vertieften
Erkenntnisse amerikanischer Diplomaten, die mir wenig aufregend
erschienen, mich in ihrer - ähm, Erdgebundenheit? -, allerdings fast
schon wieder über einige von ferne doch recht neurotisch-realitätsfern
wirkende Aspekte amerikanischer Politik beruhigen können), mag sein -
aber woher kommt sie dann, und warum waren die Leaks, wenn das alles
so wild nicht ist, nicht eh schon öffentlich, von zuständigen Stellen
freiwillig ins Netz gestellt?
Man kann ja auch, wenn man mag, die Sensationsgier bzw. den ganzen
Bohei um Wikileaks als von jenen Zeitschriften gepusht betrachten, die
direkt Zugang zu den Informationen erhalten haben, und die gerne
höhere Auflagen wollen. Alles mögliche, was die tun, bedient
Sensationsgier, egal, wie seriös sie sich geben, manches in durchaus
unangenehmerer Weise; ich muss das nicht mögen, es bleibt mir aber
nur, es zu ignorieren. Die Burqa für die Presse würde ich nicht
fordern wollen, auch wenn sie manchmal arg häßlich ist.
Und: auch investigativer Journalismus bedarf dieser Form von Neugier.
Für mich geht es nicht so sehr um diese speziellen Veröffentlichungen,
sondern um das Recht "der Öffentlichkeit", zu erfahren, was ihre
Gewählten so treiben und wie; um die Öffentlichmachung von Vorgängen
und die Möglichkeit dazu; um das, was Bibliotheken und Archive damit
zu tun haben und nicht zu tun haben können; überhaupt um
Zugänglichkeit von Quellen, und da gäbe es m.E. schon einiges zu
erkämpfen, verbessern oder verteidigen.
Wenn Wikileaks dazu beiträgt, fein.
Wenn Bibliotheken sich beim vorauseilenden Unterbinden davon
hervortun, schade. Vielleicht fatal.
Sehr geehrter Herr Kuhn, auch mir tut es Leid, wenn Sie die Liste
verlassen, aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass man Form und
Inhalt nur sehr bedingt trennen kann, für mich ist das ein gültiges
Argument für Netquette-Debatten; und auch wenn das ebenfalls
altmodisch ist, und es nach wie vor kein richtiges Leben im falschen
geben kann, kann und sollte man sich doch dagegen wehren (gegen das
Falsche, meine ich).
Freundliche Grüße -
Silke Ecks
--------------
2010/12/15 Eberhardt Joachim <Eberhardt@xxxxxxxxxxxxxx>:
Lieber Herr Kuhn,
--
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