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RE: [InetBib] Digitalisierte Spitzenstücke der Bayerischen Staatsbibliothek als iPad-Application



Lieber Herr Stephan, liebe Inetbibler,

Es ist unübersehbar: Die iPad-App ist nicht identisch mit der iPhone-App.
Cover-Flow und Thumbnail-Ansicht gibt es nur fürs iPad.
Während man beim iPhone sofort spürt, dass das Gerät an seine technischen
Grenzen stößt und die App den Eindruck vermittelt "Muss halt auch sein",
hat die iPad-App alle diese Probleme nicht und die Oberfläche ist in der Tat
sehr viel liebevoller und vielfältiger gestaltet. Es ist halt einfach so, 
dass der
größere Bildschirm manches besser kann. (Anderes aber natürlich auch
wieder nicht: Versuchen Sie mal, ein iPad in die Hosentasche zu stecken ...)

Ja, genauso ist es. Aber offensichtlich - folgt man zumindest den mehr oder 
weniger bekannten Verkaufszahlen des iPads seit seiner Einführung - ist es 
Apple gelungen, eine weitere Geräteklasse im Markt zu positionieren. Im Vorfeld 
der Einführung ist ja viel darüber spekuliert worden, ob die Welt eine solche 
neue Geräteklasse braucht. Auch jetzt scheiden sich die Geister, ob sich diese 
Geräteklasse dauerhaft am Markt halten wird. Ich für meinen Teil, das ist aber 
eben auch einer gewissen Technikverliebtheit geschuldet, würde sagen: Ja, das 
ist eine sinnvolle Ergänzung zwischen Notebook und Mobiltelefon/PDA/iPhone/usw. 
Und die technischen Möglichkeiten, von denen nun unsere Phantasie kreativen 
Gebrauch machen kann, sind in der Tat: beeindruckend. Mal schauen, wie lange 
der Spaß daran anhält. ;)

Zu Frau Ecks grundsätzlicher Kritik an dem iPhone/iPad-Hype möchte ich
gerne noch ergänzen: Mir ist kürzlich ein Student begegnet, der zu meiner
Verblüffung die Auffassung vertreten hat, es sei im Grunde versteckte
Werbung, wenn jede Zeitung heutzutage meine, aufwändige Berichte bei
jeder noch so kleinen Ankündigung einer "Neuentwicklung"
von Apple schreiben zu müssen. Er hat wegen des Genervtseins über Apples
Gebaren sein iBook wieder verscherbelt und sich wieder einen WINDOWS-
Rechner gekauft. In diese Richtung kann der Trend inzwischen also auch
schon wieder laufen, der Mainstream ist das aber freilich
(noch?) nicht. Unverkennbar wächst allerdings zunehmend das Genervtsein
über Steve Jobs quasi-religiöse Selbstdarstellung und Weltvereinnahmung.
Das wird man auch bei Marketing-Strategien im Auge behalten müssen.

Ja. Da kann ich mich nur anschließen.
 
Frau Ecks hat natürlich schon recht: Was tut man eigentlich als Bibliothek,
wenn man sich einseitig in Richtung Apple positioniert und den Rest der Welt
links liegen lässt? Darf man das als öffentliche Einrichtung? Laut einer 
Statistik
von Ende 2009 verteilen sich die Handy-Betriebssysteme in Deutschland
folgender Maßen: 58,5 Prozent Symbian, 18,4 Prozent Windows Mobile, 15,2
Prozent Apple, 6,1 Prozent RIM, 1,4 Prozent Google/Android. Sicher wird sich
die Verteilung inzwischen etwas zugunsten von Apple verschoben haben,
aber in absoluten Zahlen ist die Zahl der iPhone-User immer noch eine
absolute Minderheit
- auch wenn das gefühlt anders sein mag. (Und auch wenn alle Zeitungen
darüber geschrieben haben, kann man beim iPad garantiert noch nicht von
flächendeckender Verbreitung sprechen.) Selbst in Amerika macht der Anteil
des Apple-Handy-Betriebssystems nur etwa ein Viertel des Gesamtmarktes
aus.

Das ist auch aus meiner Sicht die zentrale Frage: App oder WebApp? Ich 
bevorzuge eher letzteres, denn die Knebel des AppStores und die einseitige 
Positionierung auf die Vertriebskanäle und Zensurmaßnahmen von Appel sind mir 
ein Graus. Aber Apps haben eben ihre spezifischen Vorteile. Und wenn man die 
nutzen möchte, dann muß man die Knebel hinnehmen oder es lassen. Und Strich 
würde ich aber sagen, daß man sich eher darauf konzentrieren sollte, unsere 
"normalen Webanwendungen" auch für eine optimale Nutzung auf einem iPhone/iPad 
usw. auszurichten. Dann kann man sich damit beschäftigen, auch Gerätespezifika, 
sofern sie einen gewissen Verbreitungsgrad haben, bei der Implementierung von 
Webanwendungen zu berücksichtigen, sofern es einen Mehrwert bringt.

In Bezug auf das konkrete BSB-Angebot hat sich mir die Frage gestellt, ob das
einer renommierten wissenschaftlichen Bibliothek noch "würdig"
ist.  Eine iPhone-/iPad-App für den Katalogzugriff OK. Das ist eine
bibliothekarische Dienstleistung mit modernsten technischen Mitteln.
Doch dieses Projekt hat eindeutig nur den "Wir-sind-auch-da-in-der-
modernen-Welt"-Effekt(hascherei)-Nimbus. Mit wissenschaftlichem
Anspruch hat es gewiss nichts zu tun, wenn man einfach mal 50 Perlen aus
seinen Digitalisaten heraus pickt, um damit auf sich aufmerksam zu machen.

So ist es. Aber dennoch finde ich es einen sehr erfrischenden Angang, den die 
BSB da unternommen hat. Hält man sich dann noch vor Augen, an was man in 
München im letzten Jahr noch gearbeitet hatte ...

  http://archiv.twoday.net/stories/6024725/

... na dann kann man nur sagen: Willkommen in der Gegenwart. ;)

Beste Grüße,
Kay Heiligenhaus

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