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Re: [InetBib] Harvesting von Netzpublikationen



On Mon, 28 Jan 2008 11:51:38 +0100 (CET)
 Eric Steinhauer<eric.steinhauer@xxxxxxxxx> wrote:
Liebe Liste,

bekanntlich hat die Deutsche Nationalbibliothek den
Auftrag, auch Netzpublikationen zu sammeln. Diese sind
nicht gerade wenige. Daher erwägt die Bibliothek, diese
Publikationen im Wege des Harvesting einzusammeln.

In einem interessanten Aufsatz in Computer und Recht hat
Ellen Euler die urheberrechtliche Zulässigkeit dieses
Vorhabens untersucht. 


http://bibliotheksrecht.blog.de/2008/01/28/web_harvesting_fur_pflichtexemplarbiblio~3643444

Im Zusammenhang mit Fragen des Harvesting geht sie auch
auf § 52b UrhG ein. Diese Norm könnte die Grundlage sein,
um die eingesammelten Netzpublikationen den Nutzern der
Bibliothek zu präsentieren. Euler geht hier auch auf
Fragen ein, die bereits in dieser Liste angesprochen
wurden, nämlich auf das Problem der
Annexvervielfältigungskompetenz und auf die Frage, ob
nach § 53 UrhG hergestellte Archivkopien am
elektronischen Leseplatz gezeigt werden dürfen.

Eulers Ergebnis ist insgesamt ernüchternd. Das geltende
UrhG hilft den Pflichtexemplarbibliotheken nicht, wenn
sie Netzpublikationen flächig sammeln wollen.

Mir liegt zwar der Aufsatz nicht vor, aber er ist im
Ergebnis zurueckzuweisen, soweit das Steinhauersche Referat
alle wesentlichen Argumente wiedergibt.

Hinsichtlich des Annexvervielfaeltigungsprivilegs hatten
wir hier ja eine intensive Diskussion, bei der sich
Steinhauers Extremposition, die von Euler geteilt wird,
nicht als konsensfaehig herausgestellt hat. Wenn eine
gesetzliche Vorschrift bei einer bestimmten Auslegung
leerlaeuft, dann ist die Auslegung falsch und nicht das
Gesetz!

Das laesst sich auch auf die kompetenzrechtliche Frage
uebertragen, ob alle urheberrechtlich relevanten Sachfragen
durch das UrhG geregelt werden muessen, was sicher nicht
der Fall ist. Der Bundesgesetzgeber kann im Rahmen seiner
Kompetenz beliebige Regelungen treffen, die
urheberrechtliche IMPLIKATIONEN haben. Als die
Ablieferungspflicht fuer Dissertationen noch im HRG
verankert war, bedeutete diese Pflicht einen Eingriff in
das Veroeffentlichungsrecht des Urhebers.

Aus der bundesgesetzlichen Vorschrift ueber den
Sammelauftrag der DNB ergeben sich daher eindeutig folgende
Annex-Privilegien:

* Vervielfaeltigung zum Zwecke der Archivierung

* Ermoeglichung der Praesenznutzung an den Leseplaetzen.

Klaus Graf



Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.