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[InetBib] Elektronischer Leseplatz und Recht auf Privatkopie



Liebe Nichtjuristen!

Verlage behaupten, an den nach § 52b UrhG in Bibliotheken eingerichteten
"elektronischen Leseplätzen" dürften keine Vervielfältigungen gemäß § 53 UrhG
(zum privaten oder wissenschaftlichen eigenen Gebrauch) hergestellt werden.
Einen Beweis für diese Behauptung sind die Verlage, ist der Börsenverein des
deutschen Buchhandels bis jetzt schuldig geblieben.

Seit Jahrhunderten bestehen in Bibliotheken "nicht-elektronische Leseplätze",
auch Lesesäle genannt. Bis zum heutigen Tag ist kein Mensch auf die Idee
gekommen, daß Bibliotheken dort das Kopieren aus und von urheberrechtlich
geschützten Medien verhindern müßten. 

Der Gesetzgeber hat die Möglichkeiten und Grenzen des Kopierens in § 53 UrhG
geregelt. Seit 2003 sind analoge und digitale Kopien für den privaten und
wissenschaftlichen Gebrauch ausdrücklich im Gesetz gleichgestellt. Für die
Vervielfältigung eines vollständigen Buches gilt die Einschränkung, daß dieses
mindestens seit zwei Jahren vergriffen sein muß. Bibliotheken halten sich strikt
strikt an gesetzliche Vorschriften. 

Zu § 52b UrhG lesen wir in der Begründung des Regierungsentwurfs:"Mit der
Regelung wird dem Bildungsauftrag der genannten Einrichtungen Rechnung
getragen...Die Einführung dieser Schrankenregelung ist...ausführlich erörtert
worden und im Grundsatz auf allgemeine Zustimmung gestoßen." Bereits im
Gesetzgebungsverfahren hatten die Verlage versucht, eine Kopierregelung in den §
52b einfügen zu lassen, waren aber gescheitert. Der Gesetzgeber hat anders
entschieden und ausdrücklich auf die Bestimmungen in § 53 UrhG verwiesen.

Lieber Ulmer, wenn Sie diese Rechtslage anders gestaltet haben wollen und wenn
Sie dabei beim Gesetzgeber nicht durchgedrungen sind, kann ich Sie nur
nachdrücklich ermuntern, einen oder viele Musterprozesse anzustrengen. Dabei
wird auch zu klären sein, ob die in § 52b UrhG verbindlich vorgeschriebene
Vergütung zugunsten von Urhebern (=Autoren und Verlage) in der konkreten
Umsetzung nicht angemessen ist.

Ich verwahre mich aber noch einmal und explizit gegen jegliche Versuche der
"Kriminalisierung" von Bibliotheken, die sich bemühen, einen gesetzlichen
Auftrag umzusetzen. Die deutschen Bibliotheken sind jederzeit zu Gesprächen mit
den Verlegern bereit, um eine mögliche Lösung für Ihr Anliegen zu finden. Dabei
wird aber stets der gesetzlich vorgegebene Rahmen oberste Richtschnur bleiben.

Mit den besten Grüßen

--
Dr. Harald Müller
 
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht /
Bibliothek
Max Planck Institute for Comparative Public Law
and International Law / Library
Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg
Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593
Mail: hmueller@xxxxxxx



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