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[InetBib] Umsatzsteuer für elektronische Medien



Liebe Liste,

zum 1. April wurde hier in der Liste verkündet, elektronische Medien unterlägen 
nunmehr dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Diese Meldung war eine Ente. Es gab 
und gibt keine Änderung in den entsprechenden Vorschriften des 
Umsatzsteuergesetzes.

Gleichwohl war für mich diese Mail der Anlass, einmal einen Blick in die 
Rechtsgrundlagen zu werfen. 

Um es kurz zu machen: Ich halte den vollen Steuersatz für elektronische Medien 
für falsch.

Die Frage des Steuersatzes ist in § 12 UStG geregelt. Bücher sind hier in § 12 
Abs. 2 Nr. 1 UStG in Verbindung mit Anlage 2 (dort Nr. 49) zum Gesetz 
berücksichtigt. In Bibliothekskreisen wird immer argumentiert, elektronische 
Medien seien in dieser Anlage nicht enthalten und unterlägen daher dem vollen 
Steuersatz.

http://wiki.iuk.hdm-stuttgart.de/erwerbung/index.php/Umsatzsteuer_auf_Online-Medien

Hierzu ist zuerst anzumerken, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG die Lieferung, die 
Einfuhr und den Erwerb von GEGENSTÄNDEN betrifft. Soweit es um Werke geht, die 
in Netzen verbeitet werden, elektronische Zeitschriften zumal, liegen aber 
keine Gegenstände vor. Die Werke sind unkörperlich.

Betrachtet man die beim Erwerb elektronischer Verträge zu schließenden 
Lizenzvereinbarungen, so ist der hauptsächliche Inhalt die Frage, wer darf wie 
lange auf das Werk zugreifen. 

Zugreifen bedeutet bei unkörperlichen Werken immer die Herstellung von 
Vervielfältigungen in Computernetzen, mithin die Inanspruchnahme des 
urheberrechtlichen Verwertungsrechts aus § 16 UrhG. 

Diese Inanspruchnahme erfolgt durch die vertraglich genau definierte Einräumung 
einfacher Nutzungsrechte. Erworben werden bei elektronischen Publikationen 
daher keine Gegenstände, sondern Rechte nach dem Urheberrechtsgesetz.

Hier wäre § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG näher zu erwägen. Danach gilt der ermäßigte 
Steuersatz von 7 % auch für die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von 
Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben.

Ich kann keinen Grund erkennen, Lizenzverträge über elektronische 
Zeitschriften, die nichts anderes sind als die entgeltliche Einräumung der in § 
12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG beschriebenen Rechte, dem vollen Steuersatz zu 
unterwerfen.

Soweit mir hier Kommentare zum UStG vorliegen, wird das Problem der 
elektronischen Zeitschriften nicht erörtert. 

Einschlägig scheint mir aber dies:
"Kann ein urheberrechtlich geschützes Werk ... nur durch Ausnutzung von Rechten 
an diesem Werk bestimmungsgemäß verwendet werden und werden ... daher die 
entsprechenden Nutzungsrechte eingeräumt oder übertragen, so bildet die 
Einräumung oder Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte den wesentlichen 
Inhalt der Leistung." Klenk, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, München 
[Loseblattwerk], § 12, Rn. 311 [Stand: 59 EL, April 2008].

Da die Lizenzierung elektronischer Zeitschriften zentral die Einräumung von 
urheberrechtlichen Nutzungsrechten, wenigstens aber von Gestattungen zum Inhalt 
hat, kann hier nichts anderes gelten. 

Anders gewendet: Ohne diese vertraglich eingeräumten Rechte wäre die Nutzung 
der Zeitschriften mangels entsprechender Schranken rechtswidrig, illegal, 
strafbar. Das zeigt noch einmal, dass der "Erwerb" elektronischer Zeitschriften 
zentral das Urhebrrecht berührt und entsprechende Rechte Vertragsgegenstand 
sind.

Ich möchte daher behaupten, Online-Medien unterliegen zwar nicht nach § 12 Abs. 
2 Nr. 1 UStG iVm mit Anlage 2 zum Gesetz, wohl aber nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 c 
UStG einem ermäßigten Steuersatz.

Da ich mich damit wohl gegen die herrschende Steuerpraxis stelle, wäre ich 
dankbar für Hinweise, wo mein Denkfehler liegt.

Viele Grüße aus Magdeburg
Eric Steinhauer




Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.