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Re: [InetBib] Enquetekommission empfiehlt in ihrem SchlussberichtBibliotheksgesetze
- Date: Thu, 13 Dec 2007 11:40:54 +0100 (CET)
- From: Eric Steinhauer<eric.steinhauer@xxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Enquetekommission empfiehlt in ihrem SchlussberichtBibliotheksgesetze
Lieber Herr Müller,
der Streit um Worte ist in der Tat die Lieblingsbeschäftigung von uns Juristen.
So gesehen, darf man dem Gesetzgeber dankbar sein, wenn er sich nicht präzise
ausdrückt. :))
Waren Ihre Ausführungen zu meiner Ansicht zu § 52b UrhG ein wörtliches Zitat?
Über methodische Fragen der Auslegung im Bereich der urheberrechtlichen
Schranken
können wir uns an anderer Stelle ja noch einmal unterhalten.
:)
Aber Sie haben recht: Ich halte § 52b UrhG durch Auslegung und vor allem
Analogie(!) für nicht reparierbar. Aber das ist heute ja nicht Thema.
Sie sprechen eine terminologische Unschärfe im deutschen Urheberrecht an,
wonach ?öffentliche Bibliotheken? im wesentlichen die öffentlich zugänglichen
Bibliotheken sind. Unter diesen Begriff der öffentlichen Bibliotheken fallen,
da ist sich die Kommentarliteratur nach meiner Kenntnis wohl einig, natürlich
auch die wissenschaftlichen Bibliotheken an den Hochschulen, mitunter sogar
Behördenbibliotheken. Öffentlich ist in Abgrenzung zu privat zu verstehen.
Ich bezweifle aber, dass die EK Kultur sich hier vom Urheberrecht hat
inspirieren lassen.
Zwar werden in der Einleitung des Berichts auch die wissenschaftlichen
Bibliotheken, ja die gesamte deutsche Bibliothekslandschaft erwähnt, wenn es
aber um die Frage nach einem Bibliotheksgesetz geht, verengt sich der Blick der
Kommission doch sehr eindeutig:
?Eine ... rechtliche Normierung gibt es für kommunale Bibliotheken nicht.
Kommunale Bibliotheken sind Kultureinrichtungen und zählen zu den freiwilligen
Aufgaben der Kommunen ? sie sind nicht ausdrücklich als kommunale
Pflichtaufgabe normiert.?
S. 129 f.
Und hier kommt dann die Empfehlung:
?Die Enquete-Kommission empfiehlt den Ländern, Aufgaben und Finanzierung der
öffentlichen Bibliotheken
in Bibliotheksgesetzen zu regeln. Öffentliche Bibliotheken sollen keine
freiwillige Aufgabe sein, sondern eine Pflichtaufgabe werden.?
S. 132
Dieser Satz kann sich, betrachtet man die einleitende Passage auf S. 129 f. nur
auf die öffentlichen Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft beziehen,
antiquiert ausgedrückt, die (Volks)Büchereien.
Wie sollte auch eine Hochschulbibliothek eine Pflichtaufgabe sein? Dieser
Begriff entstammt dem Kommunalrecht!
Ich bleibe dabei, dass die konkrete gesetzgeberische Handlungsempfehlung einen
wichtigen Teil des deutschen Bibliothekswesens, nämlich die wissenschaftlichen
Bibliotheken, ausspart.
Das ist schade und nicht auf der Höhe der Zeit!
Wenn ich hier nicht genau gelesen habe, dann zeigen Sie doch eine Stelle,
aus der etwas anderes hervorgeht. Ich wäre dafür wirklich dankbar.
Aber vielleicht meinen Sie ja dies: Da die EK in ihren Ausführungen immer
wieder Projekte und Dienstleistungen auch der wisseschaftlichen Bibliotheken
anspricht, könnte man diese Sätze mehr betonen:
?Wichtiger Bestandteil einer Reform des Bibliothekwesens in Deutschland muss
eine rechtliche Aufwertung von Bibliotheken sein. Mehr Verbindlichkeit und
Unterstützung könnten Bibliotheken durch eine rechtliche Festschreibung in Form
von Bibliotheksgesetzen erfahren.?
S. 131
Hier kann man durchaus auch die wissenschaftlichen Bibliotheken hineinlesen,
die gehören ja auch zum ?Bibliothekswesen in Deutschland?.
Allerdings fürchte ich, dass der Begriff ?Bibliotheksgesetz? im zweiten Satz
wieder in der üblichen engen Sicht verstanden wird, die sich in der
Handlungsempfehlung niedergeschlagen hat.
Diese Sicht geistert seit mehr als 50 Jahren durch das deutsche Kulturrecht.
Danach gehören die wissenschaftlichen Bibliotheken ins Hochschulgesetz, die
?Volksbüchereien? sollen ein Bibliotheksgesetz bekommen. Vgl. schon
Süsterhenn/ Schäfer, ?Kommentar der Verfassung für Rheinland-Pfalz? (!950), S.
176.
Dennoch sagt die EK Kultur: ?Wichtiger Bestandteil einer Reform des
Bibliothekwesens in Deutschland muss eine rechtliche Aufwertung von
Bibliotheken sein.?
Das ist für mich der wichtigste Satz in dem ganzen Abschlussbericht, wenn es um
die Projektierung von Bibliotheksgesetzen geht. Hier kommt das ganze
Bibliothekswesen in den Blick, also auch die wissenschaftlichen Bibliotheken.
Nur, leider, ist das nicht Gegenstand der abschließenden Handlungsempfehlung.
Der Jurist freilich hat gelernt, auch aus ?obiter dicta? Honig zu saugen.
In diesem Sinne herzliche Grüße
Eric Steinhauer
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.