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Re: [InetBib] Kopienversand nach § 53a UrhG
Hierzu zwei Fragen:
1. In welchem Verhältnis steht §53a zu §53?
Nach §53 durften nach bisherigem Verständnis auch Bibliotheken auf
Antrag ohne Zustimmung des Rechteinhabers für den Auftraggeber digitale
Kopien herstellen
- zum privaten Gebrauch auf beliebigem Träger, sofern sie weder
unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen. Digitale Kopien dürfen
nur unentgeltlich hergestellt werden, wobei die Unentgeltlichkeit nach
herrschender Meinung auch vorliegt, wenn Bibliotheken Gebühren oder
Entgelte erheben, solange diese nicht die Kostendeckungsgrenze
überschreiten,
- zum wissenschaftlichen Gebrauch auf beliebigem Träger, wenn und soweit
die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und sie keinen
gewerblichen Zwecken dient
(Das ergab sich aus §53 (1) "Der zur Vervielfältigung Befugte darf die
Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen,
sofern ...", §53 (2) "Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke
eines Werkes herzustellen oder herstellen zu lassen, ...")
Für Vervielfältigungen "zum sonstigen eigenen Gebrauch" galten und
gelten nach §53 stärkere Einschränkungen, wie die Beschränkung auf
"kleine Teile eines erschienenen Werkes oder um einzelne Beiträge
handelt, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen sind", seit
mindestens zwei Jahren vergriffene Werke, und die Beschränkung auf die
Vervielfältigung auf Papier (oder Fax) oder eine ausschließlich analoge
Nutzung.
§53 regelt die Rechte des individuellen Nutzers. §53a regelt den
"Kopienversand auf Bestellung" durch "öffentliche Bibliotheken, sofern
die Nutzung durch den Besteller nach §53 zulässig ist".
Mit Klaus Graf (Archivalia, 10. Juli 2007,
http://archiv.twoday.net/stories/4056977/, dort aber mit anderem Akzent)
wäre zu fragen, ob §53a eine allgemeine "Schranken-Schranke" darstellt
(Klaus Graf verneint das) oder sich im wesentlichen auf das
Massengeschäft der Fernleihe und der Direktbestelldienste der
Bibliotheken und von Subito bezieht.
Die weitergehenden Schrankenbestimmungen von §53 für privilegierte
Zwecke zum privaten Gebrauch und zum wissenschaftlichen Gebrauch werden
nun aber offenkundig in §53a nicht abgebildet. Nach §53a ist die
Vervielfältigung und Übermittlung in digitaler Form für nach §53
privilegierte Nutzer ohne Zustimmung des Rechteinhabers nicht möglich,
wenn der Dienst für den privaten Gebrauch in Anspruch genommen wird. Und
auch der Ausnahmetatbestand für den wissenschaftlichen Gebrauch greift
nur, wenn der Verlag kein eigenes pay-per-view Angebot zu angemessenen
Bedingungen macht. Er wird von seinem Umfang her gegenüber §53 (2), Nr.
1 aber auch für wissenschaftlichen Gebrauch auf das eingeschränkt, was
nach §53 (2) Nr. 4 für "sonstigen eigenen Gebrauch" oder nach §53 (3)
für den Gebrauch "zur Veranschaulichung des Unterrichts" gilt, nämlich
"kleine Teile" oder "einzelne Beiträge". Heisst das, dass für
Bibliotheken nun Sonderregelungen (die von §53a in Verb. mit §53)
gelten, auf Grund derer sie von ihren Benutzern für weiter gehende
Ausnahmebestimmungen aus §53 nicht mehr in Anspruch genommen werden dürfen?
2. Nach Armin Talke ist die DBV-Rechtskommission der Auffassung, dass
53a UrhG nicht für einrichtungsinterne Dokumentlieferung (interner
Kopienversand) gilt. Erstreckt sich das bei Hochschulbibliotheken nun
auf den hochschulinternen Versand an Hochschulangehörige, sodass die von
zahlreichen Bibliotheken eingerichteten hochschuleigenen lokale
Dokumentlieferdienste von §53a unberührt blieben, sofern die
Hochschulbibliothek eine rechtlich unselbständige Einrichtung der
Hochschule ist? Eine Klarstellung in diesem Sinne würde ich begrüßen,
sofern sie denn juristisch begründet ist, damit nicht etwa die
restriktive Praxis der TIB Hannover Schule macht, die den
Aufsatzkopienlieferdienst in elektronischer Form für Angehörige der
Leibniz-Universität Hannover mit sofortiger Wirkung eingestellt bzw. auf
Papierlieferung umgestellt hat mit der Begründung, dass eine aufwendige
Einzelfallprüfung der erlaubten Lieferoptionen [nach §53a] für den
kostengünstigen Kopienlieferdienst nicht zu leisten sei.
Mit freundlichen Grüßen,
B.-C. Kämper, UB Stuttgart
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.