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Re: [InetBib] Wahrheit, Sichtbarkeit und Kontrolle
- Date: Wed, 2 Sep 2009 16:09:44 +0200
- From: Matthias Ulmer <mulmer@xxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Wahrheit, Sichtbarkeit und Kontrolle
Lieber Herr Steinhauer,
vielen Dank für die Antwort zum Thema Wahrheit und Sichtbarkeit. Das
beantwortet meine Frage und klingt sehr plausibel. Auch die darin
formulierte Anforderung an Verlage erscheint mir richtig:
"Wenn und soweit Verlage Sichtbarkeit besser als ich selbst
herstellen können, bleiben sie als Partner der Wissenschaft
interessant. Man darf aber bezweifeln, ob dazu die Kontrolle über
Inhalte für die gesamte Dauer des Urheberrechts wirklich nötig ist."
Wenn der Verlag nichts leistet, was der Autor nicht selbst kann,
dann macht er sich überflüssig. Und die Nagelprobe bestehen viele
Verlage im wissenschaftlichen Publizieren heute nicht. Sie machen
sich überflüssig und merken es oft noch nicht einmal.
Beim Thema "Kontrolle" kann ich nicht ganz so leicht zustimmen. Ihre
Betrachtung vergleicht die Wirkung, die von einer Publikation unter
Zwang in OA, bei Google oder in Print bei einem Verlag ausgeht. Sie
machen eine Abwägung der drei Varianten und bewerten diese
entsprechend der Ziele eines Autors.
Das Problem der Publikationsfreiheit setzt genau da an. SIE machen
eine Abwägung, kommen zu einem Ergebnis und halten das für DEN AUTOR
für verbindlich.
Wenn Sie diese Abwägung für sich, für Ihre Werke treffen, dann ist
das in Ordnung. Wenn aber ein anderer Autor bei der Abwägung zu einem
anderen Ergebnis kommt, dann sieht es ganz anders aus. Deshalb darf
man nicht die Wahlfreiheit beschränken und sagen: ich weiß
schließlich, was gut für Dich ist, sondern muss dem Autor die
Wahlfreiheit lassen. Wenn Ihre Abwägung tatsächlich
Allgemeingültigkeit beanspruchen kann, dann werden sich alle Autoren
so entscheiden wie Sie, und die Welt ist in Ordnung. Wenn sich aber
viele so nicht entscheiden wollen, dann ist es notwendig, dass denen
die Freiheit der Entscheidung bleibt. Und darum lohnt es sich für
diese auch für ihr Recht auf Publikationsfreiheit zu kämpfen.
Ihre Abwägung ist für wissenschaftliche Schriften durchaus plausibel.
Wenn Sie einen Verlag wählen, weil Sie mit Ihrem Werk gerne im
Umfeld des Programms stehen wollen um vom Renomee zu profitieren,
dann ändert die Publikation im Internet daran nichts. Das sieht bei
einem belletristischen Autor ganz anders aus. Noch mal anders beim
Autor eines Kochbuchs oder eines juristischen Kommentars.
Übrigens können Sie doch auch bei einer digitalen Publikation eine
bittere Rezension bekommen und ein Student kann Ihren Text ausdrucken
und bekritzeln. Unsicher bin ich bei der Resterampe: wenn ich hundert
E-Books als Download gekauft habe, dann darf ich doch meine
Festplatte mit den E-Books auch zum Schleuderpreis auf E-Bay anbieten
und an jemanden verkaufen, oder?
Die Vermutungen über Verleger lasse ich mal achselzuckend bei Seite...
Herzliche Grüße
Matthias Ulmer
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