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Re: [InetBib] deutsche E-Books, Flash und Remote Access
- Date: Thu, 04 Mar 2010 08:47:08 +0100
- From: Thomas Stäcker <staecker@xxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] deutsche E-Books, Flash und Remote Access
Lieber Herr Junkes-Kirchen,
Sie sprechen ein Dilemma an, das möglicherweise noch weiter reicht, als
Ihre email andeutet. Wenn ich heute als (geisteswissenschaftliche)
Bibliothek ein ebook erwerben möchte, passiert im schlimmsten Fall
Folgendes:
a) wenn man den Druck besitzt gibt es keinen oder einen zu geringen
Rabatt auf eine zusätzliche ebook Version, dei man ggf. aus
Recherchegründen kaufen möchte. Es gibt tatsächlich Verlage, die 100%
Aufschlag verlangen, was ich als "Abzocke" empfinde, da es erstens
andere Verlage günstiger anbieten können (z.B. 20% Aufschlag), zweitens
die Gestehungskosten keine Rolle mehr spielen dürften
b) wenn die Bibliothek, wie im kultur- und geisteswissenschaftlichen
Umfeld typisch, einen Archivauftrag hat, wird ihr nicht oder nur unter
erheblichen Auflagen gestattet eine Archivkopie anzulegen.
c) es wird Ihnen nicht gestattet das ebook selbst anzuzeigen, sondern
Sie müssen über den Verlagsserver gehen, was die von Ihnen
beschriebene Kraut- und Rübenansicht zur Folge hat
d) wenn Sie es denn schaffen in Besitz einer Kopie zu kommen und Sie sie
indexieren dürfen, werden davon Datenbanken und Lexika ausgeschlossen,
weil die KWIC Anzeige ggf. dazu führt, dass der Nutzer es nicht mehr
kaufen möchte.
e) eine Konversion der Objekte wird nicht erlaubt oder ist wegen der von
Ihnen beschriebenen DRM Maßnahmen nicht möglich (dies wäre aber für
eine Archistrategie und einen homogeneisierten Zugriff on campus
unverzichtbar)
f) ein moderner Zugriff - Sie beschreiben es - von Aussen ist nicht
gestattet
Kurz, ich frage mich, worin in so einem schlimmsten Fall der Sinn des
Erwerbs von ebooks liegen sollte und man sollte in der Tat dann einfach
die Finger davon lassen. Freilich gibt es auch andere Verlage, die hier
großzügiger verfahren und wieder andere, die hier noch abwarten, denn
nach meinem Eindruck zumindest im geistes- und kulturwissenschaftlichen
Sektor noch nicht bestellt und ich sehe durchaus Perspektiven zu
einem für Verlage und Bibliotheken gleichermassen profitablen Modus
vivendi zu kommen. Ich würde mir beim Erwerb eines ebooks wünschen,
dass es
a) einen günstigen Bundlepreis
b) das Recht zur Archivierung, Formatkonversion und Indexierung (inkl.
Datenbanken und ohne DRM)
c) das Recht zur Anzeige on campus
d) einen remote access gibt
Das würde m.E. auch zur Belebung des ebook Marktes im geistes- und
kulturwissenschaftlichen Bereich führen.
Viele Grüße,
Ihr
Th. Stäcker
Klaus Junkes-Kirchen schrieb:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
vor noch nicht allzu langer Zeit beklagten die Bibliotheken, dass es zu
wenig deutschsprachige Titel im Spektrum der E-Book-Angebote gäbe.
Die deutschen Verlage haben nun nachgelegt und inzwischen gibt es eine
Reihe von Angeboten diverser Verlagshäuser. Jedes Haus für sich und auf
einer eigenen Plattform und oft mit sehr eigenwilligen und wenig
standardisierten Lizenzverträgen (ich spreche von Lizenzangeboten für
institutionelle Kunden, nicht von Einzeltitelangeboten für private
Endkunden).
Aus Gründen des DRM werden viele dieser Angebote aber im Format "Flash"
realisiert. Ein Browser-Plug-in mit hoher Verbreitung, also ein
Quasi-Standard. Soweit ist das noch nachzuvollziehen.
Die Nutzbefragungen in Frankfurt und Bayern wie auch im Vereinigten
Königreich belegen, dass E-Books zum kurzen Nachschlagen, für
Volltextrecherche und zum Ausdrucken von Textpassagen zu intensiveren
Bearbeitung genutzt werden - und dies eben zu jeglicher Tages- und
Nachtzeit und vor allem: von zu Hause aus (= remote access).
Schön, dass die Lizenzbedingungen auch den Remote Access gestatten (bis
auf eine unrühmliche Ausnahme aus München).
Nun zeigt sich aber offenkundig, dass die Zugriffssteuerungen für den
Remote Access für autorisierte Nutzer (via VPN, HAN oder auch anderen
Lösungen) mit dem Flash-Plug-in nicht zurechtkommen.
Frage: Gibt es schon "irgendwo" eine technische Lösung für dieses Problem?
Wenn nein, wie gehen die Bibliotheken mit dieses Angeboten um?
Präsenznutzung der E-Books auf dem Campus, im Bibliotheksgebäude? Das
würde in jeder Hinsicht den Nutzererwartungen nicht entsprechen und
somit indiskutabel.
Wer hat Vorschläge oder Ideen, wie man die Verlagshäuser bzw. die ITler
dazu bewegen kann, dieses Dilemma zu lösen?
Ausser abstinent bleiben und von solchen Angeboten die Finger weg lassen ;-)
Viele Grüße
Junkes-Kirchen
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Dr. Klaus Junkes-Kirchen
Abteilungsleiter Medienbearbeitung
Tel. ++49 (0)69 798 39272
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Dr. Thomas Staecker (stellv. Direktor; Leiter Abteilung Integrierte
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