Wieder einmal sehen wir die Parteien in Hader und Zwist
versunken, wobei die Verlagspartei erheblich mehr
Nebelkerzen abbrennt als die Gegenseite.
Man braucht doch nicht so auf die Traenendruese zu druecken
wie Herr Ulmer, der auf das bitterlichste ueber angeblichen
Wortbruch jammert.
Zunaechst einmal ist festzustellen, dass das
Bibliotheksportal einige tote Links in seinen Materialien
unter
http://www.bibliotheksportal.de/hauptmenue/themen/recht/
urheberrechtsreform/gemeinsame-stellungnahme-dbv-boersenverein/
duldet. Wieso man PDFs hier einfach rauswirft, erschließt
sich mir nicht. Hat man etwas zu verbergen?
Aber wenigstens sind noch die Erlaeuterungen zur
Gemeinsamen Erklaerung von Boersenverein und DBV online:
"Der Anwendungsbereich ist neben Bibliotheken, Archiven und
Museen um Hochschulen
erweitert worden. Diese können ihre Bestände digitalisieren
bzw. originär digitale Werke in
den Räumlichkeiten der o.g. Einrichtungen an Bildschirmen
wiedergeben. Die weitergehende
Vervielfältigung durch Nutzer der privilegierten
Einrichtungen ist nur in analoger Form
gestattet. Die Anzahl der gleichzeitigen Wiedergaben ist
dem Grundsatz nach unbegrenzt,
soweit die Werke zur Zeit der Wiedergabe nicht lieferbar
sind. Sind die Werke lieferbar, gilt
dass grundsätzlich nicht mehr gleichzeitige Wiedergaben
gestattet sind, als Exemplare zum
Bestand gehören. Grundsätzlich bedeutet, dass in gewissen
Sonderfällen auch mehr
Wiedergaben zulässig sind. Wenn zum Zeitpunkt der
Digitalisierung das Werk bereits vom
Verlag elektronisch zu angemessenen Bedingungen zur Nutzung
angeboten wird, so ist dieses
auf dem Wege einer Lizenz (Zwangslizenz) zu erwerben. Zur
Angemessenheit zählen der
dauerhafte Zugang und eine Vergütung zwischen dem Tarif
einer Verwertungsgesellschaft
und einem handelsüblichen Preis. Für alle Werke, die vor
Inkrafttreten des Gesetzes oder vor
dem elektronischen Verlagsangebot bereits digitalisiert
worden sind, gilt keine Zwangslizenz,
d.h. diese dürfen weiterhin im Rahmen der gesetzlichen
Ausnahme wiedergegeben werden."
Ich wuesste nicht, dass Boersenverein oder DBV diese
Einigung widerrufen haben, lasse mich aber eines besseren
belehren.
Mir scheint das vergleichsweise klar: Soweit die UB
Wuerzburg vor dem elektronischen Angebot eines Verlags
digitalisiert hat, duerfte sie das gemaess dieser
Vereinbarung. Das Abspeichern von Buechern auf USB-Stick
ist von der Vereinbarung nicht gedeckt, wohl aber koennen -
ueber die Vereinbarung hinausgehend, die insofern eine
nicht hinzunehmende Schlechterstellung von Benutzern
gegenueber dem Gesetz darstellt - gemaess § 53 UrhG sehr
wohl elektronische Kopien aus dem Angebot z.B. zu
wissenschaftlichen Zwecken erfolgen.
Wenn die Vereinbarung aus irgendwelchen Gruenden von beiden
Seiten nicht mehr gelten soll, gilt das Gesetz.
"Zulässig ist, veröffentlichte Werke aus dem Bestand
öffentlich zugänglicher Bibliotheken, Museen oder Archive,
die keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder
Erwerbszweck verfolgen, ausschließlich in den Räumen der
jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten
elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private
Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine
vertraglichen Regelungen entgegenstehen. Es dürfen
grundsätzlich nicht mehr Exemplare eines Werkes an den
eingerichteten elektronischen Leseplätzen gleichzeitig
zugänglich gemacht werden, als der Bestand der Einrichtung
umfasst. Für die Zugänglichmachung ist eine angemessene
Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine
Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden."
Da steht mit keiner Silbe, dass die Digitalisierung
unzulaessig ist, wenn ein paralleles elektronisches
Verlagsangebot besteht, abgesehen davon, dass dieses
preislich auch "angemessen" sein muesste, wenn man hier
schon ungeschriebenes Recht erfinden will. Wir lesen als
Kontrast dazu gemeinsam § 53a Abs. 1 Satz 3 UrhG.
Klaus Graf