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Re: Re: [InetBib] Was geht in § 52b UrhG?
- Date: Tue, 27 Nov 2007 10:11:38 +0100 (CET)
- From: Eric Steinhauer<eric.steinhauer@xxxxxxxxx>
- Subject: Re: Re: [InetBib] Was geht in § 52b UrhG?
Lieber Herr Graf, liebe Liste,
da ich zu den Leuten gehöre, die bei § 52b UrhG "fragwürdige" Rechtsansichten
vertreten, erlaube ich mir einen Hinweis auf einen jüngst bei "Computer und
Recht" erschienenen Aufsatz:
Katharina Scheja, Reto Manz: Nach der Reform ist vor der Reform : der Zweite
Korb der Urheberrechtsreform, in: CR 2007, H. 11, S. 715-720.
Die Autoren sehen den Anwendungsbereich von § 52b UrhG wohl noch restriktiver
als ich.
Eine Zusammenfassung des Aufsatzes kann man hier nachlesen:
http://bibliotheksrecht.blog.de/2007/11/27/neuer_ubersichtsaufsatz_zu_korb~3358217
Bedenkt man, dass nach der ganz herrschenden Meinung im Urheberrecht
Schrankenbestimmungen NICHT analogiefähig sind (vgl. Dreier, in:
Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., vor §§ 44a UrhG, Rn. 7; Melichar, in:
Schricker, UrhG, 3. Aufl., vor §§ 44a ff., Rn. 16; Götting, in: Löwenheim,
Handbuch des Urheberrechts, § 30, Rn. 5), halte ich eine Retrodigitalisierung
bei § 52b UrhG über die Grenzen des in § 53 UrhG Erlaubten hinaus für nicht
mehr vertretbar.
Ich möchte hier noch einmal an unsere Diskussion in dieser Liste von neulich
erinnern. Es schien Konsens zu sein, dass § 52b UrhG selbst keine Schranke für
die Vervielfältigung enthält.
Als Lösung wurde u.a. eine Analogie zu § 52a Abs. 3 UrhG angedacht.
Nach gründlicher Lektüre der einschlägigen Kommentare (s.o.) kann ich diesen
Weg nicht empfehlen. Eine Schrankenanalogie zu bilden, das kommt allenfalls dem
BGH zu. Ansonsten würde ich die Finger davon lassen.
Hier wird man wieder einwenden, dass der Gesetzgeber doch etwas anderes wollte.
Das mag stimmen. Einzig und allein entscheidend ist aber das erlassene Recht
selbst. Und hier ist das Urteil eindeutig: Der Gesetzgeber hat durch die
Einführung von § 52b UrhG den begünstigten Einrichtungen KEIN umfassendes Recht
der Digitalisierung eingeräumt.
Damit ist insbesondere eine vollständige Digitalisierung von noch lieferbaren
Werken für eine Zugänglichmachung im Rahmen von § 52b UrhG nicht möglich.
Ich möchte hier nicht unterschlagen, dass im juristischen Schrifttum immer
wieder Ansichten vertreten werden, die eine Analogie im Schrankenbereich
durchaus befürworten, etwa Poeppel, Die Neuordnung der urheberrechtlichen
Schranken im digitalen Umfeld, Göttigen 2005, S. 41 ff. Allerdings sind dies
Ansichten der rechtswissenschaftlichen Diskussion, die für eine direkte
Praxisempfehlung nur mit großer Vorsicht zu gebrauchen sind.
Ich bleibe daher bei meiner restriktiven Sicht bei § 52b UrhG.
Eric Steinhauer
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.