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[InetBib] Umsatzsteuer für elektronische Medien
- Date: Tue, 7 Apr 2009 18:16:54 +0200 (CEST)
- From: Eric Steinhauer<eric.steinhauer@xxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Umsatzsteuer für elektronische Medien
Liebe Liste,
zum 1. April wurde hier in der Liste verkündet, elektronische Medien unterlägen
nunmehr dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Diese Meldung war eine Ente. Es gab
und gibt keine Änderung in den entsprechenden Vorschriften des
Umsatzsteuergesetzes.
Gleichwohl war für mich diese Mail der Anlass, einmal einen Blick in die
Rechtsgrundlagen zu werfen.
Um es kurz zu machen: Ich halte den vollen Steuersatz für elektronische Medien
für falsch.
Die Frage des Steuersatzes ist in § 12 UStG geregelt. Bücher sind hier in § 12
Abs. 2 Nr. 1 UStG in Verbindung mit Anlage 2 (dort Nr. 49) zum Gesetz
berücksichtigt. In Bibliothekskreisen wird immer argumentiert, elektronische
Medien seien in dieser Anlage nicht enthalten und unterlägen daher dem vollen
Steuersatz.
http://wiki.iuk.hdm-stuttgart.de/erwerbung/index.php/Umsatzsteuer_auf_Online-Medien
Hierzu ist zuerst anzumerken, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG die Lieferung, die
Einfuhr und den Erwerb von GEGENSTÄNDEN betrifft. Soweit es um Werke geht, die
in Netzen verbeitet werden, elektronische Zeitschriften zumal, liegen aber
keine Gegenstände vor. Die Werke sind unkörperlich.
Betrachtet man die beim Erwerb elektronischer Verträge zu schließenden
Lizenzvereinbarungen, so ist der hauptsächliche Inhalt die Frage, wer darf wie
lange auf das Werk zugreifen.
Zugreifen bedeutet bei unkörperlichen Werken immer die Herstellung von
Vervielfältigungen in Computernetzen, mithin die Inanspruchnahme des
urheberrechtlichen Verwertungsrechts aus § 16 UrhG.
Diese Inanspruchnahme erfolgt durch die vertraglich genau definierte Einräumung
einfacher Nutzungsrechte. Erworben werden bei elektronischen Publikationen
daher keine Gegenstände, sondern Rechte nach dem Urheberrechtsgesetz.
Hier wäre § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG näher zu erwägen. Danach gilt der ermäßigte
Steuersatz von 7 % auch für die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von
Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben.
Ich kann keinen Grund erkennen, Lizenzverträge über elektronische
Zeitschriften, die nichts anderes sind als die entgeltliche Einräumung der in §
12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG beschriebenen Rechte, dem vollen Steuersatz zu
unterwerfen.
Soweit mir hier Kommentare zum UStG vorliegen, wird das Problem der
elektronischen Zeitschriften nicht erörtert.
Einschlägig scheint mir aber dies:
"Kann ein urheberrechtlich geschützes Werk ... nur durch Ausnutzung von Rechten
an diesem Werk bestimmungsgemäß verwendet werden und werden ... daher die
entsprechenden Nutzungsrechte eingeräumt oder übertragen, so bildet die
Einräumung oder Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte den wesentlichen
Inhalt der Leistung." Klenk, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, München
[Loseblattwerk], § 12, Rn. 311 [Stand: 59 EL, April 2008].
Da die Lizenzierung elektronischer Zeitschriften zentral die Einräumung von
urheberrechtlichen Nutzungsrechten, wenigstens aber von Gestattungen zum Inhalt
hat, kann hier nichts anderes gelten.
Anders gewendet: Ohne diese vertraglich eingeräumten Rechte wäre die Nutzung
der Zeitschriften mangels entsprechender Schranken rechtswidrig, illegal,
strafbar. Das zeigt noch einmal, dass der "Erwerb" elektronischer Zeitschriften
zentral das Urhebrrecht berührt und entsprechende Rechte Vertragsgegenstand
sind.
Ich möchte daher behaupten, Online-Medien unterliegen zwar nicht nach § 12 Abs.
2 Nr. 1 UStG iVm mit Anlage 2 zum Gesetz, wohl aber nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 c
UStG einem ermäßigten Steuersatz.
Da ich mich damit wohl gegen die herrschende Steuerpraxis stelle, wäre ich
dankbar für Hinweise, wo mein Denkfehler liegt.
Viele Grüße aus Magdeburg
Eric Steinhauer
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.