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Re: [InetBib] deutsche E-Books, Flash und Remote Access



Lieber Herr Junkes-Kirchen,

Sie sprechen ein Dilemma an, das möglicherweise noch weiter reicht, als 
Ihre email andeutet.  Wenn ich  heute als (geisteswissenschaftliche) 
Bibliothek  ein ebook erwerben möchte, passiert im schlimmsten Fall 
Folgendes:

a) wenn man den Druck besitzt gibt es keinen oder einen zu geringen 
Rabatt auf eine zusätzliche ebook Version, dei man ggf. aus 
Recherchegründen kaufen möchte. Es gibt tatsächlich Verlage, die 100% 
Aufschlag verlangen, was ich als "Abzocke" empfinde, da es erstens 
andere Verlage günstiger anbieten können (z.B. 20% Aufschlag), zweitens 
die Gestehungskosten keine Rolle mehr spielen dürften

b) wenn die Bibliothek, wie im kultur- und geisteswissenschaftlichen 
Umfeld typisch, einen Archivauftrag hat, wird ihr nicht oder nur unter 
erheblichen Auflagen gestattet eine Archivkopie anzulegen. 

c) es wird Ihnen nicht gestattet das ebook selbst anzuzeigen, sondern 
Sie müssen  über den  Verlagsserver gehen, was die von Ihnen 
beschriebene Kraut- und Rübenansicht zur Folge hat

d) wenn Sie es denn schaffen in Besitz einer Kopie zu kommen und Sie sie 
indexieren dürfen, werden davon Datenbanken und Lexika ausgeschlossen, 
weil die  KWIC Anzeige ggf. dazu führt, dass der Nutzer es nicht mehr 
kaufen möchte.

e) eine Konversion der Objekte wird nicht erlaubt oder ist wegen der von 
Ihnen beschriebenen DRM Maßnahmen nicht möglich (dies wäre aber für 
eine  Archistrategie und einen homogeneisierten Zugriff on campus 
unverzichtbar)

f) ein moderner Zugriff - Sie beschreiben es - von Aussen ist nicht 
gestattet

Kurz, ich frage mich, worin in so einem schlimmsten Fall der Sinn des 
Erwerbs von ebooks liegen sollte und man sollte in der Tat dann einfach 
die Finger davon lassen. Freilich gibt es auch andere Verlage, die hier 
großzügiger verfahren und wieder andere, die hier noch abwarten, denn  
nach meinem Eindruck  zumindest im geistes- und kulturwissenschaftlichen 
Sektor  noch nicht bestellt und  ich sehe  durchaus  Perspektiven  zu 
einem für Verlage und  Bibliotheken gleichermassen profitablen Modus 
vivendi zu kommen. Ich  würde mir beim Erwerb eines ebooks wünschen,  
dass es

a) einen  günstigen Bundlepreis
b) das Recht zur Archivierung, Formatkonversion und Indexierung (inkl. 
Datenbanken und ohne DRM)
c) das Recht zur Anzeige on campus
d) einen remote access gibt

Das würde m.E. auch zur Belebung des ebook Marktes im geistes- und 
kulturwissenschaftlichen Bereich führen.

Viele Grüße,
Ihr
Th. Stäcker




 
Klaus Junkes-Kirchen schrieb:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

vor noch nicht allzu langer Zeit beklagten die Bibliotheken, dass es zu 
wenig deutschsprachige Titel im Spektrum der  E-Book-Angebote gäbe.

Die deutschen Verlage haben nun nachgelegt und inzwischen gibt es eine 
Reihe von Angeboten diverser Verlagshäuser. Jedes Haus für sich und auf 
einer eigenen Plattform und oft mit sehr eigenwilligen und wenig 
standardisierten  Lizenzverträgen (ich spreche von Lizenzangeboten für 
institutionelle Kunden, nicht von Einzeltitelangeboten für private 
Endkunden).
Aus Gründen des DRM werden viele dieser Angebote aber im Format "Flash" 
realisiert. Ein Browser-Plug-in mit hoher Verbreitung, also ein 
Quasi-Standard. Soweit ist das noch nachzuvollziehen.

Die Nutzbefragungen in Frankfurt und Bayern wie auch im Vereinigten 
Königreich belegen, dass E-Books zum kurzen Nachschlagen, für 
Volltextrecherche und zum Ausdrucken von Textpassagen zu intensiveren 
Bearbeitung genutzt werden - und dies eben zu jeglicher Tages- und 
Nachtzeit und vor allem: von zu Hause aus (= remote access).

Schön, dass die Lizenzbedingungen auch den Remote Access gestatten (bis 
auf eine unrühmliche Ausnahme aus München).

Nun zeigt sich aber offenkundig, dass die Zugriffssteuerungen für den 
Remote Access für autorisierte Nutzer (via VPN, HAN oder auch anderen 
Lösungen)  mit dem Flash-Plug-in nicht zurechtkommen.

Frage: Gibt es schon "irgendwo" eine technische Lösung für dieses Problem?

Wenn nein, wie gehen die Bibliotheken mit dieses Angeboten um? 
Präsenznutzung der E-Books auf dem Campus, im Bibliotheksgebäude? Das 
würde in jeder Hinsicht den Nutzererwartungen nicht entsprechen und 
somit indiskutabel.

Wer hat Vorschläge oder Ideen, wie man die Verlagshäuser bzw. die ITler 
dazu bewegen kann, dieses Dilemma zu lösen?

Ausser abstinent bleiben und von solchen Angeboten die Finger weg lassen ;-)

Viele Grüße
Junkes-Kirchen


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Dr. Klaus Junkes-Kirchen
Abteilungsleiter Medienbearbeitung
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