Lieber Herr Graf,
Sie sind ein Verallgemeinerungskünstler, der Thomas Bernhard wenig
nachsteht.
So schreiben Sie "es ist nicht einzusehen" und meinen eigentlich "Ich
kann das nicht einsehen".
Ich kann das schon. Der Link auf ihren Archivalia-Beitrag führt auf
Überlegungen von Herrn Hohoff zur Zugänglichkeit von
/Universitätsbibliotheken/. In den Kommentaren dazu wurde noch darauf
hingewiesen, dass manche zusätzliche Pflichten z.B. als Regional- oder
Landesbibliothek haben. Der Anspruch der Öffentlichkeit an diese ist
sicher ein anderer als der an eine Spezialbibliothek. Ich möchte auch
noch einmal das Argument wiederholen, dass aus dem schlichten Faktum,
dass ein Gut "vom Steuerzahler" bezahlt wurde, nicht folgt, dass "der
Steuerzahler" dazu direkten Zugang haben muss. Polizisten haben z.B.
Dienstwaffen, die Sie, Herr Graf, nicht benutzen dürfen. Vielleicht
fällt Ihnen selber dafür ein Grund ein.
Die Frage wäre also eher grundsätzlich, ob Bibliotheken, die aus
öffentlichen Geldern unterhalten werden, auch öffentlich zugänglich sein
/müssten/, und die Antwort scheint mir offensichtlich zu sein: Nein!
Die nächste Frage ist, ob die Zugänglichkeit wünschenswert ist oder
anders ausgedrückt, ob solche Bibliotheken öffentlich zugänglich sein
/sollten/. Das kann man sicher nicht so für alle gleich entscheiden.
Sollten z.B. Gefängnis- oder Krankenhausbibliotheken öffentlich
zugänglich sein? Ich denke: nein.
Bis hierhin läuft meine Argumentation auf die einfache
Meta-Verallgemeinerung hinaus: Verallgemeinerungen hindern daran, das
Besondere zu sehen.
Ich würde eigentlich lieber über die Frage nachdenken wollen, ob die von
Herrn Ecker vorgeschlagene Strategie sinnvoll ist. Führt das
Gebührenerheben dazu, dass nur "Fälle von überragendem Bedarf"
entstehen? Bzw. umgekehrt: ist das nicht eine zynische Sichtweise, dass
prohibitive Gebühren alle diejenigen Benutzer abschrecken sollen, deren
Bedarf nicht dringend genug ist, dass sie nicht dafür bezahlen wollen?
Aber wenn man das bejaht, wäre Herr Ecker sicher über ein paar
Vorschläge dankbar, wie man trotzdem beide Ziele erreicht: die Öffnung
der Bibliothek einerseits, die Beschränkung der Ausleihfälle auf ein
handhabbares Maß andererseits. Hat da jemand Ideen?
Schönen Gruß, J. Eberhardt
Klaus Graf schrieb, Am 09.06.2009 17:03:
On Tue, 9 Jun 2009 11:04:58 +0200
"Ecker, Markus" <Markus.Ecker@xxxxxxxxxxxx> wrote:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bislang war in unserer Musikhochschulbibliothek die
Ausleihe von Medien ausschließlich den Angehoerigen
unserer Einrichtung vorbehalten. Nun tragen wir uns mit
dem Gedanken, die Ausleihe auch externen Personen zu
oeffnen. Allerdings muss dies Faellen von ueberragendem
Bedarf vorbehalten bleiben. Deswegen wollen wir ein
Gebuehrenmodell einfuehren, das medien- und
ausleihbezogen ist, also Gebuehren fuer jeden einzelnen
Ausleihvorgang verlangt.
Mich wuerde interessieren, ob es wissenschaftliche
Bibliotheken gibt, in denen ein derartiges
Gebuehrenmodell (ggf. nur fuer bestimmte
Benutzer/-innengruppen oder bestimmte Medienarten)
Anwendung findet - inklusive der konkreten Konditionen.
Vermutlich wird es nur wenige wissenschaftliche
Bibliothekare geben, die auf die idiotische Idee kommen,
bei wissenschaftlichen externen Nutzern pro Ausleihvorgang
abzukassieren. Die Forschungsfreiheit Art. 5 GG ist im
Prinzip ein Abwehrrecht, ist aber auch teilweise eine
Forschungsfoerderungspflicht. Es ist ueberhaupt nicht
einzusehen, dass eine Spezialbibliothek, die vom
Steuerzahler unterhalten wird, sich nicht fuer die
Allgemeinheit oeffnet. Siehe dazu auch Hohoff
http://archiv.twoday.net/stories/5108243/
Klaus Graf