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Re: [InetBib] Professor Reuß, das Urheberrecht =9=75nd 1995
- Date: Tue, 1 Sep 2009 18:17:55 +0200
- From: Matthias Ulmer <mulmer@xxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Professor Reuß, das Urheberrecht =9=75nd 1995
Na ja. Selbst wenn Herr Reuß die Musik bestellt hat, dann beklagen
Sie doch gerade das, dass er eine solche Tonlage vorgibt. Und
einerseits darüber klagen und gleichzeitig liefern?
Hat Herr Reuß "undifferenziert" über Verfassungsbruch gesprochen? Ich
denke, das Thema Veröffentlichungszwang und Verfassungsbruch hat wohl
niemand in den vergangenen zwölf Monaten differenzierter bearbeitet,
oder? Vielleicht für alle zu differenziert, das kann sein.
Hat er undifferenziert über eine digitale Machtergreifung gesprochen?
Es ist eine Metapher... Aber: von mir aus.
Ist das Bild mit den Eunuchen so schlecht? Vielleicht etwas
drastisch. Aber Sie greifen es ja selbst auf, es leuchtet also ein.
Nun haben Sie ihn also überführt! Welcher Sünden hat er sich denn
schuldig gemacht, wie lautet die Anklage?
1. er publiziert im Prinzip Open Access? Welch gravierende
Anschuldigung aus Ihrem Mund... Er lebt sie (das ist wachsweich
formuliert), die OA-Kultur. Das ist ein dünner Strick. Und: er
generiert aus freiem Content etwas Neues? Ist das der Vorwurf? Hat
er wirklich behauptet, dass es verboten gehöre aus freiem Content
etwas Neues zu generieren? Auf was für Abwege geraten wir denn
gerade???
2. er nutzt die Texte von Kafka zu einer Werkausgabe, die zu einem
Zeitpunkt vorbereitet wird, zu dem sie noch gar nicht frei ist?
Sicher eine interessante Frage, was alles erlaubt ist und wo die
Grenzen genau liegen, in der Bearbeitung. Aber: um zu klagen muss man
doch eine Anspruchsgrundlage haben? Und jetzt lehne ich mich weit aus
dem Fenster: Sie haben keine! Es müsste also der S.Fischer Verlag
als Rechteinhaber seine Ansprüche gegen Reuß geltend machen. Und,
hat er das? Nein. Warum? Weil er nichts dagegen hatte, vielleicht?
3. Und die Zitate von Schirrmacher, für den führen Sie nun auch
Klage, ebenfalls ohne Anspruchsgrundlage. Und wenn Schirrmacher
seinem alten Kommilitonen die Rechte freundschaftlich überlassen
hätte? Wie stünden Sie dann da?
Sie wollen es Reuß mit gleicher Münze heimzahlen. Aber Ihre Münze
ist, entschuldigen Sie das, sehr sehr klein. So wechselt der Eunuch
munter von einer Seite zur anderen.
Schöne Grüße
Matthias Ulmer
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Am 01.09.2009 um 17:34 schrieb Eric Steinhauer:
Lieber Herr Ulmer,
die Musik habe ich nicht bestellt, die Tonlage hat Professor Reuß
vorgegeben. Wer undifferenziert von Verfassungsbruch und digitaler
Machtergreifung spricht, wer andere als Eunuchen bezeichnet, muss
es sich gefallen lassen, wenn man sich auch bei ihm einmal näher
umsieht. Und in der Tat: ich lohnt sich.
Im Grunde lebt Professor Reuß mit seiner Kafka-Ausgabe die Open-
Access-Kultur, die er bei andern als Untergang der Abendlandes
kritisiert: Er generiert aus freiem Content etwas Neues.
Ich denke, ich habe mich hier oft genug so geäußert, dass ich trotz
der Digitalisierung und ihrer unbestreitbaren Vorteile für den
Leser auch und gerade an die Zukunft des gedruckten Buches glaube.
Ich kann nicht erkennen, dass ich mit der kleinen Blütenlese in
Sachen Reuß hier irgendeine andere Position eingenommen haben.
Aber nochmal: Wer austeilt, darf auch einstecken. Und wer andere
Eunuchen nennt, ist manchmal selber einer! ;)
Viele Grüße
Eric Steinhauer
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