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Re: [InetBib] Europäische Digitale Bibliothek Europeana
- Date: Fri, 21 Nov 2008 00:23:17 +0100
- From: "Mathias Schindler" <mathias.schindler@xxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Europäische Digitale Bibliothek Europeana
2008/11/20 Stefan Gradmann <stefan.gradmann@xxxxxxxxxxxxxxxx>:
Der Start ist also erfolgt und gelungen: der Prototyp funktioniert mit allen
bekannten und oben angesprochenen Einschränkungen. Getestet wurde der
Prototyp mit simulierten 500 (nicht 5, auch nicht 50!) simultanen Benutzern
- heute Vormittag aber waren es 3000 simultanen Nutzer (bzw. um die 10
Millionen Anfragen pro Stunde!) Sehr erfreulich - aber in dieser Dimension
auch nicht abzusehen!
Ich wurde heute von der BBC bei dem Eröffnungsevent kurz dazu
interviewed und auf den Zusammenbruch angesprochen. Ohne jetzt zu
wissen, die die offizielle EDL-Antwort dazu aussieht, wäre es in
meinen Augen eher ein Reinfall gewesen, wenn sich niemand für
Europeana interessiert hätte.
Die Argumentation Fehlstart, weil überlastet durch den Nutzeransturm
(so gesehen damals beim Start von britannica.com als free-as-in-beer
service http://www.heise.de/newsticker/Britannica-com-ueberrollt--/meldung/6623
oder heute:
http://www.welt.de/webwelt/article2756604/Fehlstart-fuer-erste-digitale-EU-Bibliothek-Europeana.html)
ist unbrauchbar. Analog dazu hätte der Journalismus am 11. September
2001 kollektiv schon deswegen versagt, weil die Nachrichtenwebsites
offline waren.
Dank Wikipedia ist relativ gut dokumentiert
(http://ganglia.wikimedia.org/ und
https://wikitech.leuksman.com/view/Server_admin_log,
nagios.wikimedia.org ist derzeit leider passwortgeschützt), welcher
Aufwand nötig ist, um 180.000.000 Objektaufrufe pro Stunde zu
bewältigen (inzwischen sind es sogar etwas mehr:
http://toolserver.org/~leon/stats/reqstats/reqstats-weekly.png), die
heute vermeldeten 10 Millionen Zugriffe (so viel Personalisierung gibt
es dort ja nicht, das laufende caching kann da ziemlich viel abfangen)
sollten, wenn sie jemals wiederkommen, beherrschbar sein.
Das größte Problem von Europeana dürfte derzeit wohl eher die Frage
sein, bis wann es die gegebenen Versprechen einlösen wird,
beispielsweise den Schritt zur Multilingualität
(http://europeana.eu/portal/brief-doc.html?start=1&view=table&query=%CE%92%CF%8C%CE%BB%CF%86%CE%B3%CE%BA%CE%B1%CE%BD%CE%B3%CE%BA+%CE%91%CE%BC%CE%B1%CE%BD%CF%84%CE%AD%CE%BF%CF%85%CF%82+%CE%9C%CF%8C%CF%84%CF%83%CE%B1%CF%81%CF%84).
Bislang ist es ein außerhalb der Stoßzeiten funktionierender
Meta-Aggregator von einigen Katalogdaten von Archiv-, Museums- und
Bibliotheksbeständen, deren Auswahl nach Verfügbarkeit, nicht nach
Qualität erfolgte. Die Kraft, gegen die derzeit in der Presse
laufenden Labels "Online-Bibliothek" o.ä. anzugehen und noch mehr
falsche Erwartungen zu wecken, sei den Betreibern jedenfalls
gewünscht.
Wenn man den Satz "Nach dem Launch des Europeana-Prototyps ist die
abschließende Aufgabe des Projekts, ein Geschäftsmodell zu empfehlen,
das die Nachhaltigkeit des Portals sichert."
(http://europeana.eu/portal/aboutus.html#technicalplans) wörtlich
nimmt, ist das die bisher deutlichste Stellungnahme, dass es für
Europeana derzeit keine gesicherte Existenz gibt. Es ist daher sehr
plausibel, dass nach dem Start des Prototypen nun diese Frage geklärt
werden soll. Danach oder schon nebenher kann man sich darum kümmern,
dass so viele Daten wie möglich von Europeana für Dritte für alle
möglichen Anwendungsarten zur Verfügung gestellt werden.
Dem Projekt würde es ebenfalls nicht schaden, etwas weniger oft zu
betonen, dass es ja auf keinen Fall eine Konkurrenz zu Google Book
Search, Google Scholar, Google Newspaper Archive Search und Google
Images sein kann, weil Europeana ja viel besser sei.
Mathias
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.