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[InetBib] Leitfaden zu § 137l UrhG
- Date: Fri, 21 May 2010 13:17:54 +0200
- From: Till Kreutzer <till.kreutzer@xxxxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Leitfaden zu § 137l UrhG
Liebe Liste,
ich verfolge - auf Hinweis der DFG - gerade die Reaktionen, die auf die
Veröffentlichung meines Leitfadens ergangen sind. Aufgrund der (wie üblich ganz
pauschal herabsetzenden, polemischen und annähernd beleidigenden) Äußerungen
von Herrn Graf, habe ich mich entschieden, selbst einen Beitrag zu posten.
Dieser soll dienen, eine erneute Unsicherheit aufgrund der Behauptungen von
Herrn Graf zu verhindern. Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass der Leitfaden
nicht nur einen einzigen Punkt, sondern eine Vielzahl von Themen behandelt,
über die bislang nach Auffassung der DFG und der MPG erhebliche Unsicherheit
herrschte. Um Licht in diese vielen dunklen Stellen zu bringen, habe ich den
Leitfaden mit erheblichem Aufwand erstellt. Dass Herr Graf in seinem Blog
aufgrund eines einzigen Punktes, in dem er anderer Auffassung ist, titelt:
"Schlechter Leitfaden zu § 137 l UrhG" spricht für sich und bedarf keines
weiteren Kommentars.
Zu dem Punkt, über den hier auf der Liste diskutiert wurde, also meine
Empfehlung zur Handhabung von Altverträgen bei Zeitschriftenbeiträgen: Ich
möchte zunächst erneut darauf hinweisen, dass ich im Leitfaden ganz klar
herausgestellt habe, dass ich hier nur eine - zwecks Praktikabilität naturgemäß
sehr generelle - Empfehlung abgebe, die auf meinen eigenen Anschauungen zur
gängigen Vertragspraxis basiert. Diese ist, dass in den Rechtswissenschaften
und auch den Naturwissenschaften die Verlage mit ihren Autoren ganz
üblicherweise Verträge schließen, in denen den Autoren in der Regel alle Rechte
exklusiv und zeitlich unbegrenzt abverlangt werden. In all diesen Fällen ist
die Anwendung der Vermutung in § 38 Abs. 1 UrhG ausgeschlossen, es gilt § 137l
UrhG und meine generelle Empfehlung im Leitfaden zum Umgang mit solchen
Beiträgen sollte im Regelfall befolgt werden (anders nur, wenn im Einzelfall
ausgeschlossen werden kann, dass konkrete Vereinbarungen über die
Rechteübertragung getroffen wurden).
Nur für den Fall, dass die (bislang unbelegte) Behauptung von Herrn Graf
zutreffen sollte, dass in den Geisteswissenschaften anders als in anderen
Disziplinen keine Verträge geschlossen werden, in denen der Umfang der
Rechteeinräumung an den Verlag ausdrücklich vereinbart ist (im Übrigen müssen
diese Verträge nicht einmal schriftlich geschlossen werden, das ist nur eine
Beweisfrage), gilt generell die Vermutung des § 38 Abs. 1 UrhG. Mit anderen
Worten: Nur für den Fall, dass die Behauptung von Herrn Graf zutreffen sollte,
könnte und sollte man davon ausgehen, dass es in Bezug auf Altverträge über
Zeitschriftenbeiträge (bzw. Sammlungsbeiträge) in den Geisteswissenschaften auf
die Probleme des § 137l UrhG generell nicht ankommt. Auch hier gilt natürlich,
dass - falls doch Verträge mit der o.g. Reichweite geschlossen wurden - § 137l
UrhG wiederum Anwendung findet. Ist man sich nicht sicher oder kann man sich
nicht sicher darüber sein, gilt wiederum meine o.g. Empfehlung, alles andere
birgt Risiken. Eigentlich ist das natürlich eine Frage des Einzelfalls, aber es
geht im Leitfaden schließlich darum, allgemeine Handlungsempfehlungen zu geben.
Ich bin gern bereit, eine etwaig abweichende Praxis in den
Geisteswissenschaften im Leitfaden zu berücksichtigen, sofern mir belastbare
Belege hierfür vorliegen.
Will man diesen Punkt, statt wie von mir generell, bezogen auf die einzelnen
Branchen und Wissenschaftsdisziplinen behandeln, wäre eigentlich eine Studie
über die gängige Vertragspraxis, unterschieden nach den jeweiligen Feldern,
erforderlich. Ich denke, es ist jedem klar, dass eine solche durchzuführen, in
diesem Zusammenhang weder möglich war, noch Sinn und Zweck des Leitfadens ist.
Er soll als praktische Handreichung dienen, in der die wesentlichen Punkte
allgemeinverständlich und in gebotener Kürze erläutert und praktikable
Empfehlungen für den Umgang mit der Rechtsunsicherheit gegeben werden, der der
Gesetzgeber die von § 137l UrhG Betroffenen ausgesetzt hat. Und er soll die
Bibliotheken vor unkalkulierbaren Risiken schützen bzw. hierüber aufklären.
Mit freundlichen Grüßen
Till Kreutzer
--
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Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.