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Re: [InetBib] Die Open-Access-Heuchelei der Bibliothekare
- Date: Mon, 28 Jun 2010 12:03:54 +0200
- From: Jakob Voss <jakob.voss@xxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Die Open-Access-Heuchelei der Bibliothekare
Klaus Graf schrieb:
Wenn man von regionalen Zeitschriften und vergleichbaren
Organen absieht, sondern nur die einflussreichsten
deutschsprachigen Fachzeitschriften zugrundelegt, gibt es
nach wie vor keine einzige Open-Access-Zeitschrift.
Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Genausogut lässt sich behaupten,
dass alle relevanten deutschsprachigen Fachzeitschriften Open Access
sind. Solch unqualifizierte Stänkerei hilft niemandem weiter.
I) Ersten gibt es mit LIBREAS mindestens eine wissenschaftliche
Fachzeitschrift im deutschsprachigen Bibliothekswesen.
LIBREAS ist als studentische Zeitschrift fuer mich ganz
klar am Schluss eines Rankings bibliothekarischer
Fachzeitschriften einzusortieren. Hier ging es um die
Organe der ersten Reihe, und wer behauptet, dass LIBREAS
dorthin gehoert, sollte dies ausfuehrlich begruenden.
Studentische Zeitschriften haben in allen Disziplinen nicht
das gleiche Ansehen wie "normale" Fachzeitschriften.
LIBREAS keine "studentische Zeitschrift" sondern eine deutschsprachige
Fachzeitschrift, die von Studenten gegründet wurde. Darüber hinaus ist
der Schluss "von Studenten" => "mindere Qualität" ebenso falsch wie der
Schluss "gedruckt" => "höhere Qualität".
II) Zweitens gibt es die "einflussreichsten deutschsprachigen
Fachzeitschriften", die sie hier herbeifabulieren überhaupt nicht. Heute
hat manch Blogbeitrag oder sogar Tweet mehr Einfluss als ein so
genannter Fachartikel. Statt alles über einen Kamm zu scheren, sollte
erstmal klargestellt werden, wozu die Artikel dienen und in welchem
Kontext überhaupt von Einfluss gesprochen werden kann:
* Anzahl der Leser?
* Wissenschaftlicher Einfluss?
* Einfluss auf Kaufentscheidungen?
* Einfluss auf das Ego des Autors?
* etc.
Das lässt sich eben *nicht* alles zu einer Kenngröße zusammenfassen und
daraus ein Ranking erstellen. Es kommt eben darauf an, welches Ziel für
wichtig erachtet wird. Open Access ist auch kein Selbstzweck für sich
und wenn OA-Publikationen nicht archiviert werden (siehe das von Thomas
Krichel angebrachte Beispiel in diesem Thread) sind sie für bestimmte
Zwecke sogar ein Rückschritt.
Lars Minat schrieb:
Sollte es dann nicht besser "Die Open-Access-Heuchelei der ZfBB"
heißen? Sie verallgemeinern zu sehr.
Genauso ist es. Die Kritik von Herrn Graf enthält einen wahren Kern aber
bei all den Pauschalisierung und Anschuldigungen kommt insgesamt nichts
produktives heraus. Und wenn dann mal jemand etwas in die Richtige
Richtung unternimmt (wie z.B. die Gründung von LIBREAS), wird ihm auch
noch ein Knüppel über den Kopf gezogen.
Konkret lässt sich kritisieren, dass u.A. folgende Zeitschriften nicht
Open Access sind:
* ABI Technik
* BIT Online
* Information - Wissenschaft und Praxis
* ZfBB
Und dass u.A. bei folgenden Zeitschriften das Embargo zu lang ist:
* Bibliothek: Forschung und Praxis
* Bibliotheksdienst
* BuB
Ich schließe daraus aber eher umgekehrt, dass die obengenannten
Zeitschriften eine geringe Relevanz aufweisen. Der Anzahl von guten
Artikeln ist im Vergleich zu dem was frei Verfügbar publiziert wird
marginal. Dass viele Bibliothekare diesem marginalen Bereich der
gedruckten "Fach"-Artikel einen höheren Stellenwert beimessen, ist ein
anderes Problem. Ich habe jedenfalls nicht vor, je in meinem Leben
nochmal ABI, BIT, IWP oder ZfBB zu veröffentlichen - wenn andere Autoren
meinen, dass sie das für wichtig erachten, ist das ihr Problem.[*]
Gruß
Jakob
[*] Statt die "Open-Access-Heuchelei der Bibliothekare" anzuprangern,
könnte Herr Graf ja mal als Pranger eine Liste der Autoren in ABI, BIT,
IWP oder ZfBB erstellen :-) Es sind nämlich nicht "die Bibliothekare"
sondern konkrete Einrichtungen und Personen, denen sich konkrete
Dummheiten vorwerfen lassen.
--
Jakob Voß <jakob.voss@xxxxxx>, skype: nichtich
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Platz der Goettinger Sieben 1, 37073 Göttingen, Germany
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