(1) Nicht richtig scheint mir die Aussage von Herrn Eberhardt zu sein, "dass das Recht auf elektronische Lieferung in jedem Fall den Interessenten durch die Urheberrechtsänderung zum 1.1.2008 genommen wurde". Nicht zuletzt Politiker wie Tauss/SPD und Müller /CDU haben in § 53a dafür gesorgt, dass die Lieferung zumindest "elektronisch" grafischer Dateien in Übereinstimmung mit § 53 erlaubt ist, es sei denn das Angebot der Verlagswirtschaft ist nicht offensichtlich erkennbar und in der Preispolitik nicht angemessen. Die Frage könnte sich also aufdrängen: Wieso arbeitet die Bibliothekswelt selber daran, dass das Angebot offensichtlich erkennbar ist (z.B. über die Zeitschriftendatenbank) - warum belässt man diese Aufgabe nicht den Verlagen selber? Und warum einigt man sich auf eine Preispolitik, die politisch zwar das Attribut angemessen bekommt, aber für Nutzer nicht ganz so angemessen ist. Wäre beides nicht erfüllt, könnte man weiter liefern; dem alten OLG-Urteil ist durch § 53a UrhG jetzt in dieser Sache der Boden entzogen.
(2)Es sei allerdings nicht als Vorteil bestritten, dass die Einigung mit den Verlagen jetzt auch die vollelektronische Lieferung erlaubt - die grafischen Dateien sind ja für Wissenschaft weniger interessant. Aber dass dies mit einem doch rigiden DRM erkauft wurde, ist nicht akzeptabel. DRM hat in BuW nichts zu suchen. Zu Zeiten, in denen auch große Teile der Unterhaltungsindzstrie darauf verzichten, gestehen die Bibliotheken den Verlagen DRM zu und zwar duchaus starkes. Wie kleinlich und ängstlich! - welcher Missbrauch ist denn mit einem elektronischen wissenschaftlichen Artikel zu erwarten, der annähernd vergleichbar ist mit den Weitergabewahrscheinlichkeiten eines aktuellen Songs oder Videos? Aus dem Verzicht auf DRM hätten subito und früher (und vielleicht demächst der DBV wieder) ein "muss" machen müssen. Die Position der Bibliotheken ist doch die der Stärke. An wen wollen denn die Verlage verkaufen oder leasen, wenn nicht an die Bibliotheken!! Wenn daran die VErhandlungen gescheitert wären, hätten subito etc. die gesamte Wissenschaft protestierend hinter sich gehabt. Oder ist hier politischer Druck ausgeübt worden?
(3) Wenn die Nutzer - wie die Geschäftsführung von subito es nahelegt - mit den Preisen zurechtkommen (sind Studierende gefragt worden?), dann soll es nicht weiter kritisiert werden; aber der Umgang von subito mit den persönlichen Daten ist wirklich verbesserungsnötig. Wie konnte man sich darauf verständigen, dass die sämtlichen Daten der subito-Zentralregulierung auf Anfrage den Verlagen weitergegeben werden. (So muss man das aus dem "Nachtrag" lesen - wenn das korrigiert werden könnte, umso besser). Dass subito jetzt auch selber klar Nicht-Nutzer von Nutzer aus seinen Unterlagen separiert, zeigt, dass hier nicht nur die Superjuristen, die die Verträge nach UrhR-Verträglichkeit abgeklopft haben sollen, gefragt sind, sondern auch die Datenschützer.
(4) Was man aus dem Streit seit der DBV-Börsenverein-Einigung und jetzt den subito-Verlage-Verträgen lernen kann, ist, dass Bildung und Wissenschaft sich nicht mehr wie viele Jahre selbstverständlich auf ihre Bibliothekare bzw. ihre Vertretungen verlassen können, sondern dass diese vielmehr - mag verständlich sein für einen Verein wie subito mit Angestellten - auch ihre eigenen Strukturen sichern wollen. Fast die gleichen Argumente, mit denen subito damals den DBV kritisiert hatte, arbeitet jetzt die DBV-Umgebung gegenüber subito. Es wird Zeit, ein Mitbestimmungsmodell zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen, d.h. Vertretungen von BuW, wie Aktionsbündnis oder IuK-Initiative gehören mit an solche Verhandlungstische.
RK Joachim Eberhardt schrieb:
Liebe Liste, Torsten Schassan schrieb, Am 06.03.2008 16:01: > > wie kann man auch auf die Idee kommen, einen Dieb bei der Polizei zu > melden, der beim Nachbarn eingebrochen hat, obwohl man selbst doch nicht > bestohlen worden ist? Frechheit, sowas!die Analogie von Herrn Schaßan ist unfair: der Vertrag mag unvorteilhaft für Subito und seine Kunden sein im Vergleich zur Situation vorher; aber etwas, das vertraglich geregelt ist, ist das Gegenteil von Diebstahl. Die Analogie legt nahe, dass hier aufrechte Vertreter der Bibliothekswelt beobachten, wie Kunden durch die gütliche Einigung zwischen Subito und Verlegerseite bestohlen werden. Bitte erinnern Sie sich daran, dass das Recht auf elektronische Lieferung in jedem Fall den Interessenten durch die Urheberrechtsänderung zum 1.1.2008 genommen wurde, und nicht durch den Subito-Vertrag. Derlei Rhetorik heizt hier nur den Ton an, was sicher dem sachlichen Gehalt der Auseinandersetzung nicht gut tut.Wir sollten doch uns daran erinnern, dass die Auseinandersetzung eine Vorgeschichte hat. Nachdem der DBV mit dem Börsenverein in Gesprächen einen Vorschlag zum zweiten Korb erarbeitet hatte, hat die Subito-Fraktion (Unterzeichner Griebel, Dugall, Korwitz, Lossau, Schnelling, Rosemann) in einem offenen Brief daran starke Kritik geübt; das war vor fast genau einem Jahr.Siehe <http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg32897.html>Kern der Kritik: dass nun eine Regelung vorgeschlagen sei, welche keine andere Wahl lasse, als sich mit der Gegenseite (den Verlagen) zu einigen. Genau das hat Subito nun getan, um die elektronische Liefermöglichkeit auch für die Fälle zu bewahren, für die der Gesetzgeber keine Erlaubnis durch Schranken vorgesehen hat. Dass diese teuerer würde als von allen erwünscht, war ja zu erwarten. Seinerzeit hat der DBV zu verstehen gegeben, man habe versucht unter den gegebenen Bedingungen zu erreichen, was zu erreichen war. Dies mag im Effekt nicht viel gewesen sein, und der offene Brief meint ja, eine andere Verhandlungstaktik (Verweigerung) sei besser gewesen. Nun ist die Situation also umgekehrt; Subito meint erreicht zu haben, was zu erreichen war, und andere zweifeln und meinen, da wäre mehr drin gewesen, und verweigern wäre besser gewesen. Ich war bei den Verhandlungen nicht dabei, aber ich bin mir sicher, dass sie schwierig waren, jetzt wie damals.> BTW: Ist es mit dem Datenschutz vereinbar, dass hier "nachweislich" in > der Kundenkartei nach dem Vorhandensein privater Daten einzelner > Personen gesucht worden ist?Ergänzend: Ich denke wie Sie, Herr Schaßan, dass Frau Braun-Gorgons Verweis auf das Kundenverhalten einzelner ein Unding ist!Freundliche Grüße, J. Eberhardt (UB Erlangen-Nürnberg)
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